Lest die Review zum Roman von Tom Barbash bei krachfink.de

Tom Barbash – Mein Vater, John Lennon und das beste Jahr unseres Lebens – Review

Der Autor Tom Barbash schürt mit seinem Roman “Mein Vater, John Lennon und das beste Jahr unseres Lebens” alleine durch den Titel schon gewisse Erwartungen. Der englische Titel lautet “Der Dakota Winters” und triggert damit natürlich nicht so doll die Gier nach Details über den interessanten Musiker John Lennon und einen als Superlative beschriebenen Sommer. Der Roman spielt in New York 1979 und wir sind an der Seite des Studenten Antons, der seinen Freiwilligendienst im Ausland wegen Krankheit abbrechen musste und nun etwas plan- und ziellos erscheint.

Eigentlich wollte er sich genau damit aus dem Schatten seines berühmten Vaters, dem Talkmasters Buddy Winter, befreien. Der erlitt allerdings einen Zusammenbruch und musste sich aus dem Geschäft zurückziehen. So haben sie zum ersten Mal ungewöhnlich viel Zeit füreinander. Anton zieht in eines der berühmten Dakota Buildings, dass er dort von Prominenten umgeben ist, ist für ihn nichts Neues. Die Familie steht unter anderem auch in engem Kontakt mit John Lennon und es formt sich die Idee, dass eine Wiedervereinigung der THE BEATLES ein perfekter Aufhänger für ein fulminantes TV-Comeback der Buddy Winter Show sein könnte.

Sehr viel Schein, wenig Sein

Ausgehend von diesen vielen, unterschiedlichen Abzweigungsmöglichkeiten, ergeben sich für Tom Barbash und seinen Roman “Mein Vater, John Lennon und das beste Jahr unseres Lebens” eigentlich unterschiedliche, interessante Erzählmöglichkeiten. Vieles wird nur angedeutet, einiges gar nicht genutzt. Was mit Sicherheit interessant ist, in die Zeitreise ins Showbiz der Zeit. Tom Barbash schildert sehr viele Begegnungen und Umstände, die aber an den Leserinnen und Lesern irgendwann nur noch vorbeirauschen, da das ganze Geplapper und sich-zeigen-wollen nicht nur im richtigen Leben schnell ermüdet, sondern in diesem Fall auch einfach den Roman nicht nach vorne bringt. Das kann man dem Roman also nicht ankreiden, ist die eintretende Abstumpfung doch Teil des Plans.

Was ist real und was nicht?

Die Vater-Sohn-Beziehung zwischen Anton und seinem Vater Buddy hätte tatsächlich mehr Potenzial gehabt. “Mein Vater, John Lennon und das beste Jahr unseres Lebens” hält allerdings die Vermutung aufrecht, dass sie doch sehr oberflächlich ist und der Sohn sich niemals komplett vom Vater freischwimmen kann. Es ist etwas unangenehm, diese latente Abhängigkeit zu verfolgen und die Tatsache, dass der Vater den Sohn offensichtlich gleichzeitig nach vorne bringt und in seiner eigenen Entwicklung aber stark lähmt.

Der beschriebene Kennedy-Wahlkampf ist einer der wenigen Dinge, bei denen man sicher sein kann, dass Tom Barbash sich größtenteils auf Realität bezieht. Ansonsten weiß man nicht, was Fiktion und was echt ist. Für mich hätte es den, wenn auch als sehr angenehmen und weisen Menschen beschriebenen, John Lennon in diesem Roman gar nicht gebraucht. Erst am Ende wird klar, für was genau er steht.

Die Erkenntnis kommt fast zum Schluss

Es dauert einige Seiten, bis man die vielen Analogien schnallt, denn die hat Tom Barbash gut versteckt. Aber es gibt sie, die Erkenntnisse in “Mein Vater, John Lennon und das beste Jahr unseres Lebens”, es sind allerdings ganz andere, als uns der Titel aufzwängen will. Es geht um die Isolation von denen ganz oben und um das Suchen und Finden der eigenen Identität. Eine Frage, die man sich, ganz gleich, ob berühmt oder nicht, immer wieder stellen muss.

Seiten: 352
Verlag: KiWi-Taschenbuch
ISBN-10: 3462002694
ISBN-13:  978-3462002690
VÖ: 09.06.2022

Artikel, die Dir gefallen könnten:
Ellen Sandberg – Die Schweigende
Adriana Altaras – Besser allein als in schlechter Gesellschaft: Meine eigensinnige Tante
Harald Stutte – Wir wünschten uns Flügel, Eine turbulente Jugend in der DDR – und ein Fluchtversuch
Susanne Matthiessen – Diese eine Liebe wird nie zu Ende gehen – Roman einer Sylter Jugend
Ellen Sandberg – Der Verrat
Christine Westermann – Die Familien der anderen: Mein Leben in Büchern
Bärbel Schäfer – Avas Geheimnis: Meine Begegnung mit der Einsamkeit
Podcast Folge 59 mit Bärbel Schäfer über Einsamkeit
Eva Pantleon – Ein Stern macht noch keinen Himmel
Liane Moriarty – Eine perfekte Familie 
Esther Safran Foer – Ihr sollt wissen, dass wir noch da sind
Sibylle Berg – Nerds retten die Welt. Gespräche mit denen, die es wissen
Rebecca Maria Salentin – Klub Drushba: Zu Fuß auf dem Weg der Freundschaft von Eisenach bis Budapest
Alina Bronsky – Der Zopf meiner Großmutter
Christoph Amend – Wie geht’s Dir Deutschland?
Sascha Lobo – Realitätsschock: Zehn Lehren aus der Gegenwart
Danny Kringiel – Wie Hitler das Skateboard erfand
Rutger Bregman – Im Grunde gut
Patrisse Khan-Cullors – #BlackLivesMatter
Anja Rützel – Schlafende Hunde: Berühmte Menschen und ihre Haustiere
David Schalko – Schwere Knochen
Johan Harstad – Max, Mischa und die Tet-Offensive
Sarah Kuttner – Kurt
Joachim Meyerhoff – Hamster im hinteren Stromgebiet
Linus Giese – Ich bin Linus: Wie ich der Mann wurde, der ich schon immer war
Thomas Hettche – Herzfaden: Roman der Augsburger Puppenkiste
Wendy Mitchell – Der Mensch, der ich einst war
Rachel Kushner – Ich bin ein Schicksal
Anne Stern – Fräulein Gold: Schatten und Licht (Band 1)
Anne Stern- Fräulein Gold: Scheunenkinder (Band 2)
Kerstin Sgonina – Als das Leben wieder schön wurde
Sophie Passmann – Komplett Gänsehaut
Anne Stern – Fräulein Gold: Der Himmel über der Stadt (Band 3)
Martin Steinhagen – Rechter Terror: Der Mord an Walter Lübcke und die Strategie der Gewalt 
Quentin Tarantino – Es war einmal in Hollywood
Anne Stern – Meine Freundin Lotte

Autorenseite von Tom Barbash

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert