Der krachfink.de Jahresrückblick 2021
Über 300 Alben habe ich 2021 über krachfink.de für euch rezensiert. Und selbstverständlich habe ich noch nebenher ständig Musik gehört – Platten, mit denen ich nicht oder ausschließlich für Print bemustert wurde, Platten der letzten Jahre, immer wiederkehrende Klassiker oder Platten, die mir von anderen empfohlen wurden.
Stolze 92.274 Minuten Hördauer wurden mir von meinem Streaminganbieter als Jahresergebnis übermittelt. Oh yeah, this deal is mine. Deshalb ist es kaum möglich, ein echtes Ranking aufzustellen. Es gibt aber einige Alben, die bei für mich in diesem Jahr herausragen – manche wurden hier nicht besprochen – und generelle Gedanken zu diesem Jahr.
IDLES – Crawler (Post-Punk) 💥
Das ist genau das Album, das diese Band jetzt machen musste, ihr bestes bisher. Es wäre falsch gewesen, weiterhin mit „Joy As An Act Of Resistance“ zu reagieren. Denn Joy ist erstmal over und zwar weltweit. Basierend auf dunklen Episoden aus Joes Vergangenheit gelingt es IDLES wie sie selbst und doch komplett anders zu klingen. Das ist wohl in letzter Instanz dem Gitarristen Mark Bowen zuzuschreiben ist, der im Rahmen der Co-Produktion penibel darauf geachtet hat, neue musikalische Gebiete zu erschließen. Hört einfach „The Wheel“ an und nennt mir eine aktuelle Person im Business (außer Dirk von Lowtzow), die so unfassbar gut betont?!
TURNSTILE – Glow On (Hardcore) 💣
Ohne zu sehr auf die Pop-Drüse zu drücken, schnallen uns TURNSTILE die komplette Bandbreite auf die Ohren, zwingen die Szene zum Umdenken und interpretieren Hardcore neu. Dabei gehörten sie anfangs zu denjenigen, die sich komplett dem (stumpfen) Rhythmus verpflichteten. So habe ich sie kennen- und lieben gelernt. Das Klavier, die Tanzbarkeit, die Effektivität der Songs, das Riffing, die Soli, die Offenheit der Texte, die klebrigen Refrains und die pralle Liebe, das Album liefert alles, was man braucht. „And when you see me on the floor, it’s just a part of my show!“
PORTRAYAL OF GUILT – Christfucker (Hardcore, Grindcore, Dark-Punk, Death Metal) 🧟
Es gibt zu wenige Alben, die das Böse angemessen zelebrieren. Eine Band, die ihr Album „Christfucker“ nennt und ihre Songs „Sadist“ oder „Dirge“ , Texte über eingekerkertes Dahinsiechen macht oder Videos wie das zu „…when the suffering never ends“ trifft genau meinen Nerv. Die Melodie findet sich zwar tief vergraben six feet under, aber da ist eine. Deshalb war ich über die Maulfaulheit von Matt im Interview schon fast entzückt. Ich so: „Hey Matt, your band is named PORTRAYAL OF GUILT, so do you feel guilty for something specific in your life?“. Er so: „No.“ Ja gut, dann wäre das auch geklärt, solche Konsequenz imponiert mir.
THE GRASHOPPER LIES HEAVY – A Cult That Worships A God Of Death (Sludge, Hardcore) 🦗
Musik mit Riffs wie Erdbeben, grandios verschachteltes Songwriting, wobei ich mir bei dem Album des genialen Trios auch nur die Schlagzeugspuren von Steven Barrera reinziehen würde. Die Amerikaner machen fesselnde Musik, die einen komplett umschließt, einkesselt und erst wieder loslässt, wenn die Platte durch ist. Über lange Strecken rein instrumental und selbst dann ist das Hörerlebnis ungefähr so, als ob dich jemand auf einer Bullriding-Anlage festgebunden, die höchste Stufe namens „pure madness“ eingeschaltet, das Licht ausgemacht und dich für 1 Stunde eingeschlossen hätte. Enjoy it!
