cover ZEMENT - Rohstoff

Zement – Rohstoff – Review

Das deutsche Neo-Kraut/Psychedelic Duo ZEMENT aus Würzburg legt mit “Rohstoff” bereits das dritte Album vor. Es dauert etwas, bis man die normalen Hörgewohnheiten ablegen kann, um vollends in den ganz eigenen Kosmos von Christian Büdel und Philipp Hager eintauchen zu können. Für Eine, die aktuell so verpeilt ist, dass sie sich versehentlich mit Nagellackentferner abschminken will, bleibt es weiterhin unerklärlich, wie man so derart vielschichtig und fernab von nachvollziehbaren Strukturen etwas produzieren kann, dass unterm Strich so viel Sinn ergibt. Beim Genuss von “Rohstoff” scheint man zum Bit zu transformieren, plötzlich fähig irgendwelche komplexe Datenbahnen zu passieren oder aus der Ferne das Nirvana in seiner ganzen bunten Pracht bestaunen zu dürfen.

Zement-2021
ZEMENT, 2021

Ein Trip, der Zeit benötigt, um zu wirken

Alles von ZEMENT ist mitnichten tanzbar oder verständlich allgemeingültig beschreibbar. Man muss den Schall von “Seine” erst eine Zeitlang wahrnehmen, um die Doppelschichtigkeit zu erfassen und die vielen kleinen Nuancen mit den Ohren erfühlen zu können. Drummer Büdel wird im Verlauf der Platte selbst zum Uhrwerk, drischt präzise auf die Trommeln ein, sodass man sich kaum vorstellen kann, dass er währenddessen dazu in der Lage ist, als an irgendetwas anderes, als den Takt zu denken. Die beiden bieten nicht weniger als einen modernen Trip an.

Der wird eigentlich nur gefährlich, wenn es wie in “Kleiner 3” polyrhythmisch wird. Dann werden die Hörer*innen dazu gezwungen, die Bahnen, auf denen es gerade so gemütlich schnurstracks geradeaus ging, zu verlassen. Ähnlich wie JOHAN G. WINTHER kombinieren die beiden weiche und harte musikalische Fakten, lassen sie rangeln, und zwar so lange, bis es zwangsläufig zu einem Konsens kommen muss. Vogelgezwitscher kämpft mit einem Saxofon, während die Synthies einen kleinen Nebenschauplatz mit stoisch im Beat bleibenden Drums bilden. Gewinner sind alle Parteien, denn im Kopf kommt es zum einem aufregenden Wahrnehmungsgemisch.

Cola mit Mentos für die Anlage

“Rohstoff” von ZEMENT ist nicht nur ein wahres Schichtwunder, die beiden spielen auch gerne mit Resonanzen. Was passiert, wenn dies auf das trifft? Welche Epoche ist dominanter, welcher Weg führt schneller zu Abkoppelung von jeglichem Stress und einer Art innerem Abheben? Was anfangs also noch präzise kalkuliert wirkte, scheint für mich nach mehreren Durchläufen in erster Linie auch eine Art Experiment für ZEMENT zu sein. Da wir als Hörer*innen dem ganzen beiwohnen und in den kompletten Prozess hineingezogen werden, verändert sich zwangsweise das Hörverhalten, erweitert sich sogar. Cola mit Mentos passt ja auf den ersten Blick auch nicht zusammen, oder? Sieht aber geil aus.

Dauer: 47:24
Label: Crazysane Records
VÖ: 09.07.2021

Tracklist “Rohstoff” von ZEMENT
Goa
Soil
Seine
Kleiner 3
Zunder
Entzücken
Ecke 54
Atem

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