Defeater s/t Coverartwork

Defeater – s/t – Review

DEFEATER veröffentlichen erstmals ein selbstbetiteltes Album und es gibt vorher keine (komplizierte) Geschichte, in die man sich einfühlen muss und stattdessen nur vages Hangeln an den Texten von J.D. Salinger? Was die Melodic-Hardcore-Band aus Boston mit ihrem fünften Studioalbum abliefert, kann aber inhaltlich, musikalisch und besonders klanglich komplett überzeugen. Neu-Produzent Will Yip (QUICKSAND, LA DISPUTE, TITEL FIGHT) hat Sänger Derek Archambault (endlich) aus dem Zentrum genommen und ihn mehr mit der Band verschmelzen lassen. Bisher übernahm die Produktion Gitarrist Jay Maas, der die Band allerdings jüngst verlassen hat. Wie das Cover also schon zeigt, die Karten wurden neu gemischt und DEFEATER haben ein ziemlich gutes Blatt erwischt.

The Wave lebt weiter

Wer DEFEATER schon länger verfolgt, wird gar nicht mehr bemerken, dass die Band eine sehr ungewöhnliche kompositorische Herangehensweise hat. Kaum eine Band lässt Melodie, Disharmonie, Härte und Wehmut so gekonnt ineinanderrennen („Mother’s Son“, „All Roads“). Dabei naschen DEFEATER ungeniert von allen möglichen Genres, formatieren alle Einzelteile zu ihrem ganz eigenen Sound um. Jedes Feedback, jede Betonung und jede einzelne Note hat am Ende Relevanz.

Archambault scheint aus dem tiefsten Verlies nach oben zu schreien, seine bohrenden Fragen und sein Schmerz übertragen sich vollends auf den Hörer und die Hörerin. Die Gitarren schicken flächige Fronten ins Rennen, während die Drums ganz offensichtlich nur eins wollen – ganz weit weg von diesem Schmerz („Atheists In Foxholes“, „No Guilt“). Wie ein gescheuchtes Kaninchen auf der Flucht schlagen die Drumsticks Haken, verheddern sich kurz, prügeln sich aus Fallen und trommeln unermüdlich in Richtung Freiheit. Das Drumming ist entscheidend für DEFEATER, Joe Longobardi macht so einen unfassbar guten Job. Er mimt das stolpernde Herz in „Desperate“ oder zelebriert den Untergang in „All Roads“ und lässt ihn genauso schnell und aprubt enden, wie der Tod in unser Leben grätscht.

„Days come, days go. The faces blur the same. Some stay, some go.”

Bassist Mike Poulin ist ebenfalls unermüdlich im Einsatz, sorgt für dezent dunkles Grundrauschen, selten treibt er die Songs an („Dealer /Debtor“, „No Man Born Evil“) und leider hat er auch viel zu selten einen Moment im Rampenlicht („Stale Smoke“). Auch textlich kommen DEFEATER deutlich schneller auf den Punkt, im melancholischen „All Roads“ ist mit wenigen Worten alles gesagt. Die Straße führt ans Ende, das Leben führt zwangsweise zum Tod. Noch kompakter gelingt das im Song „Hourglass“, ebenfalls ein Song über Vergänglichkeit, ein Aufruf die Chance nicht mit Betäubung und zwielichtigen Machenschaften in dunklen Gassen zu verschwenden.

Im Vergleich zum direkter Vorgänger gibt es etwas weniger griffige Punchlines. Wenn sie dann auftauchen („Can’t fool me now, can’t fool me. It’s a long way down“ in „Dealer/Debtor“) merkt man erst, dass sie vorher gefehlt haben. Neu sind dafür die bewusst disharmonischen Gitarreneinschübe („No Guilt“, „List & Heal“) und deren soundtechnische, etwas ungewöhnliche Abmischung. Mir gefällt das sehr gut, wenn sie fast wie Fremdkörper den Fluss stören. Unter Strich ist „s/t“ von DEFEATER ist eine sehr dunkle Platte, von Schmerz durchtränkt und intensiv. Ob sich der Hörer davon runterziehen lässt oder motiviert fühlt, ist nicht festgelegt.

Für Leute, …
denen DEFEATER immer zu gespalten klang.

Dauer: 34:49
Label: Epitaph Europe / Indigo
VÖ: 10.05.2019

Tracklist „s/t” von DEFEATER
The Worst Of Fates
Atheists In Foxholes
Dealer / Debtor
Mothers‘ Sons
Desperate
All Roads
Stale Smoke
Dealer / Debtor
No Guilt
Hourglass
No Man Born Evil

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