Lest die Review zu "Mindset" von Sebastian Hotz bei krachfink.de

Sebastian Hotz – Mindset – Review

Sebastian Hotz, besser bekannt als Podcaster und Satiriker El Hotzo, legt mit „Mindset“ seinen ersten Roman vor. Ja genau, der (!) El Hotzo der ganz offensichtlich, genau beinahe täglich genau das auf den Punkt bringt, was mehrere Millionen Menschen haargenau so denken wie er, aber eben leider selbst nicht so gekonnt um die Ecke formulieren und ins Internet ballern können. So und jetzt beruhigen sich alle mal wieder. Ein Roman ist eben kein Meme und dementsprechend kommt der Humor und die Sprachgewandtheit von Hotz auf den 288 Seiten ganz anders zum Tragen.

Der Humor subtiler und die Sprachgewandtheit deutlicher. Wer die Bücher von Tommy Jaud oder Ralf Husmann witzig findet und gerne gut beobachtet Geschichten über Alltagsloser liest, kann bei „Mindest“ bedenkenlos zugreifen.

Das Gold des Schäfers ist seine Herde

In „Mindset“ von Sebastian Hotz folgen wir Maximilian, dem Wolf von Gütersloh, von Krach Consulting, einem Wanna-be-Geschäftsmann im billigen Anzug mit Minderwertigkeitskomplexen, der sein Selbstbewusstsein mit gefakten Internetauftritten und aufgepowerten Tschakka-Seminaren in Tagungsräumen von billigen Hotelketten aufzuwerten versucht. Der Aufbau des Romans ist vorhersehbar, denn natürlich findet man ihn und seine überbordende Hybris erstmal instinktiv unsympathisch. Die armen Kerle, allesamt Verlierer des Systems und auf der Suche nach Erfolg, die ihm auf den Leim gehen, sind für uns die, mit denen wir instinktiv erstmal mitleiden. Doch relativ schnell wird klar, dass auch Maximilian eigentlich eher auf die andere Seite gehört. Am Ende sind alle Beteiligten irgendwie bemitleidenswert, das vermeintliche happy end bleibt einem trotzdem im Halse stecken.

Frohes Schaffen beim Mittelstandschampion

Sebastian Hotz weiß, wovon er in „Mindset“ schreibt. Hat er doch selbst in Oberfranken schon unnötige Zahlen in Exceltabellen gekloppt und einen Büroalltag gelebt, in dem „frohes Schaffen“ kein Witz, sondern traurige Realität beim Zusammentreffen auf dem tristen Flur ist. Er weiß wohl, wie es ist, wenn man morgens schon auf dem Weg der Arbeit den Feierabend herbeisehnt. Und eben auch, welchen kurzfristigen Charme ein Schützenfest im Ort entwickeln kann und wie schnell sich die vermeintliche Geselligkeit zur widerlichen Fratze wandelt. In solchen Momenten lebt „Mindset“ von seiner präzisen Beobachtungsgabe und seinen pointierten Formulierungen. Das Buch liest sich schnell, lässt einen häufig schmunzeln, wenn auch meist eher bitter und weniger freudig, könnte allerdings doch noch etwas subtiler und weniger vorhersehbar sein.

Kurzweilig, aber auch auf der sicheren Seite

Die Anzahl der Protagonisten ist überschaubar, man findet sich schnell zurecht in „Mindset“ von Sebastian Hotz. Man kann aber nicht behaupten, dass Hotz nicht mit Stereotypen und Klischees hantieren würde, die genau deshalb aber eben leicht verdaulich sind. „Mindset“ hat keinen doppelten Boden und keinen wirklichen Aha-Effekt. Es ist eben ein Roman, der sich zwar gut lesen lässt, aber das eigene mindset von El-Hotzo-Fans wohl eher bestätigt und nicht verändert oder marginal anders justieren möchte.

Leider gibt es aber einfach neoliberale Spackos, die ihre Glaubenssätze tatsächlich nicht hinterfragen und eigentlich traurig sind, sondern tief im Herzen wirklich fühlen. Und es gibt eben auch viele, die mit ihrem Alltagstrott und den Dorffesten am Wochenende absolut zufrieden sind. Subtrahiert man also die hohen Erwartungen, die man an El Hotzo und seine Reichweite hat, dann ist „Mindset“ ein locker-flockiger Debütroman, der durchaus Lust auf mehr macht.

Seiten: 288
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
ISBN-10‏ : ‎3462002848
ISBN-13:  978-3462002843
VÖ: 06.04.2023

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