Lest das Interview mit Sarah und Matti zu "4 von 5" bei krachfink.de

Interview mit Akne Kid Joe zu “4 von 5” – Teil 3

Fast geschafft, nur noch eine knappe Woche bis zur Veröffentlichung der neuen Platte “4 von 5” von AKNE KID JOE über Kidnap Records und wenn ihr diesen – den letzten und dritten – Teil des Interviews mit Sarah und Matti gelesen habt, wisst ihr wahrscheinlich alles, was ihr über die kommende Platte der Punkband aus Nürnberg wissen müsst und noch viel mehr. Wir sprechen über die Stimmung auf Konzerten, die eigenen Ansprüche an die Fingerfertigkeiten, wie schlecht politische Songs altern, die Entstehungsgeschichte von “Legende am Glas”, “Jason Lee ist nicht mehr bei Scientology” und “Heute im Spam-Ordner!”, darüber welche Grenzen sich die Band selbst setzt und wie hartnäckig Matti mit Songideen ist. Das Gespräch beginnt bei dem eigenen Eindruck, den die Band von der Stimmung auf ihren Konzerten hat.

Matti: Wenn 200 Leute zu unserem Konzert kommen, dann weiß man natürlich nicht im Detail, was die 200 Leute erleben, während unseres Konzerts. Aber das, was bei uns ankommt, ist meistens cool. Und ich kann mich an ein Konzert in Freiburg erinnern, da hatte ich selbst krasse Vorurteile über Freiburg, dachte, dass es da nur Hippies gibt, aber das Konzert war dann einfach geil dann und die Leute sehr lieb.

Sarah: Stimmt, da waren irgendwie teilweise zwei Leute im Rollstuhl gleichzeitig am Crowdsurfen, also es war wirklich cool. Und damals in Saarbrücken (siehe Teil 2 des Interviews), da muss man schon auch mal sagen, das war jetzt nicht irgendwie das Gros des Publikums, sondern es waren zwei oder drei Bauern drin, die das dann einfach ein bisschen für alle kaputt gemacht haben.

Matti: Also Sarah, da hattest du auf jeden Fall schon mal auch eine gesalzene Ansage gemacht und warst schon echt kurz davor zu sagen so, ich höre jetzt auf. Aber überwiegend ist es nicht nötig und deshalb meinte ich auch im Vorgespräch zu diesem Interview, dass es bei uns jetzt keinen Flinta-only-Pit geben wird, weil bei uns auch gar nicht so ist, dass sich sonst lauter Männer den Raum nehmen würden, um da mal dazwischen zu grätschen, sondern es passt eigentlich.

Sarah, ich habe von dir online einen Post gelesen, da schreibst du sinngemäß “Album Nummer 4 und ich kann immer noch nicht Gitarre spielen.” Also ich finde, du singst aber auf jeden Fall mittlerweile viel besser.

Sarah: Ja, singen kann ich, da gehe ich schon mit, aber Gitarre spielen kann ich echt immer noch nicht besser. Und ich spiele auf dem neuen Album “4 von 5” sehr wenig Gitarre, Gott sei Dank. Deswegen passt es eh. Aber singen kann ich mittlerweile, ja, ich finde es cool, dass wir das jetzt öfter mit zwei verschiedenen Gesangslinien haben. Und es ist jetzt dadurch sehr viel melodischer geworden, zumindest habe ich das Gefühl, es gibt einfach eine Melodie mehr, die es vorher halt so nicht gab. Irgendwie taugt mir das schon sehr. Gestern Abend hatten wir wieder Bandprobe und vorher hat man halt so ins Mikro geschrien und jetzt muss man schon schauen, dass, wenn zwei Leute gleichzeitig zwei verschiedene Melodien singen, dass sie aber trotzdem zusammenpassen. Mal schauen, wie wir das live umzusetzen ist und ob es klappt. Also jetzt in der Probe war es schon immer so, dass wir da noch mal eine Extra-Runde nur für den Gesang drehen mussten.

Würdest du denn gern besser Gitarre spielen können?

