Shitney Beers – Amity Island – Review
SHITNEY BEERS nehmen abenteuerlustig Kurs auf „Amity Island“, das Boot vollgetankt mit Mut, ganz viel Kikeriki im Kopf und einem gefestigten Verständnis von Jetzt oder nie. Der Pop der Vorgängerplatte lagert lediglich als eiserner Vorrat unter Deck, stattdessen geben Gitarren Antrieb, mal aufbrausend, mal verhältnismäßig gezupft und immer komplett mit Emotionen aufgeladen. Banjo, Streicher und diverse Chöre setzen ihre jeweils individuellen Steinchen ins musikalische Mosaik, das je nach Licht- und Stimmungseinfall immer anders schimmert.
SHITNEY BEERS haben damit nicht nur die nächste Stufe genommen, sondern gleich eine komplette Etage übersprungen. Lasst uns jetzt nicht den Fehler machen und „Amity Island“ nur einem begrenzten Kreis empfehlen – die Platte ist voll von Gefühlen, spricht und springt in jedes Herz, mit dem Potenzial, heilsam zu sein.
Mit Mäusepfötchen für mehr Unabhängigkeit
Die Tatsache, dass „Amity Island“ nun dichter, instrumentierter und breiter variiert wurde, ändert nichts daran, dass Maxis kreativer Ausdruck stark von Intimität geprägt ist und im Zentrum steht. That’s what friends are for, würde Dionne Warwick singen, und genau so ist es auch. Der Kontrast, der durch die Rückendeckung entsteht, lässt noch mehr Spielraum für ungezwungeneres Fühlen und gibt einen Rahmen vor, in dem es sich sicherer anfühlt. SHITNEY BEERS gehen behutsam mit uns um, schippern anfangs ruhig und gemächlich. „Lachrymal Glands“ spinnt dünne Fäden zwischen Wut und Angst, die Musik dazu ist schon fast festlich und herrlich beruhigend mit Anleihen von Folk.
Und während auf „This Is Pop“ noch the pain away gefucked wurde (Peaches-Style!), nimmt man sich im beschwingt perlenden Indie-Pop-Smasher „Lucky Get Laid“ die Freiheit, den Freunden körperliche Nähe zu wünschen. SHITNEY BEERS lösen Wunsch und Versprechen aus dem „Intro“ ein – no more helplessness – und erkämpfen sich mit kleinen Mäusepfötchen immer mehr Unabhängigkeit.
Ein musikalisches und textliches Highlight von „Amity Island“ ist mit Sicherheit „N4N“. Statt dem zum Lamentieren neigenden Grunge die komplette Basis zu überlassen, arbeiten SHITNEY BEERS mit bluesigen Querverstrebungen. Melancholie, Depressionen und das Gefühl der Ohnmacht, den anderen ausgeliefert zu sein – das alles sind sogenannte Blue-Zustände, die unabhängig von Befindlichkeiten bestehen und absolut und somit diskutabel sind. „‚Cause I’m in love with Maya Hawke“, so heißt es im sanft aufbrausenden „Maya Hawke“. Das sollte wohl als Argument dafür ausreichen, sich nicht mehr hinter Erwartungen verstecken zu wollen, oder?
„Amity Island“ als Refugium für den Moment
Den notwendigen Raum erobert sich die Band nach und nach, vollkommen selbstverständlich und berechtigt. Die Gitarren werden lauter („Ducks in Marocco“) und schnittiger, der Bass drängender und die Drums präsenter. Vor den Hörerinnen und Hörern liegt eine musikalische Reise, die alles mit sich bringt, um neue Perspektiven zu gewinnen. „Amity Island“ eröffnet ganz neue Möglichkeiten davon, was man von SHITNEY BEERS in Zukunft noch erwarten kann. Ja ja, Musik kann die Welt nicht retten, aber den Moment – „Amity Island“ ist mehr als ein Album, eher ein musikalisches Refugium und ansteckender Befreiungsschlag.
Dauer: 36:48
Label: Grand Hotel Van Cleef / Zeitstrafe
VÖ: 13.12.2024
Tracklist „Amity Island“ von SHITNEY BEERS
Intro
Maya Hawke
Lachrymal Glands
Lucky Get Laid
Ducks In Morocco
S.T.
N4n
Dawn Girl
Lisa
Simp
Done (Ft. Brockhoff)
We’re Gonna Need A Bigger Boat
SHITNEY BEERS – „Amity Island“-Tour 2025
10.01. Hamburg, Hafenklang
11.01. St. Peter-Ording, Beach Motel van Cleef
14.02. Osnabrück, Kleine Freiheit
15.02. Langenberg, KGB
16.02. Wiesbaden, Schlachthof
18.02. Köln, Bumann & Sohn
19.02. Bremen, Schlachthof
20.02. Berlin, Cassiopeia
22.02. Hannover, Béi Chéz Heinz
25.02. Stuttgart, Werkstatthaus
26.02. Nürnberg, Club Stereo
27.02. Heidelberg, Halle02
28.02. Oberhausen, Druckluft
01.03. Kiel, Hansa 48
13.03. Leipzig, Werk 2
14.03. Erfurt, Ilvers
15.03. München, egoFM Fest
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FJØRT – nichts
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