Enjoy – Deep Cuts (2011-2016) – Review
Die Freude über „Deep Cuts (2011-2016)“ von ENJOY ist riesengroß, nachdem die letzte Platte „Exploited“ ja auch im krachfink.de Jahresrückblick 2023 aufgetaucht ist. Es handelt sich hier um eine Auswahl der Songs, die es bisher nicht geschafft haben. So die Glas-halb-leer-Beschreibung. Aber was die Ein-Mann-Band ENJOY fallen lässt, dahinter steckt übrigens Wyatt Shears von THE GARDEN, ist um Klassen besser, als das was manch andere Bands ernsthaft als ausgearbeitet veröffentlichen.
Wer den wilden Mix von ihm und seinem Zwillingsbruder Fletcher mag, wird mit „Deep Cuts (2011-2016)“ Freude haben, aber betont wird in dieser Zusammenstellung eher der zurückgelehnte, dunkel-wavige Aspekt seiner Musik. Immer rhythmusbetont, sehr repetitiv und natürlich durchzogen von unvorhersehbaren Eskalationen.
Einmal quer durchs Genrebeet gestreift
Wenn man „Deep Cuts (2011-2016)“ von ENJOY ganz penibel unter die Lupe nimmt, dann findet man sicherlich eindeutige Fragmente und Ideenansätze, die sich auf den bisher veröffentlichen Platten wiederfinden (z.Bsp. „Crystal Getaway“). Das Album ist musikalisch bemerkenswert vielfältig und trägt trotzdem immer Wyatts eindeutige Handschrift. Sein Gesang eignet sich für augenzwinkernde, zynische und schwebende Stimmungen, transportiert auch immer Achtzigerjahre-Vibe („Mistakes I Always Make“) und schwankt zwischen betont lässig und todtraurig. Seine Intonation speist sich aber mitnichten nur aus Punk und Wave, bedient sich stattdessen auch gerne bei R’n’B und Hip Hop.
Hibbeliges Chaos, maximal gedrosselt
Das wahre Talent von ENJOY zeigt sich in Songs wie „Cancel And Cut“, wenn er hibbeliges Chaos so herunterdrosselt, dass es unter maximalem Strom setzt und gleichzeitig beruhigend wirkt. Ähnlich wie Julian Casablancas von THE STROKES überlagert Shears in seinen Kompositionen häufig zwei Stimmungen, lässt Gesang und Musik auseinanderdriften und legt sie doch so passgenau übereinander, dass das Endergebnis irritiert und begeistert. Im nächsten Moment kann er aber auch hemmungslos auf einer guten Idee nudeln, musikalische Fetzen miteinander verdichten und instrumental fesseln („C’Mon, Paradise Is This Way“).
Erst fühlen, dann hören und analysieren
Was sich quer über „Deep Cuts (2011-2016)“ zieht, ist der dumpfe Sound, auf den es ENJOY definitiv angelegt hat. Das lässt die Kompositionen wie Überbleibsel der Vergangenheit oder angenehme Berieselung aus dem geschlossenen Nebenraum wirken. Dadurch entsteht eine vermeintliche Beiläufigkeit, ein Hauch Distanz und die Musik wird komplett stressbefreit und angenehm zugedeckt. Emotionen sind ein wichtiger Aspekt bei ENJOY, man kann darauf wetten, dass man vorrangig sensitiv angesprochen wird und dann erst auf den Text achtet. Das Lied „Help!“ kann gut als Beispiel herhalten und vereint alles, was bisher als kreatives Merkmal von ENJOY definiert wurde.
Mit „Deep Cuts (2011-2016)“ von ENJOY liegt uns eine lebendige, anregende und gleichzeitig beruhigende Platte vor, perfekt für die Jahreszeit und zum auf die Füße kommen.
Dauer: 49:13
Label: D.I.Y.
VÖ: 01.01.2024
Tracklist „Deep Cuts (2011-2016)“ von ENJOY
Goals For The Future
Cancel And Cut
I’m Sorry
C’mon, Paradise Is The Way
Stress
Stay Level
Help!
Into It
Mistakes I Always Make
Crystal Getaway
Most Definitely
Ocean Floor
Ice
Get With It
The Circle
Tongue
Otherside
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