Zeal And Ardor – Greif – Review
Mit „Greif“ bilden ZEAL AND ARDOR eigentlich die logische musikalische Konsequenz dessen ab, was sich seit der ersten Veröffentlichung des Schweizer Multi-Instrumentalisten Manuel Gagneux 2013 andeutet. Ausgehend von einer innovativen Kombination, Black Metal und Gospel – und in anderen Bands mit ganz anderen kreativen Ausdrucksvarianten erweitert (BIRDMASK, SOFT CAPTAIN) – erleben wir ZEAL AND ARDOR nun als nicht mehr als Ein-Mann-Band mit stabiler Livebesetzung, sondern als echte Band, die alle Fäden zusammenführt. Auf den ersten Blick ist vieles gleich geblieben, je intensiver man sich mit der Platte beschäftigter, umso deutlicher werden die entscheidenden Details.
Organischer Sound und thematische Weiterentwicklung
„Greif“ von ZEAL AND ARDOR glänzt zuallererst mit einem hervorragenden Sound, der vor allem das Drumming sehr gut in Szene setzt. Das sorgt für eine organische Basis, die der vierten Platte das notwendige Fundament sichert, auf dem neue Ideen wachsen können. Die marginalen Veränderungen und das erfolgreiche Montieren der Ansätze hört man in einem Song wie „369“ besonders gut oder auch im kontrastreichen „Are You The Only One“. ZEAL AND ARDOR bedienen sich zwar ihrem bewährten Kniff, ziehen aber in jeder Hinsicht die Regler hoch.
So klingt es, wenn die mittlerweile seit 7 Jahren stabile Band auch in den Aufnahmeprozess eingreifen kann. Die Grundgerüste kommen weiterhin von Manuel Gagneux, für alles Weitere war er allerdings im Studio dieses Mal offen. Augenscheinlich ist die Erweiterung des inhaltlichen Spektrums, es geht weniger um den Teufel und dessen Machenschaften. Stattdessen befasst sich „Kilonova“ mit einem wuchtigen, physikalischen Phänomen und verwendet diese als Metapher auf die neue Kraft als Band. „Thrill“ thematisiert die Lethargie, die viele aufgrund der sich überschlagenden Weltgeschehnisse erfasst, kontert kompositorisch aber mit einem leicht überdrehten Elan.
Hosen runter Richtung Elite
Erste Hinweise zu Veränderungen lassen sich bereits über das Artwork von „Greif“ interpretieren: Anteilig wurden Schwarz und Weiß nahezu vertauscht. Der Albumtitel spielt auf eine 800-jährige Tradition an, bei der ein Fabelwesen durch die Straßen zog, um auf die Ungerechtigkeiten zwischen Klein- und Großbasel hinzuweisen. Die eindrucksvoll verkleidete Person beeindruckte Manuel als Kind und zeigt der Großbasel-Seite, also den Reichen, bewusst den Arsch. ZEAL AND ARDOR veröffentlichen diese Platte übrigens zum ersten Mal unabhängig über ihr eigenes Label.
ZEAL AND ARDOR haben das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht
Mit den Vorabsingles zu „Greif“ deuteten ZEAL AND ARDOR zwei der wesentlichen Pole an, die sie ausgeweitet haben. „To My Ilk“ ist der mit Abstand softestes Songs auf der Platte und „Clawing Out“ die ultrageschärfte Nu-Metal-Industrial-Fortführung der Ansätze der letzten „s/t“ Platte von ZEAL AND ARDOR. Dazwischen hören wir altbewährtes Vorgehen, aufpoliert und besser in Szene gesetzt, Fans der Band werden sie auch 2024 noch erkennen und mögen.
Aber vor allem live kann die Band jetzt deutlich besser und vielfältiger arrangieren und ihren Konzerten einen breiteren Rahmen geben. Es war absehbar, dass sich die Ursprungsidee nicht unendlich ziehen lässt. Gerade für einen kreativen Kopf wie Gagneux konnte das nicht auf Dauer interessant bleiben und auch mit „Greif“ ist das Ende der Fahnenstange auf jeden Fall nicht erreicht. Wir befinden uns erst am Anfang eines Weges in eine neue Richtung.
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