Interview mit Riot Spears zum Album „Bad“
Was waren die größten Herausforderungen, daraus leitet sich auch bisschen die Frage ab, was für „eine Art von Band ihr seid“, also eher pedantisch, intuitiv, sehr detailverliebt oder demokratisch?
Svenja: Wir sind alles in einem. Für jedes dieser Adjektive könnte ich dir jetzt mindestens 3248 Situationen erzählen. Zum Beispiel bei den Aufnahmen im Moth Cellar Studio hatte Blanca die Idee für eine bestimmte Melodie, die die Gitarre so als Einwurf spielen sollte (Diii-dididiii-didi,didi-diiii) und das war glaube ich eher intuitiv, kommt einem so in den Kopf geflogen. Dann fand Martha das erst schwer, so einen Fremdkörper in ihrem 2 Jahre gewachsenen Songkind zu ertragen. Ich fand die Idee aber auch sehr gut. Dann hatte zum Glück Nils, unser Aufnahmemensch und Ratgeber in allen Lebenslagen, die Idee, das Pattern zu kürzen und mit einem Noiseelement wegzuschreddern. Und darauf haben wir uns dann geeinigt, nach ein paar Stunden, chrchr.
Also das war jetzt ein Beispiel für intuitiv, irgendwie demokratisch ohne abstimmen, detailverliebt und pedantisch auch vielleicht. Es ist auf jeden Fall nicht immer einfach sich zu einigen und wir waren auch schon manchmal ganz schön frustriert. Bis jetzt haben wir uns aber immer wieder an den eigenen Haaren aus dem Vanillepudding gezogen.
Mir gefällt auf eurem Album besonders gut das Zusammenspiel von laut und leise. Exemplarisch dafür wäre der Song „WW3“, da zerrt ihr die Atmosphäre von einer Ecke in die andere, das ist aus meiner Sicht bemerkenswert gut komponiert. Wie genau seid ihr an die Kompositionen herangegangen, von einem Thema ausgehend, von einem Riff oder mit einer Idee für eine Art Gesamtkonzept oder wirklich mit dem typischen „wir würden gerne Musik wie XY“ machen?
Svenja: Auf jeden Fall nicht mit: „Wir würden gerne Musik machen wie xyz“. Martha kommt immer in den Proberaum und spielt uns den Song auf der Gitarre vor. Wie der Kompositionsprozess bzgl. des Riffs bei dem Song war weiß ich nicht. Ich hatte auf jeden Fall 5 verschiedene Versionen von Basslinien für diesen Song. Am Anfang, wenn ich den Song lerne, bin ich immer froh, wenn ich den Ablauf checke und ungefähr die richtigen Töne treffe. Nach der dritten Probe finde ich das dann oft langweilig. Bei dem Song habe ich aus Spass so eine Walking Bass Version gemacht in sehr langsam und dazu hätte ein typisches Jazzschlagzeug gepasst. Die Version hab ich den beiden im Chat zugeschickt. Fanden sie cool und da dachte ich, ich spiele es einfach doppelt so schnell, dann passt diese Basslinie auch in den Punksong rein.
Martha: Die grobe Idee zum Chorus hatte ich schon seit einigen Jahren. Mir hat es immer Spaß gemacht das Uu-uo-uo- ualla- llala -lala – la zu singen. Ich weiß noch, dass mich an genau dieser Stelle irgendwie „Pretend We’re Dead“ von L7 inspirierte. Das ist jetzt auch ein Funzel Assoziation, dafür aber sehr konkret. Bei unserem Song „Pathetic“ muss ich zum Beispiel an die MEAT PUPPETS denken und an einer konkreten Stelle an den Gesang von SERJ TANKIAN. Deshalb musste ich am Anfang bei den Proben auch manchmal echt lachen. Aber weiter zu „WW3“: Der Song hatte über die Jahre immer mal ’ne andere Struktur, andere Parts und nie einen richtigen Text, bis ich mich dann hingesetzt habe, als wir plötzlich regelmäßig geprobt haben.
Da war der Song plötzlich klarer. Und nach einigen Wochen oder Monaten haben wie auf Svenjas Vorschlag dann noch den ersten Refrain gekürzt…. Manche Songs brauchen Zeit um sich herauszukristallisieren. Wie so’ne Flasche Wein oder andere psychische Prozesse. Und auch ich musste mich erstmal dazu entwickeln eine Haltung und ’nen Zugang zu mir zu finden und direkt aus mir selber zu schreiben. Als ich mit Gitarre anfing, habe ich ein Zitat von Kurt Cobain sehr ernst genommen, indem er sagt, dass Mensch nie zu viel covern sollte, damit sich der eigene Stil entwickelt. Deshalb bin ich beispielsweise von NIRVANA oder ALICE IN CHAINS geprägt, aber habe nie versucht explizit genauso zu klingen.
Textlich finde ich es genauso wichtig, keine abgedroschenen Phrasen neu zu kombinieren. Aber Inspirationen gibt es schon und das ist auch sehr gut und kann stark bereichern und neue Ideen bringen. Und die Wahrnehmung von Einflüssen kann auch sehr subjektiv sein. Ich habe letztens versucht aus Spaß einen Song für unsere Freunde von RATS RUN RIOT zu schreiben und dachte, ich habe den Stil voll getroffen und fand es irgendwie auch Richtung Courtney Barnett und Pete Doherty, aber das fand bisher sonst keine andere Person und der Song bleibt bei RIOT SPEARS, haha ups. Subjektive Wahrnehmung, Konstruktivismus, Fail… Guten Tag!