Sarah: Nee, weil sonst würde ich es, glaube ich, auch machen. Also sonst würde ich mich hinsetzen und ordentlich üben. Ich habe einfach nicht so richtig viel Motivation. Ich spiele ja gern in einer Band und da muss man halt irgendwie was machen, dafür reicht es ja irgendwie auch. Aber ich habe jetzt einfach keine Ambition, irgendwie geiles Soli zu spielen oder sonst irgendwas.

Vor zwei Alben haben wir uns noch darüber unterhalten, dass es bei “Sarah (Frau auch in ‘ner Band)” unangenehm sein könnte, wenn du am Ende ins Publikum schreiben musst, ohne dass die Instrumente dich unterstützen. Und jetzt reden wir plötzlich über sowas wie doppelte Gesangslinien, Harmonien und Soli. Da hat sich schon einiges geändert. Der einzige Song, den ich jetzt offensiv als politisch einstufen würde, ist “Spaltung der Gesellschaft”. Eigentlich habt ihr schon viele Themen durch, aber das war euch jetzt wichtig?

Sarah: Ja, also ich meine, man könnte natürlich immer wieder irgendwie so das alte Zeug noch mal aufkochen. Und es gibt Bands, die schreiben ihre komplette Diskografie immer gegen Nazis oder so. Ich glaube, wir haben diesbezüglich unseren Standpunkt ja eigentlich schon klargemacht und da an diesem Standpunkt hat sich auch nichts geändert. Deshalb ist es vielleicht schon jetzt auch so, dass man gedacht hat, man packt jetzt so ein paar, ja, vielleicht so persönliche Themen auf dieses Album oder auch Anekdoten irgendwie, einfach gar nicht so Pamphlete . Und der Song “Spaltung der Gesellschaft”, ja, der ist schon irgendwie politisch, ebenso wie “Goldstandard”.

“Spaltung der Gesellschaft” ist schon aus so einem Frust heraus während der Pandemie entstanden, als man es dann auf einmal mit lauter Idioten zu tun hatte. Die einen lassen sich nicht impfen und die anderen glauben irgendwie an Echsenmenschen und die einen sagen irgendwie, der Trump ist jetzt unser neuer Erlöser und die anderen genau das Gegenteil… man hat innerhalb kurzer Zeit mit einem globalen Phänomen zu tun gehabt, dass die Leute sich immer mehr auseinandergelebt haben und die Bomben da aber auch immer näher eingeschlagen sind.

Es gab viele Beziehungen, die gescheitert an solchen Themen sind oder Zerwürfnisse in Familien. Und ich kenne auf jeden Fall auch Leute, da hätte ich vor der Pandemie niemals gedacht, dass sie solche Dinge sagen und während der Pandemie konnte ich denen zuschauen, wie die abdriften. Und plötzlich sieht man sich durch diese Umstände, die die Pandemie mit sich gebracht hat, vor der neuen Tatsache, dass man sich nichts mehr zu sagen hat, weil die Anschauungen so auseinandergehen. Und dann kam ja auch immer wieder diese Warnung, man muss die “Spaltung der Gesellschaft” aufhalten.

Man muss es schaffen, die Leute alle wieder zu vereinen und so weiter. Und das war dann halt vielleicht auch so ein bisschen so der resignierte Ansatz, zu sagen; was gibt es denn da noch zu vereinen? Was gibt es denn da irgendwie unter einen Hut zu bringen? Sollen die einfach machen, was sie wollen und wir machen, was wir wollen? Das ist mir doch scheißegal. Dann machen alle, was sie wollen und allen geht es besser.

Das ist natürlich kein praxistaugliches Modell. Das ist ja klar, weil da kannst du auch nicht einfach irgendwie in der Mitte durchteilen und sagen, die machen das und die machen das. Ist ja alles viel komplexer. Aber einfach mal diese Idee zu haben, okay, wir wollen die Spaltung der Gesellschaft gar nicht aufhalten, sondern eigentlich wäre es geil, wenn es die gibt. Dann habt ihr nämlich mit den Trotteln nichts mehr zu tun. Das war ein interessantes Gedankenspiel.

