Zweilaster – wieherd – Review
Lasst uns anspruchsvoll einsteigen: Hätten die meisten nur ZWEILASTER, dann wäre die Welt nicht so „wieherd“! Wer jetzt schon verwirrt ist, tut gut daran, weiterzulesen. Hinter dem mysteriösen ersten Eindruck stecken Marie alias Ollenixxe (Gesang und Schlagzeug) und Arno alias AK99 (Gesang und Gitarre). Wir haben es bereits mit der dritten Platte zu tun. Frei nach Rolf Zuchowski „Ich mag“, klärt uns das Duo im Opener „Allein“ über seine speziellen Vorlieben auf. Lavalampen, Sauggeräusche von nebenan, Kiba und mit Google Maps irgendwo hinreisen und dann da rumlaufen – okay, cool. Interessen austauschen ist auf jeden Fall ein erster guter Schritt, um Bekanntschaften zu schließen.
Stuttgart als Nährboden für Kreativität
Abgesehen von den herrlich schrägen Texten und interessanten Perspektiven auf Kram und Kokolores, fabrizieren die vier Hände und vier Füße mit vermeintlich kindlicher Virtuosität einen unorthodoxen Sound. Die Klangkollage auf „wieherd“ klingt teilweise wie ein rhythmischer Zufall oder lautmalerische Ekstase. Dass ZWEILASTER aus Stuttgart und eben nicht aus Berlin kommen, ist beruhigend und beunruhigend zugleich. Keine Ahnung, warum das so ist, aber Stuttgart ist mittlerweile als gemeinsamer Nährboden für Musiker und Musikerinnen, die sich frei von Konventionen entfalten und dabei individuelle Welten schaffen, nicht mehr wegzudenken. Produziert hat übrigens Julian Knoth (DIE NERVEN, YUM YUM CLUB, PETER MUFFIN…), der natürlich genau weiß, wie man solchen „lower-than-Lo-Fi“-Sound mit poppigen Spitzen und teilweise provokant atonalen Melodien abbildet.
Sound zwischen Chaos und Euphorie
ZWEILASTER bewegen sich mit „wieherd“ in musikalischen Gefilden, die auf den ersten Blick sperrig wirken – die Verwirrung wandelt sich aber rasch in Euphorie. Das Duo versteht es, die Zuhörenden zunächst herauszufordern, nur um sie dann mit emotionalen und erhebenden Momenten zu belohnen. „Taube“ lässt uns mit dem sich hochschaukelnden Takt in einen regelrechten Taumel geraten, während „Polo“ und „Graureiher“ mit ihrem Wechsel von Indie- und repetitiven Post-Punk-Skizzen Trost in Moll spenden. „???“ konfrontiert uns in weniger als eineinhalb Minuten mit einer hektisch am Küchentisch erstellten Psychoanalyse, die die individuellen Ansätze und die entsprechende Dynamik zwischen den drei Meisterdetektiven Justus, Peter und Bob betrifft.
Das gehört zu den Momenten, in denen ich ZWEILASTER null verstehe, aber sehr angetan bin. Vor allem, weil direkt darauf ein Zitat von Wilhelm Busch folgt, in dem es um innere Zufriedenheit, Dankbarkeit und einen möglichen Trip in die Berge geht. Schon Tom Waits wusste: „Musik ist wie ein Gas. Sie füllt den Raum und es gibt keine Grenzen.“ – besser könnte man ZWEILASTER kaum beschreiben.
Dauer: 23:19
Label: Tomatenplatten
VÖ: 06.12.2024
Tracklist „wieherd“ von ZWEILASTER
Allein
Everywhere
Marinoskit1
Angerufen
Frösche im Pool
Graureiher
Taube
Herbsttagsstimmungslieder
Polo
???
An der Strandpromenade
Wir fahren in die Berge
Marinoskit2
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