Alcest-Spiritual-Instinct Artwork

Alcest – Spiritual Instinct – Review

Es war abzusehen, dass ALCEST auch mit ihrem sechsten Album „Spiritual Instinct“ keinen Abklatsch des letzten Albums veröffentlichen würden. Seit der Gründung vor mittlerweile 19 Jahren hat Mastermind und Multiinstrumentalist Neige seinen Stil schon mehrfach modifiziert, sich vom Black Metal zum Post-Rock gewandelt, Dreampop mit Shoegaze vereint und letztendlich Blackgaze eingeführt. „Spiritual Instinct“ ist der vorerst kompositorische Höhepunkt von ALCEST, niemand kann aktuell musikalisch bildlicher darstellen und detaillierter so große Geschichten erzählen.

Perfektion der Gegensätze

„Les jardins de minuit“ steigt mit einem an eine Sirene erinnernden Black-Metal-Riff ein, sublimiert mit den für ALCEST typischen, überlagerten Gesängen. Der schönste Moment des Songs ist aber, wenn Gitarren die ausgelegten Spuren aufnehmen, alle Wogen glätten und für ein rundes Finale sorgen. Die japanischen Einflüsse des Vorgängers „Kodama“ wurden komplett abgelegt, Spuren davon blitzen lediglich im Song „Protection“ kurz auf. Was sicherlich daran liegt, dass das der erste Song war, der für das neue Album geschrieben wurde. Bemerkenswert ist hier aber eher das typische, intensive Wechselspiel von Neige und Schlagzeuger Winterhalter.

Deren Anteil wirkt jeweils wie eine Art Kampfansage an den anderen, was der Komposition schöne dynamische Schwingungen verpasst. Die Reise zum spirituellen Ich kommt selbstverständlich nicht ohne die beiden Pole Gut und Böse aus, weshalb ALCEST für die musikalische Umsetzung sozusagen unvermeidbar waren und auch die Sphinx auf dem Artwork schon auf diesen Gegensatz hindeutet.

Alcest-Bandfoto-2019
Alcest, 2019

ALCEST dichten wieder mit Musik

Man kommt bei einer Review über ALCEST aber auch schwer ohne emotionale Beschreibungen aus, genau das macht letztendlich die Magie der Musik der Franzosen aus. Besondere Tiefe erreicht Neige, wenn er statt verständlichen Texten auf melodische Laute umschwenkt. Hand in Hand mit dem entrückten Gitarren und dem schreitenden Takt entwickeln ALCEST in „Sapphire“ damit eine märchenhafte Schwerelosigkeit, die eben genau die Begriffe Instinkt und Spiritualität gut beschreiben. Mit „L’île des morts“ gehen ALCEST nicht nur einen Schritt weiter zurück zu ihren Wurzeln, es ist auch der beste Song von „Spiritual Instinct“. Black Metal und Shoegaze prallen hart aufeinander und stürzen die Komposition gemeinsam in die Tiefe, nur um sich dann wieder aufzurappeln, wieder Wut zu entfesseln und dann erschöpft zu erlöschen.

Der von Neige schon mehrfach selbst thematisierte Perfektionismus wird hier in bester Form hörbar. Das folgende, folkig inspirierte „Le miroir“ kann da nicht ganz mithalten und das abschließende „Spiritual Instinct“ kann dann allerdings besonders im Hinblick auf die Percussionleistung von Winterhalter beeindrucken.

Alleinstellungsmerkmal

Mit „Spritual Instinct“ ist ALCEST wieder ein einziges Crecendo gelungen. Es gibt keine konventionellen Hitmomente und ALCEST klangen wohl schon lange nicht mehr so auf den Punkt optimiert. Der diesmal komplett analoge Aufnahmeprozess sorgt für einen sehr natürlichen und nahen Sound. Vollkommen unironisch und unkitschig kann wohl aktuell sowie nur eine Band wie ALCEST einen so hoch gegriffenen Albumtitel tragen und inhaltlich ausfüllen. Fans sei dringend die Deluxe-Version empfohlen, die einen PERTUBATOR-Mix von „Sapphire“ und eine neue Version von „Protection“ von Ben Chisholm enthält. Wie das Album entstanden ist, könnt ihr in der entsprechenden Studiodokumentation sehen.

Dauer: 41:02
Label: Nuclear Blast
VÖ: 25.10.2019

Tracklist „Spiritual Instinct“ von ALCEST
Les jardins de minuit
Protection
Sapphire
L’île des morts
Le miroir
Spiritual Instinct

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