Da wir gerade über Entwicklung gesprochen haben: Wenn man jetzt an den Song denkt, “What Afd think we do”, was ihr da für ein Zitat genommen habt, das empfinde ich heute schon fast als Pillepalle. Also wenn ich mir jetzt überlege, dass diese total unnötige Duell mit Höcke und Voigt bei NTV gab, ohne Ramelow wohlgemerkt… oder ein sechseinhalb Stunden Interview mit Maximilian Krah von der Afd bei “Jung und Naiv” und lauter so eine Scheiße, es ist extrem eskaliert…

Sarah: Ich finde, das ist ein sehr interessanter Punkt, den du ansprichst, weil dieser AfD-Song, der kam Anfang 2020 raus. Und ich weiß noch, damals fanden wir das ja schon krass mit der AfD. Aber das ist ja wirklich, wie du sagst, das ist ja verglichen zu vier Jahre später jetzt kompletter Pillepalle, wo wir uns befinden und dass die kurz vor Ministerpräsidenten in den neuen Bundesländern stehen und so weiter und so fort. Und würden wir jetzt nochmal einen solchen Song schreiben, da würde man sich ja lächerlich machen, finde ich. Also das würde das aktuelle Geschehen überhaupt nicht mehr greifen. Und auch dieser Witz mit diesem Antifa-Tarifvertrag, der ist auch durch mittlerweile irgendwie. Natürlich ist es cool, dass die Leute den Song immer noch feiern.

Also das muss krass sein für Bands, die seit 20 Jahren Songs schreiben. Also wie schnell, gerade bei politischen Songs, wie schnell sind Themen nicht mehr korrekt dargestellt? Aber das ist jetzt, glaube ich, nicht der Grund, warum Matti jetzt weniger politische Songs geschrieben hat, aber das ist eine interessante Feststellung.

Es gibt diesen Song “Jason Lee, ist nicht mehr bei Scientology”, mir war nicht bekannt, dass von diesem Schauspieler eine popkulturelle Referenz ausgeht?

Matti: Also erst mal war er ein sehr guter Skateboarder, dann hat er als Schauspieler angefangen und anfangs viel mit dem Regisseur Kevin Smith gemacht und in Filmen wie “Dogma” oder “Jay and Silent Bob” mitgespielt. Irgendwann kam dann die Serie “My Name is Earl” raus und da spielt er die Hauptrolle, die Serie fand ich megagut und verkrafte auch immer noch nicht so ganz, dass es die letzte Folge mit einem total krassen Cliffhanger aufhört. Es sollte eigentlich weitergehen, aber die nächste Staffel wurde niemals produziert und wurde nie geplant.

Und von diesem Cast bei “My Name is Earl” sind aber einige Leute bei Scientology gewesen und das wusste ich am Anfang auch nicht, sondern das habe ich irgendwann mal gelesen und es hat mich so ein bisschen gestresst. Also eben unter anderem auch, weil ich Jason Lee und die Serie geil fand und ich das irgendwie schräg fand, dass das so ein bisschen von der Scientology unterwandert zu sein scheint.

Eine Freundin von mir hat das damals auch angeschaut und war auch Fan, der hab ich das erzählt und die war dann auch voll am Boden zerstört so. Vor zwei Jahren haben wir in Regensburg gespielt und die Freundin von uns, hat in der Nacht spontan entschieden, sie fährt am nächsten Tag mit uns mit weiter auf Tour. Im Tourbus haben wir dann über “My Name is Earl” gesprochen und kamen dann wieder auf diese Scientology-Sache und dass es so enttäuschend war und dann habe ich halt mein Handy rausgeholt und lese auf Wikipedia, dass der nicht mehr bei Scientology ist. Im letzten Satz von Wikipedia stand einfach so, dass er nicht mehr bei Scientology ist und wir haben uns wirklich so sehr gefreut. Sarah freut sich auch, oder? (Sarah nickt) Und dann dachte ich, ja, ist ja eigentlich ein geiles Songthema, das Lied besteht aus drei Sätzen.

Aber mir war natürlich schon klar, dass das vielleicht bei vielen Leuten Fragezeichen aufwirft, weil die jetzt nicht Jason Lee Die-hard-Fans sind, aber wer es kennt, findet es gut. Jede Person, die nicht mehr bei Scientology ist, ist auf jeden Fall eine gute Nachricht.

2 Kommentare

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert