Fragil – Review
„Fragile“ ist ein französisch-algerischer Film, der uns zurück in die warme Jahreszeit schickt. Wir sind an der Seite des Austernfischer Az, der mit seiner Freundin, dem TV-Star Jess, den nächsten Schritt gehen möchte. Alles läuft aber etwas anders, als er sich das gedacht hat und von da an steht sein Leben auf dem Kopf. Ehe er sich versieht, wohnt er wieder bei seiner Mutter, gemeinsam mit seiner Schwester und der algerischen Großmutter im französischen Mittelmeerstädtchen Sète. Die Mutter ist angesichts seiner Probleme mindestens genauso verzweifelt, wie er. Es ist letztendlich Lila (gespielt von César-Preisträgerin Oulaya Amamra), die gerade in Paris ein Tanzstudium absolviert hat, die ihm eine neue Perspektive bietet und ihn unter anderem die Macht der Bewegung entdecken lässt.
Typisch französisch
„Fragile“ ist ein typisch französischer Film, warme Farben, viel Leidenschaft in den Dialogen und ein etwas alberner Humor. Die Clique von Az versucht ihn aufzumuntern und wird wie ein Bande von Tölpeln skizziert. Dieser etwas überspitzten Darstellung steht dann aber das äußerst authentische Spiel gegenüber. Entgegen so mancher deutschen Produktion, bei der das Papier meistens ziemlich laut raschelt und alles etwas hölzern wirkt, sprüht „Fragile“ vor Esprit und lebt vom guten Timing. Auch die Dialoge sind aus dem Leben gegriffen und nahe am tatsächlichen Gespräch, ebenso wie die zahlreichen Szenen am Meer.
Eine Besonderheit von „Fragil“ sind die Darsteller und Darstellerinnen selbst, denn ein Großteil war in dem Verein „1000 Visages“ aktiv, für den auch die Regisseurin lange tätig war. Es geht darum, jungen Menschen leichteren Zugang zum kulturellen Angebot zu ermöglichen, die dafür sonst kulturelle, geografische oder soziale Hürden überwinden müssten. Hier lernen sie die unterschiedlichen Möglichkeiten des Filmhandwerks kennen und können so in der Branche Fuß fassen. Auch die feministische Komponente ist interessant. Az ist umgeben von selbstbewussten Frauen, die ihn stützen und ihr eigenes Leben im Griff haben.
Alternative zu den Superhelden-Filmen
Die Geschichte an sich ist eigentlich simpel, mehr als die guten eineinhalb Stunden hätten es wirklich nicht sein sollen. Erst im Abspann der Rom-Com „Fragile“ ahnt man, dass die Regisseurin Emma Benestan hier unter Umständen sogar eine Familiengeschichte auf die Leinwand gebracht hat. Was den Film kurzweilig und besonders macht, sind die Tanzeinlagen und die Musik (algerischer Pop) , auch einige der Gags zünden gut. Az und seine Freunde wirken mitnichten wie Profitänzer und sind in ihren Bewegungen teilweise noch etwas ungelenk, was der bereits erwähnten Authentizität zuträglich ist. „Fragil“ ist kein neues „Dirty Dancing“, aber ein netter Film, wenn man mal etwas anderes als Superhelden und vor allem andere Gesichter auf der Leinwand sehen möchte.
Dauer: 101 Minuten
Film von Emma Benestan
VÖ: 01.12.2022