Interview mit Cam und Aurora von Wine Lips zu „Super Mega Ultra“
Lobende Worte von lebenden Legenden wie IGGY POP geben WINE LIPS natürlich einen Aufschub und macht die Rockszene neugierig auf sie. Dabei sind weder Cam noch Aurora ausschließlich mit Rockmusik aufgewachsen. Cam erinnert sich: „Ich habe ganz klassisch als Teenager mit Rock und Punkrock angefangen, davor aber eher Pop gehört. Meine Eltern haben daheim viel Pop und Country laufen lassen, härte Musik gab es bei uns nicht zu hören, also musste ich es selbst entdecken. IGGY POP wurde leider gar nicht gehört.“ Aurora bezeichnet sich selbst sogar als Spätzünderin: „Meine Eltern habend daheim eher BEACH BOYS, BEATLES und Christian Rock gehört, haha. Ich war also schon so Anfang oder sogar Mitte 20, als ich anderes Zeug für mich entdeckt habe.“
Auf die Fragen nach einer Band, auf die sich alle aus der Band WINE LIPS spontan einigen können, antworten beide gleichzeitig „THE BEATLES!“. Cam versucht in Worte zu fassen, was ihn an dieser Band fasziniert: „Für mich ist es wirklich das gute Songwriting und die Tatsache, dass alle Songs so unterschiedlich sind und die Band echt im harten und soften Bereich starker Lieder vorzuweisen haben. Und an vielen Punkten sind sie auch echt verrückte Wege gegangen, was ich sehr cool finde.“
Beim Thema Artwork sind sich die beiden ebenfalls einig. „Mir ist das extrem wichtig und ich finde, dass es eine Visitenkarte für das ist, was man zu hören kriegt. Bands mit coolem Artwork wissen die Sache noch etwas mehr zu wertschätzen, finde ich. Aber ich finde es auch wichtig, dass man den Künstlern erstmal freie Hand lässt. Danach kann man ja noch immer daran herummäkeln und etwas verändern, haha. Lisa, meine ehemalige Mitbewohnerin, hat auch schon viel für unsere Platten oder Poster und unsere Shirts gestaltet. Auch Matt, ein Kumpel von uns, hat vor Kurzem ein krasses Poster für uns gestaltet, das ich richtig cool finde“, so Cam. Das Artwork für ihr eigenes, aktuelles Album „Super Mega Ultra“ hat aber Jay Hudson gestaltet, von der Band selbst bekam er lediglich die Anweisung etwas mit Chaos zu gestalten und schon der erste Versuch wurde fast komplett abgenickt.
Ein Song auf der neuen Platte trägt den Titel „High on Your Own Supply“, das passt gut zu der Tatsache, dass in Deutschland gerade der Cannabis-Konsum legalisiert wurde. Mit dem angepeilten Eigenbedarf von bis zu 50 Gramm zu Hause lässt sich locker high werden In Kanada, der Heimat von WINE LIPS, ist Cannabis schon seit über vier Jahren legal. Aurora berichtet von der Situation direkt bei ihr daheim: „Ich lebe im Downtown in Toronto und egal in welche Richtung ich schaue, wenn ich vor die Tür trete, dann sind es 100 Meter zu gehen, um etwas zu bekommen: Also es ist sehr gut erreichbar, haha.“ Uneingeschränkt empfehlen würden die beiden den Konsum trotzdem nicht. „Es kann schon sein, dass es auf manche Menschen gute Auswirkungen hat. Ich rauche es nicht, habe es zwar mal versucht, aber es macht mich eigentlich nur müde und das war es dann für mich, haha, vielleicht werde ich auch bisschen paranoid davon“, so Cam.
Unser Gespräch über Drogen erinnert Aurora allerdings an eine Begegnung, die die Band vor Kurzem in Deutschland hatte: „Wir sind durch Europa getourt und haben eine Grenze nach Deutschland überquert. Wir waren uns ganz sicher, dass wir auf jeden Fall kontrolliert und unser Bus komplett auseinandergenommen werden wird. Aber wir konnten einfach weiterfahren. Dann kamen wir aber an der nächsten Tankstelle an und ging es dann richtig ab, wir wurden herausgewunken. Ein Typ kam an, sagte freundlich Hallo und wollte wissen, ob wir etwas Illegales dabei haben, von dem er wissen müsste.
Er verdächtigte auf Anhieb unseren Fahrer, der superclean und verantwortungsvoll ist, aber Dreadlocks und ein bisschen abgefucktes Aussehen hat, und schrie ihn plötzlich extrem laut an ‚Where is the weed, man! Where are your fucking drugs?‘ Unser Fahrer war ganz schön verängstigt, da er auch kein gutes Englisch spricht und beteuerte immer, dass es gar nichts dabei habe.„
Der Ursprung von Songs wie „Six Pack“ oder „High On Your Own Supply“ liegt also auf der Hand, zu hören wäre allerdings, wie Cam auf Textideen wie die zu „Kill Joy“ oder „Burn The Witch“ kommt: „Das kommt immer so ein bisschen darauf an, welche Phase ich gerade in meinem Leben durchlaufe. Aber grundsätzlich schreibe ich immer kleine Notizen in meinem Telefon auf und bastle dann irgendwann etwas daraus. Meistens wird es dann aber von der Musik geleitet, ich habe dann eine Melodie, von der alles ausgeht. Dann fällt mir ein Wort ein, dass dazu passt und dann stricke ich darum einen Text. „Burn The Witch“ ist ein echt alter Song, der ist doch schon viel älter, so fünf Jahre alt.“
Mit „Fried 4“ führen WINE LIPS ihre Fried-Reihe fort – ein durchnummerierter Fried-Song auf jeder Platte – und singen vom Schlafen mit Licht an. Da die Band aktuell auf Tour ist, könnte das ein realistisches Szenario sein. Angesprochen auf die Schlafsituation antwortet Cam: „Uff, das ist schon ganz schön anstrengend, ich schlafe mit unserem Bassisten Wes zusammen und er schnarcht verdammt laut (Aurora lacht). Das ist schon hart zu ertragen. Ich habe gelernt, mit Ohrstöpseln zu schlafen.“ Wir überlegen kurz gemeinsam, ob sich das Verfassen einer Tour-Edition des Songs mit der geänderten Zeile „got to sleep with the ear plugs“ statt „got to sleep with the lights on“ lohnen würde.