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Van Urst – Oligarchie und Alltag – Review

VAN URST gibt es gefühlt schon ewig, nun legen sie mit „Oligarchie und Alltag“ eine neue Platte vor. Es lohnt sich, nicht dem ersten Reflex zu folgen, denn der würde die Band mit ihrem vernebelten Post-Punk sofort in die Nähe von TURBOSTAAT rücken und lässt gut alte „Flamingo“–Vibes aufkommen. Da es sich mit den Texten eines Marten Ebsen nicht so einfach messen lässt, folgen VAN URST dann doch lieber ihrem eigenen Stil. Und der ist überraschend vielfältig und orientiert sich an unterschiedlichen Szenen und Ausdrucksmöglichkeiten. Das ständige Anzitieren in Album- und Songtiteln haben VAN URST gar nicht nötig, denn ihr dichter Sound hat schon ausreichend eigenen Charme.

Erst fühlen, dann verstehen

Dass „Oligarchie und Alltag“ nicht vergnügungssteuerpflichtig ist, wird niemanden überraschen. Dass VAN URST über lange Strecken Sprachlosigkeit zulassen oder nicht jeden Text bis zum Ende ausformulieren, sondern nur unermüdlich dieselben Fragen in den Raum werfen, hält die Platte lebendig. Und gibt vor allem Raum, um selbst zu denken und zu fühlen. Stichwort fühlen: Auch dieses Handwerk beherrschen VAN URST bemerkenswert gut. „Cup der guten Hoffnung“ greift mit seinem dunkelschunkeligen Takt sofort dahin, wo das Herz schmerzt. Man muss den Text noch nicht mal in Gänze erfassen, um nicht schon von der überschwappenden Emotion übermannt zu werden. Großes Kino – erst fühlen, dann verstehen.

Erst aufblasen, dann Luft ablassen

VAN URST können außerdem schnell die Luft aus allem lassen, bauen erst große, dichte Kompositionen, die sie dann langsam wieder am ausgestreckten Arm verhungern lassen. Das ist eine ganz eigene und auch ungewöhnlich Art, „Oligarchie und Alltag“ auf Spannung zu ziehen und die Aufmerksamkeit zu gewährleisten. Die Kraft, um gegen die Melancholie standzuhalten oder irgendeinen Raum für Eskapismus zu erschaffen, zieht die Band nicht nur aus den Texten.

Es sind auch häufig die sich ineinander verschlängelnden Melodien und die bewusst stolpernden und Lücken reißenden Drums von Matthias Horn, die gegen die Seele schmettern und die Zeit verlangsamen. VAN URST mögen mit Thom und Patrick nicht den umfangreichsten Sänger mit der prallsten Range haben. Aber was zwischen den Tönen vermittelt wird, ist letztendlich das, was zählt.

Einfach mal das da draußen abschalten

Wer also auf der Suche nach einer Platte ist, die das da draußen kurz ausschaltet und den Status Quo auf bezaubernd traurige Weise vorträgt, sollte bei „Oligarchie und Alltag“ von VAN URST zugreifen. Die Band bietet weit mehr als Post-Punk, viele Elemente erinnern sogar an den Folk-Black-Metal von PANOPTICON, IDLES („About Blank“) oder die Urgewalt von KEINE ZÄHNE IM MAUL ABER LA PALOMA PFEIFEN und vermitteln das Gefühl vom Abhängen-Wollen so aufrichtig wie manche Trap-Künstler. Das Genre ist letztlich nebensächlich – hier geht es darum, wie jemand seinen Frust in Moll kanalisiert und damit eine Wirkung erzielt, die alle Musikgeschmäcker anspricht.

Dauer: 35:17
Label: D.I.Y.
VÖ: 28.02.2025

Tracklist „Oligarchie und Alltag“ von VAN URST
Alles gut
Behringer Escape Plan
Augen zu und durch
Cup der guten Hoffnung
Beende deine Jugend
Balletbaron
Zuckerwatte und Beton
About Blank

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