Lest die Review zu "Fairyland Codex" von TROPICAL FUCK STORM bei krachfink.de

Tropical Fuck Storm – Fairyland Codex – Review

An alle, die noch keinen Plan haben von TROPICAL FUCK STORM: Die Musik der Band klingt nicht halb so wild, wie deren Bandname suggeriert. Auch auf „Fairyland Codex“ erwartet euch kein wuchtiger Hyper-Grindcore-Slaughter-Mosh. Der Sound der australischen Supergroup hat allerdings durchaus etwas Gewaltvolles. Der Opener „Irukandji Syndrome“ ist bemerkenswert dominant mit seinem drängenden Bass und dem abrupten Songaufbau.

Man wird ziemlich reingestoßen in die Klangcollage, und man liebt oder hasst es umgehend. Sänger Gareth Liddiard (THE DRONES) wirkt wie ein unter leicht aufputschende Drogen gesetzter Direktor eines Kuriositätenzirkus. Das ist es, was man von Kunst erwartet: größer und anders als der popelige Alltag soll es sein. Wenn man das unter „Fairyland Codex“ versteht, dann setzen TROPICAL FUCK STORM das mehr als angemessen mit ihrer Musik, dem Artwork und ihren Liveauftritten um.

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TROPICAL FUCK STORM 2025, Foto von Jamie Wdziekonski

Zwischen Wahnsinn und Wunder

Spätestens wenn TROPICAL FUCK STORM in der „Goon Show“ vom „golden age of assholes“ singen, dem repetitiven Geräuschetakt aber einen harmonischen Chor von Fiona Kitschin (DRONES) und Erica Dunn (MOD CON, PALM SPRINGS…) entgegensetzen, dann weiß man: Das sind welche von uns. Wer nicht das Glück hat, sich für längere Zeit bestens versorgt auf eine einsame Insel zurückziehen zu können, wird das Gefühl kennen. TROPICAL FUCK STORM starten ihre Lieder oft verrückt, ungewöhnlich oder melodisch. Dann gibt es immer wieder diese Absacker, die manchmal einer Panikattacke nahekommen. Das kann ein inhaltlicher Twist oder ein sich komplett auf Moll drehender Akkord sein.

Wie in einem verfickten tropischen Sturm scheint bei dieser Band alles möglich zu sein. Da, wo eben noch das Chaos herrscht, lullt die Band ihre Hörerinnen und Hörer im nächsten Moment ganz selbstverständlich mit dem über acht Minuten langen Titelsong in kuschelige Wärme ein und löst das komplette Bangen mit einem Fingerschnipsen auf. Entscheidend sind dabei manchmal nur ein Hall, eine Vibration oder begründete Renitenz. TROPICAL FUCK STORM sind Meister ihres Fachs.

Warum dieses Chaos genau so sein muss

„Teeth Marché“ entzieht sich jeder eindeutigen Einordnung. Die Steelgitarre verleiht der Komposition einen nostalgischen Touch, während der Rest des Songs modern und druckvoll klingt. Um die Irritation perfekt zu machen, vermischen TROPICAL FUCK STORM nicht nur Genres, sondern springen auch zwischen musikalischen Einflüssen aus aller Welt – von afrikanischen Rhythmen über hawaiianische Klänge bis hin zu arabischen Tonarten. Allein für den Songtitel „Dunning Kruger’s Loser Cruiser“ haben TROPICAL FUCK STORM die volle Punktzahl in allem verdient. Den Dunning-Kruger-Effekt, bei dem sich Menschen mit wenig Kompetenz überschätzen – eben weil sie so wenig wissen –, transferiert das Quartett perfekt.

Alles wirkt wie ein Durcheinander und im Wettbewerb um Lautstärke und Penetranz stattfindendes Musizieren. „I feel good for no bad reason“, so lautet die Erklärung für die Überstimulation, die logischer erscheint, je öfter man sie hört. Einer der vielen einprägsamen Hooks und gleich nach dem mantrisch vorgetragenen „charity begins at home“ von dem übersteuerten Taktmonster „Joe Meek Will Inherit The Earth“. Orgel und vereinzelte Gitarrentöne geben dem Song eine fiebertraumhafte Ausstrahlung.

Das Fairyland folgt eigenen Regeln

„Bloodsport“ ist wohl einer der handlichsten Songs, der die Genialität von TROPICAL FUCK STORM aber nur anreißt. Der schlängelnde Calypso-Hit deutet an, was aus Gwen Stefani auch hätte werden können, und dass TROPICAL FUCK STORM gefällig sein könnten, wenn sie wollten. „Fairyland Codex“ ist aber keine Platte, die sich in der Entstehung viel damit befasst hat, was die anderen hören wollen. Das ist ein von innen nach außen Stülpen gewürfelter Emotionen.

Und – um nicht mit diesem Wissen allein zu sterben: „Irukandji Syndrome“ ist das Gefühl des drohenden Todes, ausgelöst durch den Stich einer australischen Würfelqualle.

Dauer: 50:46
Label: Fire Records
VÖ: 20.06.2025

Tracklist „Fairyland Codex“ von TROPICAL FUCK STORM
Irukandji Syndrome
Goon Show
Stepping On A Rake
Teeth Marché
Fairyland Codex
Dunning Kruger’s Loser Cruiser
Bloodsport
Joe Meek Will Inherit The Earth
Bye Bye Snake Eyes
Moscovium

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