DRANGSAL – Exit Strategy (Indie, Pop) 😈
Ich mag den Typ und seine Kunst. Er will was von uns, provoziert mit Emotionen und freut sich, wenn das Gegenüber irgendwas fühlt. Entweder hört DRANGSAL jetzt nach diesem Album komplett auf, trainiert sich breit und wird Wrestler in der Combat Zone Liga oder er haut uns in den nächsten Jahren einen Martin-Gore-ähnlichen Welthit vor den Latz, bei dem alle vor Neid erblassen. „Hey, du da, hey, hier spricht dein Leben. Hey, du da, hey, ich möchte dir etwas geben“
PANOPTICON – …And Again Into The Light (Black Metal) ⚫
Der Amerikaner Austin L. Lunn ist einer meiner Favoriten, wenn es um Ein-Mann-Black-Metalbands geht und fast alles, was er veröffentlicht, hat emotionalen Tiefgang und ist herausragend kreativ. So auch sein neues Werk, das über lange Strecken mit Streicherparts und wahren Klanggebirgen gedichtet wurde und die Zuhörenden in eine ganze besondere, friedliche Stimmung einwickelt. Und ja, der vermeintliche Gegensatz Black Metal und Frieden funktioniert. Gut gespielter Doublebass ist für mich pure Entspannung und Fans von PANOPTICON erkennen Querverweise zu den älteren Platten.
AKNE KID JOE – Die Jungs von AKJ (Punk) 🌭
„…wenn du dir wünscht, es wird alles wieder gut, aber sich in diesem Drecksland einfach nie was tut…“ dann liegt es wahrscheinlich daran, dass die meisten Bands nur großspurig labern, dass Frauen auch irre wichtig sind, aber dann doch nur Features mit Typen machen. Oder daran, dass sie in ihren Videos auf ganz widerlich abstoßende Art Aufmerksamkeit provozieren, indem sie Menschen auf Flüchtlingsbooten beim Kampf um ihr Leben zeigen und also über Bande mit dem Leid anderer ihre Egos aufpolieren, sonst aber erschreckend wenig tun. Oder daran, dass Optik im Punk ja eigentlich nicht entscheidend ist und dann ein Großteil der Punkbands doch penibel darauf achtet, auf den Promofotos möglichst gut auszusehen und sich am Ende der Großartigkeit wähnt, wenn doch nur Fidi und Bumsi ihre Songs feiern . AKNE KID JOE sind anders und dafür liebe ich sie.
SLEAFORD MODS – Spare Ribs (Elektro-Punk) 🧱
Alles was die MODS machen finde ich super, alles hat Hand und Fuß und ich beneide Jason Williamson für seine konsequente Art und natürlich auch für seinen perfekten Moonwalk. Übe seit Jahren erfolglos und Michael Jackson würde sich kopfschüttelnd von mir abwenden. Alles an dieser Band hört und fühlt sich echt an, alles an dem Duo ist sympathisch. Frech-schnoddrige Textzeilen wie „I wish I had the time, to be a wanker just like you, and maybe then, I’d be somewhere lovely and warm, just like you” treffen letztendlich härter, als jeder Faustschlag.
Ohrwümer 2021 🐛
PEEPING DREXELS – Miami Lounge
DRANGSAL – Rot
HIS ELECTRO BLUE VOICE – Body Crash und Energie
GENESIS OWUSU – The Other Black Dog
HAIYTI – Gabba (feat. Bebi Cool)
AKNE KID JOE – RaR / RiP
MF DOOM – Accordion (immer und immer wieder… mir egal, welches Jahr)
TOUCHÉ AMORÉ – Hard To Explain
GHOST BATH – Convince Me To Bleed
PABST – Kiss Me
HAXAN – Der Fremde
AMYL AND THE SNIFFERS – Security
TEAM SCHEISSE – EDK
Vorfreude und Hoffnung auf neue Alben von … 🤩
BILLY TALENT – Crisis Of Faith
LOVE A
DIE NERVEN
FIT FOR AN AUTOPSY – Oh What The Future Holds
STAKE
POGENDROBLEM
Vorfreude, endlich wieder live… 🙏
NAPALM DEATH
MAIFELD DERBY 2022
Punk in Drublic Festival
LORD HURON
IDLES
DIE ÄRZTE
Was ist sonst noch tolles passiert? ❤️
- Mit BILLY NOMATES über Old-school-Hip-Hop wie A TRIBE CALLED QUEST und THE PHARCYDE schwärmen
- Anke Engelke helfen eine Band zu finden, die ihr gefiel und deren Namen sie nicht kannte und dafür in „Wie war der Tag, Liebling?“ mit krachfink.de erwähnt werden
- FRITZI ERNST am laufenden Band fragen, ob unsere Zoom-Konferenz eingefroren ist, dabei überlegt sie nur, was sie antworten möchte und überbrückt mit Grinsen
- Mit Patrick Sheridan von FIT FOR AN AUTOPSY über Politik quatschen und merken, dass natürlich (!) nicht alle Amis dumm wie Toastbrot sind
Danke für nichts… 💩
- Hank von Hell, Joey Jordison, Françoise Cactus, LG Petrov… ey!
- Konzertabsagen am laufenden Band vs. volle Fußballstadien
- Bands, die schriftliche Interviewfragen trotz vorheriger Absprache und mehrfacher Nachfrage nicht beantworten. Maximal respektlos.