Gemischte Tüte mit Idles – Interview

Wer bitte mag nicht die IDLES und wer bitte hat deren zweites Album „Joy As An Act Of Resistance“ nicht in Dauerschleife gepackt? Wir trafen den sympathischen Sänger Joe Talbot und den freundlichen Gitarrist und Eiscreme-Fan Marc backstage im Club Manufaktur in Schorndorf und boten Ihnen die „Gemischte Tüte“ an. Über Zeitreisen, bitches, Hitler, Balance und Eiscreme.

Wenn Du eine Zeitreise machen könntest, wohin würdest Du reisen?

Joe: Wahrscheinlich… (zögert), damals als ich 15 Jahre alt war und ich würde meiner Mama sagen, dass ich die Scheiße ausverkauft habe, (zögert)… und, dass sie in einem Jahr sterben wird und ein Schlaganfall sie ausbremst.

Und Du, Marc?

Marc: Ich würde wahrscheinlich irgendwohin zurückreisen, um eine tolle Band spielen zu sehen. NIRVANA oder so. Die hätte ich gerne gesehen oder die BEATLES, wobei die wohl live gar nicht so gut gewesen sein sollen. Also wohl doch eher NIRVANA.

Joe: Ich hätte gerne Skip James auf dem Newport Jazz Festival gesehen, das muss schon geil gewesen sein, wann immer das gewesen ist. Boaah, oder warte JOY DIVISION oder noch besser die SEX PISTOLS.

Ihr würdet aber alle beide auf jeden Fall in die Vergangenheit und nicht in die Zukunft reisen?

Marc (grinst erfreut): Ach, man kann auch in die Zukunft reisen?

Joe: Ach fick doch die Zukunft…

Marc: Das wäre doch aber schon verrückt zu sehen, was da so abgeht.

Joe: Ach was, scheiße wäre das. Das wird Chaos und absoluter Horror.

Wenn ihr mit einer historischen Person ein Abendessen verbringen könntet, wer sollte das sein?

Joe: Eine historische Person?… (überlegt)… Pete Townshend in den frühen Neunzigern (lacht).

Marc: Kurt Vonnegut, mit dem würde ich mich echt mal gerne unterhalten. Wobei der vielleicht auch n’bisschen verpennt wäre.

Joe: Oder Hitler.

Um ihm was zu sagen?

Joe: Einfach nur um ihn gegenüberzusitzen (macht mit zwei Fingern die „ich habe dich im Blick“ – Geste“), ihn sprechen zu hören und zu wissen, was zur Hölle bei dem Typ schiefgelaufen ist. Das wäre doch irgendwie interessant. Kleiner, wütender Mann.

Und um ihm zu sagen, dass er weiter malen soll…?

Joe: Ne, gar nix würde ich dem sagen. Sicher haben ihm genau das schon viele Leute gesagt (lacht), dass es falsch ist, wie er drauf ist. Einfach seine Präsenz zu spüren und zu erfahren, was ihn umtrieb. Sind wir nur zu zweit beim Essen?

Ja.

Joe: Dann würde ich ihn schon etwas stärker bedrängen, wahrscheinlich würde er mich ja nicht umbringen können, und mal fragen, was sein Scheißproblem ist. Keine Ahnung… aber bei so historischen Personen ist es meistens so, dass da viel mehr rein interpretiert wurde und gar nicht so viel dahinter steckt. Meistens sind das düstere und furchteinflößende bitches, weil die sich doch nur für sich selbst interessieren. Die brillantesten Persönlichkeiten sind doch oft ganz normale Typen. Keine Ahnung, Du weißt was ich meine… ach, das ist bestimmt so. Ach, am besten nehme ich einfach meine Großmutter.

Ich dachte, Du Marc würdest BOB MARLEY sagen, weil Du ein Shirt von ihm anhast?

Marc: Ne, das habe ich nur so an.

Ich glaube, der war aber ganz cool.

Joe: Ja, war er bestimmt, der wirkte echt ziemlich cool.

Marc: Glaube ich auch.

Joe und Marc von den IDLES
Die IDLES-Interpretation der BEATLES.

Was ist Deine schönste Kindheitserinnerung?

