Acht Eimer Hühnerherzen – album – Review
Kann das Berliner Trio von ACHT EIMER HÜHNERHERZEN das Niveau von seinem Debüt auf dem zweiten Album „album“ halten? Sind sie genauso witzig und smart? Gibt es wieder Fun und Melancholie? Die Antworten lauten: Ja, ja und ja. Ist eben deutlich einfacher, wenn man den Quatsch selbst erfunden hat und nur das tut, was man kann oder eben nicht. Ohne Einsdreieinszwei oder sonstige Parolen, sind die Nylonpunker Rebellion in Reinform, sie brauchen dafür noch nicht mal E-Gitarren.
Über Scheiß Jugendliche und Google Earth
ACHT EIMER HÜHNERHERZEN gehen eigentlich genau dahin, wo es weh tut. Das tun sie aber so unbedarft und behutsam, dass man es zulassen kann. Es geht um Liebe, um hüpfende oder gebrochene Herzen, das Gefühl von Einsamkeit und Sich-falsch-fühlen, den Unwillen jeden Scheiß mitzumachen und die Gewissheit, dass wir alle eine Macke haben, man aber nicht alles heilen kann und schon gar nicht muss. Müssen muss man eigentlich nichts. Wobei man beim „album“ am Ende doch ziemlich viel muss. Mitsingen, im Takt zappeln, einen Haufen Zweifel über Bord werfen und nachdenken. Denn der vermeintliche Dadaismus entpuppt sich als stark philosophisch. Jeden zweiten Satz möchte man an die nächste Wand schmieren oder mit Kuli auf die eigene Stirn schreiben, damit es alle wissen. Wobei Vega mit ihrem liebenswerten Schnoddercharme auch gut und gerne Apotheken-Umschau vorsingen könnte.
Banale Komplexizität, auch Leben genannt
Während Bene die Stöcke euphorisch schwingt wie eh und noch mehr Eskalationsszenen und Pogoalarm bereithält, sind Bassist Jacho und Gitarristin Vega etwas verspielter und experimenteller unterwegs („Wüstenplanet“, „Zahlen“). Alles scheint der Band noch leichter von der Hand zu gehen, sodass „album“ im direkten Vergleich mit dem Vorgänger etwas luftiger wirkt. Dabei sind einige der Songs schon jahrelang fertig und auch live erprobt. In „Polenböller“ gelingt es der Band einen Zungenbrecherrefrain zu texten, den man zwar nicht auf Anhieb mitsingen kann, aber wegen seiner Botschaft sofort liebt. Anders verhält es sich mit „Kozmic Schlüsseldienst“, „Endlich Fluchen“ oder „Quittenbrause“. Solche Songs sind Liebe auf den ersten Blick und schnell aufnehmbar. Vega erzählt die Geschichten noch dichter, noch tragischer und noch realistischer.
Lieber entweder als oder doch?!
In „In Schlimmer“ findet sich übrigens ein musikalisches PASCOW-Zitat, aber das nur am Rande. Ansonsten ist es der Band tatsächlich gelungen, ihren ganz eigenen Stil noch zu schärfen und ihrem Kultstatus gerecht zu werden. ACHT EIMER HÜHNERHERZEN vermitteln mit „album“ das höchste Gut, sie machen verdammt glücklich. Mit „Reprise“ pfeifen sich die ACHT EIMER HÜHNERHERZEN aus der Platte, so gut gelaunt und engagiert, dass selbst DIE DREI FRAGEZEICHEN ??? vor Neid erblassen und ihre Zentrale dicht machen.
Dauer: 31:22
Label: Destiny Records (Broken Silence)
VÖ: 27.03.2020
Trackliste „album“ von ACHT EIMER HÜHNERHERZEN
Somnambulismus
Hallo
Immer Schlimmer
Quittenbrause
Gesellschaftstanz
Nach Unten
Wüstenplanet
Zahlen
Kozmic Schlüsseldienst
Polenböller
Endlich Fluchen
Kein Lied Fuer Dich
Zement
Reprise
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