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Interview mit John über das Album “Nocturnal Manoeuvres”

Kann Post-Punk wirklich gut klingen, wenn er von nur zwei Leuten gemacht wird? Ja, man muss sich nur JOHN anhören, ein Duo aus London, das aus zwei Typen namens John besteht. Sie haben gerade ihr drittes Album namens „Nocturnal Manoeuvres“ veröffentlicht und wir haben über dieses düstere und atmosphärische Top-Album, die Texte und ihre Inspirationen und Ambitionen Musik zu machen, gesprochen.

Abgesehen davon, dass es euer beider Vorname ist, steht JOHN noch für etwas anderes?

Wir wollten wirklich keinen Namen, der die Art von Musik, die wir machen, färbt, also machte es Sinn, einen bewusst unsensationellen und logischen Namen zu wählen, wir heißen eben beide John. Es ist eine Erinnerung daran, dass das musikalische Detail wichtiger ist, als die umgebenden Begleiterscheinungen, die oft mit Bands oder Musikern verbunden sind.

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JOHN 2021, Foto von Paul Grace

Das ist ja bereits euer drittes Album, aber kannst du mir trotzdem nochmal etwas über die Anfänge der Band erzählen?

Wir sind seit 2013/2014 eine Band und haben uns gegründet, nachdem wir uns beide an der Universität im East End von London kennengelernt hatten. Wir teilten beide viele musikalische Interessen und beschlossen in einen kleinen Raum zu gehen, um mal zu schauen, was herauskommen würde und die Songs floßen glücklicherweise sofort.

War euch also gleich klar, dass ihr beide eine ähnliche Vision vom Musikmachen habt?

Wir haben beide während unserer Gründungsjahre in Bands gespielt und von daher Erfahrung mit den Anforderungen, in einer Band zu sein. Nachdem wir geschmackliche Gemeinsamkeiten erkannt hatten, verbrachten wir viel Zeit damit, gemeinsam Shows in London zu besuchen – und wir waren schnell hungrig und wollten wissen, ob wir auch musikalisch zusammenarbeiten könnten.

Der Albumtitel „Nocturnal Manoevres“ deutet auf kriminelle Machenschaften in der Nacht hin. Es ist nicht mehr notwendig, diese Verhaltensweisen ausschließlich in die Nacht zu legen, kann man beispielsweise aktuell in der deutschen Politik sehen. Beobachtet ihr die gleiche Entwicklung in Großbritannien, dass die Politiker ohne angemessene Konsequenzen immer schamloser werden?

Kann an der Übersetzung liegen, aber es muss nicht unbedingt etwas Kriminelles bedeuten. Wir sind sicher nicht daran interessiert, direkt über Politik zu sprechen, wir schreiben Lieder aus der Beobachtung unserer Alltagserfahrungen und unserer Kultur. Das ist offensichtlich von Natur aus politisch, daher gibt es für Hörer und Hörerinnen immer eine potenzielle Lektion – aber es ist nichts Verhärtetes oder Direktes. Ich wollte schon immer Vielfältigkeit bei der Interpretation meiner Texte und zu keinem Zeitpunkt gibt es wörtliche Wegweiser zu bestimmten Ereignissen oder Charakteren aus den Ereignissen der letzten Jahre. Ich sage jedoch nicht, dass wir nicht glauben, dass dieses Land nicht eine ständig wachsende Reihe katastrophaler Fehler gemacht hat. Es ist alles sehr frustrierend, das kannst du glauben!

Das Album beginnt mit einem atmosphärischen Intro, wie wichtig ist euch der Aufbau eines Albums?

Wir sehen die Albumform immer als eine Möglichkeit, ein Kapitel unseres Lebens und unserer Zeit einzufangen, also betrachten wir immer gerne die Art und Weise, wie Tracks als Ganzes zusammenlaufen. Wir hatten uns das Intro „Return To Capital“ ursprünglich als Übergang zwischen den Tracks vorgestellt – aber es wurde sehr schnell klar, dass es an der Spitze des Albums stehen musste – wie eine atmosphärische erste Sekunde, die überraschend vom zweiten Track weggewischt wird.

Wenn ich eure Musik definieren muss, würde ich sagen, es ist düsterer Post-Punk mit einem Hauch von Hardcore, aber auch einigen Prise rohem Black Metal.

Wir sind beide Fans einer breiten Palette von Musik, aber wir kümmern uns nie darum, wo JOHN im Sinne eines Genres abgesichert ist. Wir wollten immer, dass es von seinen Ideen her gelesen wird, aber wir können klar nachvollziehen, warum es in die Traditionen von Punk und Post-Hardcore passt. Wenn Post-Punk bedeutet, die sich oft wiederholenden Schemata dessen, was „Punk“ ist, zu ändern, dann ist das für uns in Ordnung.

Es gibt eine große Szene von Post-Punkbands aus Großbritannien, die im letzten Jahr nach Europa gekommen sind, gibt es Solidarität und unterstützt ihr euch gegenseitig?

Unabhängig vom Genre hatten wir das Privileg, in den letzten zehn Jahren so viele tolle und talentierte Menschen zu treffen, und es ist ermutigend zu wissen, dass Menschen bereit sind, zu helfen, wenn Hilfe benötigt wird. Wir haben die Angewohnheit, überall auf alte Kollegen und Bekannte zu treffen – auch wenn wir es nicht erwarten. Das Netzwerk wächst einfach weiter.

Worum geht es in „Sibensko Powerhouse“? Sibensko ist doch ein Wasserplanet in der Expansionsregion der Galaxie in Star Wars, eine Art unterirdischer Stadt, in der Kriminelle ihre Geschäfte vor der Regierung verbergen können.

Wieder einmal gefällt mir die Vielfalt der Interpretationen sehr gut – ich war mir dessen bewusst. Aber die Idee stammt eigentlich aus der kroatischen Stadt Šibenik – die Texte wurden aus einer verschwommenen Erinnerung gebaut, nachdem wir dort ein Festival besuchten. Ich hörte ein bekanntes Lied von einem einsamen Hügel über dem Kamm spielen und es war ein ziemlich einzigartiger Moment, der mich festhielt. Ich wollte versuchen, den Moment in der Fiktion eines Songs neu zu interpretieren.

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