Marc: Mein Vater war mal richtig angepisst, weil ich und meine Schwester sein Eis aufgegessen hatten (grinst breit, als ob es gestern erst gewesen wäre), das er für ein großes Abendessen gekauft hat. Das waren zwei Riesenboxen, die wir uns einfach genommen haben, um uns darüber herzumachen. Sein Blick, als er uns erwischt hat, wie wir über der Eiscreme hingen, war göttlich. Eine Mischung aus Verzweiflung, Frustration aber auch Anerkennung, dass wir uns das getraut haben. Er lachte letztendlich mit uns darüber. Und wenn meine Mutter mit mir geknuddelt hat, das war auch immer schön. (lacht).

Joe: Ich weiß keine.

Auf welche Leistung bist Du besonders stolz?

Joe: Hm, die Emotion Stolz mag ich nicht so gerne. Aber am glücklichsten bin ich aktuell, mit meiner Familie in meinem Leben. Ich habe diese tolle Frau und kann mit meinen Kumpels durch die Welt touren, das ist cool. Stolz bin ich darauf nicht, klar ich habe hart dafür gearbeitet, aber ich habe auch tolle Leute um mich rum. Und eben meine Familie, meine neue Familie, mein Kind und meine Frau – das ist die beste Sache in der Welt.

Marc: Bei mir ist das ähnlich…

Ach, ich dachte, dass Du jetzt nochmals mit Deiner Eisgeschichte um die Ecke kommst?

Marc: (lacht) Stimmt, das war eigentlich die beste Sache bisher in meinem Leben…

Joe: (lacht und macht eine Siegesgeste) Ich habe das Eis!

Marc: Meine Schwester, auf die bin ich tatsächlich sehr stolz, darauf was sie erreicht hat.

Joe: Die ist echt toll, ruf sie doch mal an, Mann.

Marc: Heute hat sie sogar Geburtstag.

Joe: Nicht dein Ernst?!

Marc: Doch.

Joe: Hast du sie angerufen?

Marc: Ne, bisher nicht.

Joe: Boah, du bist ein fucking piece of shit. Du musst doch wohl deine Schwester an ihrem Geburtstag anrufen.

Vor allem, wenn Du so stolz auf sie bist.

Marc: Sie ist aber echt sehr beschäftigt (lacht).

Joe: Wie asi er ist, ruft seine eigene Schwester nicht an ihrem Geburtstag an. (lacht)

Aber er ist stolz auf sie, immerhin. Was lernst Du im Moment?

Joe: Uff, richtig viel. Ah ja, Balance, das ist wohl das, was ich gerade intensiv lerne. Work-Life-Balance, Zucker und Gesundheit, Alkohol und Nüchternheit, Arbeit und Familie… Liebe und Leidenschaft, alles im Leben dreht sich um Balance, Balance und Balance.

Und das ist ja auch ein Lernprozess, der niemals aufhört.

Joe: Ja, auf jeden Fall. Ansonsten wird man faul.

Marc: Das ist echt das große Ding bei uns im Moment. Wir lernen gesund und fröhlich auf Tour zu sein und die Balance zu halten. Wir machen Sport, essen gesund…

Joe: Genau, Sport machen und gesund essen… pushen uns gegenseitig. Wir sind voll in der Balance. Es ist wirklich sehr wichtig. Unser Beruf ist ein harter Beruf, aber wir sind auch sehr privilegiert, dass wir das tun können. Das sollte man auch so sehen, außer man ist ein Arschloch oder so. Das sind wir ja aber nicht und deshalb sind wir froh, hier zu sein und wollen hart dafür arbeiten, aber auch Zeit für unsere Familien haben und normal leben. Sonst könnten wir das andere ja gar nicht mehr wertschätzen und genießen.

Ja, den Erfolg an sich kann man dann nicht genießen. Ihr tourt echt viel, ich sehe euch heute schon zum dritten Mal live.

Marc: Ich denke, dass es gar nicht vorrangig darum geht, den Erfolg zu genießen, sondern man läuft sonst Gefahr, keine Freude mehr fühlen und weitergeben zu können. Eine normale und trotzdem fröhliche Lebensweise zu erschaffen, die auch abseits der Tour funktioniert, das ist unser Ziel.

Joe: Das ist ja auch der eigentliche Erfolg, das Leben genießen zu können.

Die Galerie und ein Video vom Auftritt der IDLES im Club Manufaktur in Schorndorf findet ihr hier.

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Lol.

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