Interview mit Bittter über das Album „Sad Songs For Happy People“
Let’s get sappy! So könnte der Slogan für das erste Album der Hardcoreband BITTTER heißen. Pedi und Jani waren dazu bereit, krachfink.de Fragen über die Entstehung, das Album, seelische Gesundheit, Zusammenhalt im Hardcore, Kapitalismus, zu wenig Frauen in Bands und wie schön es auf diesem Planeten sein kann, aber leider nicht für alle.
Typische Einstiegsfrage: Wer ist bei BITTTER dabei, wer macht was und woher kennt ihr euch?
Pedi: BITTTER sind Jani an der Gitarre, Kay spielt bei uns Schlagzeug, Johannes ist verantwortlich für den Bass und ich singe. Kay und ich machen seit 2009 zusammen Musik und haben in der Band GOODBYE JERSEY gespielt. Er war damals zum Glück im gleichen Proberaum und hatte Bock vorzutrommeln, als ich die Band mit meinem guten Freund Ulf, den ich durchs Merchen bei RANTANPLAN kannte, gründete und wir eine Schlagzeugerin oder einen Schlagzeuger suchten. Jani kommt aus dem gleichen Dorf wie ich. Johannes kenne ich auch schon einige Jahre. Wir wissen beide nicht mehr genau, woher. Wir haben vor knapp zwei Jahren über vier Tacos und acht Margaritas mal wieder versucht zu ergründen, wie wir uns genau über den Weg gelaufen sind. Ohne Ergebnis. War trotzdem n super Abend!
Euer Album heißt „Sad Songs For Happy People“, wie ist euer aktueller Status, häufiger sad oder happy?
Jani: Im Schnitt würde ich sagen: Sappy!
Welche Rolle spielt Musik dabei, setzt ihr Musikhören und Musikmachen bewusst ein, um eure Stimmung zu beeinflussen?
Pedi: Aber hallo! Bei mir läuft eigentlich durchgehend Musik. Dabei funktioniert das Ganze in beide Richtungen: Musik hat auf jeden Fall Einfluss auf meine Stimmung und umgekehrt hat die Stimmung ja auch Einfluss auf die Auswahl der Musik. Ich schaue je nach Situation, ob ich den aktuellen Gemütszustand mit bestimmten Tracks untermale und dem ganzen Raum gebe oder mich bei „schlechter Laune“ eher versuche mit Tunes da rauszuziehen. Klappt natürlich alles nur in einem gewissen Rahmen. Musik muss aber immer dabei sein. Ich kann auch gern ein und den selben Titel über Tage hören.
Mein persönlicher Rekord ist, glaube ich, „Another Stale Cartoon“ von SATANIC SURFERS, mit einer Länge von 31 Sekunden über ungefähr eineinhalb Wochen (lacht). Treibt dein Umfeld auf jeden Fall in den Wahnsinn (lacht)! Darüber hinaus ist aktives Musikmachen enorm wichtig in meinem Leben. Gerade auch beim Verarbeiten von Erlebnissen hab ich schon als Schuljunge zur Gitarre gegriffen, Songs geschrieben, ein Tape reingelegt und aufgedreht. Wie singt SARAH CONNOR so treffend? „Music is the key!“ (lacht).
Eure Musik scheint erstmal „nur“ Hardcore zu sein, weist aber deutlich mehr Einflüsse, auch aus Punk und Metal, auf. Auf welche eine Band könntet ihr euch alle bei BITTTER einigen und warum?
Jani: Da gibt es bestimmt mehrere. Wir haben bei einer Probe mal festgestellt, dass wir alle beispielsweise CANCER BATS mögen. Hardcore, Punk, Metal und ’ne sympathische Band, die sich selbst auch nicht zu ernst nimmt, bzw. auch mal für n Lacher zu haben ist.
Wie geht ihr beim Songwriting vor, alles kann und nichts muss?
Jani: Ich hab mal gesagt, wenn wir ’nen Refrain haben, der nur WOOOOOOOOH OOOOOH WOOOOOH OOOOOH geht, bin ich nicht mehr in der Band. Ansonsten ist vieles machbar!
Pedi: Stimmt! Und Off-Beat werden wir wahrscheinlich nie hören. Jani kommt häufig mit Logic-Projekten um die Ecke, in denen die Songs mit Drums und Saiten schon so ziemlich am Start sind und die werden dann im Proberaum ausgearbeitet. Ich knall meistens ’nen Text obendrauf. Für meine Songs habe ich meistens ein Strophen- und ein Chorusriff, ’nen groben Aufbau und gebe das dann Jani mit den Worten ‚mach das mal fett!‘. Er ist eindeutig der bessere Gitarrist und ein Hammer-Songwriter. Immer ein Gewinn für die Songs. Wenn das durch Jani veredelt wurde, schreibe ich den Text fertig, der bis dahin meist nur aus der Hook und ein paar Strophenzeilen bestand. Die Nummer „Brightest Hour“ auf der Platte hat Johannes geschrieben und getextet. Der hatte da auch schon ein sehr konkretes Audio-Projekt vorbereitet und im Proberaum wurde dann zusammen gebastelt.
Das abschließende „Narrow Down“ ist ein beeindruckender Song, in dem ihr seelische Gesundheit thematisiert und es mit dem Text „Explaining My Depression To My Mother“ von Sabrina Benaim auslaufen lasst. Welche Bedeutung hat dieser Text für euch und wann seid ihr damit in Berührung gekommen?
Jani: Lieben Dank für die warmen Worte. Tatsächlich durch Zufall darauf gestoßen. Abends etwas YouTube schauen und dann irgendwie an dem Poetry-Slam hängen geblieben und sehr beeindruckt davon gewesen. Da waren einfach eine Menge Aussagen, in denen ich mich wieder gefunden habe. Das hat mich dann unter anderem inspiriert, etwas zu schreiben, das eher einen progressiven Songaufbau hat. Die Riffs kamen einfach von ganz alleine.
Ging für meine Verhältnisse schnell. Die Thematik ist glaube ich etwas, das viele Menschen beschäftigt und bei dem es wichtig ist einen gesellschaftlichen Diskurs zu schaffen. Darüber hinaus hat mein guter Freund Timo, Sänger bei MAINTINA, noch ein sehr geiles Textende zu dem Song geschrieben und eingesungen, das die Nummer auch etwas versöhnlich abschließt. Den übrigen Text hat Pedi beigesteuert.
Pedi: Ja, meinen Textpart hatte ich während des ersten Lockdowns für einen eigenen, sehr ruhigen Song mit Midi-Streichern und sowas geschrieben. Der passte aber einfach perfekt auf Janis‘ „Narrow Down“. Mein Text schließt ja eigentlich ziemlich destruktiv ab. Daher war meine Hoffnung auch, dass Timo am Ende nochmal einen optimistischeren Weg einschlägt. Hat er gemacht!