Maffai - Zen Coverartwork

Maffai – Zen – Review

Die vier Musiker von MAFFAI kommen ziemlich überraschend mit ihrem Debüt “Zen” um die Ecke. Indiepunk nennt man den Sound, den das Quartett aus dem Süden Deutschlands zum Besten gibt. Indie, wegen den fluffigen Synthiepassagen und der Tatsache, dass die Band ohne aggressives Brüllen auskommt und sich auf das Gezeter auch wunderbar tanzen lässt. Punk, wegen der klar positionierenden Aussagen, fernab von jeglicher Wohlfühlrhetorik. Mit dem Handtrockner als Metapher – Du fühlst Dich toll sauber, ziehst dir aber im Gegenzug die geballte Bakteriendosis Deiner Mitmenschen rein – zeigen MAFFAI genau dahin, wo es drückt.

Können sich jetzt bitte einfach mal alle beruhigen?

“Zen” als grobes Konzept, schreien können die anderen und außerdem hat der Lauteste nicht zwangsläufig recht. MAFFAI schaffen sich eine interessante Nische, mit TURBOSTAAT und DRANGSAL als direkte Nachbarn. Dass die Band auf Kidnap Records erscheint, sichert ihr den nötigen Freiraum und die nötige Substanz zu. “Wie kommt es, dass Du lachst?” so lautet der erste gesungene Satz vom Opener “Bleichkind”. Gute Frage, gibt es überhaupt noch etwas zu lachen? MAFFAI antworten darauf mit einem klaren Jein, denn nicht alles ist Schwarz und außerdem ohne Schwarz gibt es doch kein Weiß, oder? Über Angst, digitales Scheindasein, Schönheitswahn und kognitive Dissonanzen, MAFFAI haben für jeden was dabei.

Bassist und Texter Daniel schafft es, für jedes der insgesamt zehn Lieder mindestens eine Zeile in Stein zu meißeln. Scheint beinahe so, als ob der junge Punk von heute verstanden hätte, dass man mit Subversivität auch auf Grenzen stößt und etwas Pop dem Punk gar nicht so schlecht tut. Die Band stellt Fragen, wirft Thesen in den Raum und maßt sich trotzdem nicht an, besser zu sein oder die Lösung aller Probleme zu kennen.

Maffai Bandfoto von René Illig
Maffai 2019, Foto von René Illig

MAFFAI entwerfen ganz neue Protestmöglichkeiten

Auch ohne Verbalattacken und heftiges Geschrammel, wirkt “Zen” von MAFFAI in jeder Sekunde dringlich und vehement. Die Band versinkt mitnichten in drögem Geschunkel, sondern hält stattdessen den Alarm und die Aufmerksamkeit dauerhaft auf Anschlag. Für den Song “Tunnelblick” holten sich MAFFAI ihre Freunde von AKNE KID JOE ins Boot. Zuzuhören, wie das Angepisstheitslevel 11 von 10 von Matthias und Sarah vom smoothingen Sound gezähmt wird, macht einfach Bock. Ist das der neue Punk? Vielleicht.

Eventuell ist es jetzt auch endlich mal gut, mit der Rumschreierei und es wird Zeit, dass sich alle mal wieder beruhigen. Entsprechend der Ansage von LOVE A ist es wohl soweit, dass alle “tanzen, bis die Füße bluten”. Eher unbeabsichtigt haben MAFFAI dem Punk eine neue Ausdrucksmöglichkeit gegeben und die Abzweigungen, die jüngst DRANGSAL legte, etwas ausgebaut. “Zen” sollte man sich gönnen, es ist wahrscheinlich der Anfang eines Wandels.

Tracklist “Zen” von MAFFAI
Bleichkind
Kinnanknie
Tunnelblick
Fersengold
Geisterstunde
Klamm
Platz
Widersinn
Abgewandt
Prunk

Dauer: 32:07
Label: Kidnap Music
VÖ: 11.10.2019

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Ein Interview mit Bassist Daniel von MAFFAI zum Album “Zen” findet ihr hier.

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