Harakiri For The Sky Maere

Harakiri For The Sky – Mære – Review

Die Post-Black-Metaller von HARAKIRI FOR THE SKY beanspruchen mit ihrem neuen, fünften Album „Mære“ satte 85 Minuten (ihrer und unserer) Zeit. Davon lässt sich im Hinblick auf die Kompositionen schon einiges ableiten. Nun kann man sicherlich Songs über zehn Minuten strecken, trotzdem emotional nichts aussagen und an den Hörer*innen ablaufen. Nicht so bei dieser Band. Es gelingt den Österreichern immer besser, wirklich tief zu graben und kleine Epen zu verfassen, die eingängig sind und trotzdem mehrere Ebenen bedienen.

Von der handwerklichen Qualität, die es bedarf, um so musizieren zu können, mal ganz abgesehen. Den drei Kerls von HARAKIRI FOR THE SKY ist mit „Mære“ ein kleines Meisterwerk gelungen. Black Metal ist sicher eine der wenigen Spielarten, die von den Stimmungen während der Pandemie atmosphärisch profitieren können.

HARAKIRI FOR THE SKY, 2021

Hohe Kompositionskunst

Mit einem Zusammenstoß von federleichten Gitarren und Blastbeats leiten HARAKIRI FOR THE SYK mit „I, Ballbearer“ in das neue Album „Mære“ ein. Das ist aber eigentlich einer der wenigen, erwartbaren Momente und im weiteren Verlauf zieht das Trio noch einige Joker. Weit weg vom üblichen Geballer und dem manchmal echt lieblos hingeklatschten Alibi-Softparts von anderen Truppen, schaffen HARAKIRI FOR THE SKY echte Abenteuer im Kopf. Sie schicken die Hörer*innen auf Reisen, zelebrieren jeden Moment und gestalten alle Songs abwechslungsreich. Drummer Kerin „Krimh“ Lechner (SEPTIC FLESH, live BEHEMOTH) hat einen enormen Anteil daran, dass HARAKIRI FOR THE SYK nicht klaustrophobisch klingen und somit nicht das Gefühl einer zugedrückten Kehle vermitteln. Was er bspw. in „Sing For The Damage We’ve Done (feat. Neige)” an Abwechslung anbietet, können sich viele Drummer der härteren Gangart zum Vorbild nehmen. Neige von ALCEST ist natürlich auch ein grandioser Featurepartner, der in diesem Fall seinen ganz persönlichen Stil einfließen lässt.

Die Zügel felsenfest in der Hand

„Us Against December Skies” lockt mit seiner hervorragenden Gitarrenarbeit garantiert auch Prog-Fans hinterm Ofen hervor. Beinahe schon improvisiert wirkende Momente bereichern den Sound enorm. Wenn der letzte Ton dieses achteinhalb minütigen Koloss verklungen ist, muss man erstmal tief durchschnaufen. Überwältigend! HARAKIRI FOR THE SKY beherrschen eben noch dominant die Szene, können aber schon wenige Sekunden später absolute Schwerelosigkeit produzieren. Felsenfest halten sie die Zügel in der Hand und wer sich darauf ein- und davon leiten lässt, wird belohnt. Abgesehen von der üblichen Besetzung mit Schlagzeug, Gitarre und Bass, gibt es auch noch hochwertige Klavierpassagen.

Und dass man instrumentale Parts sofort mitsummen möchte oder sofort nachdrücklich in Erinnerung behält, ist bei dem Genre mit dieser Ausprägung auch nicht üblich. Auch das stetig aufbäumende „Silver Needle // Golden Dawn (feat. Voice of GAEREA)” setzt sich nach dem ersten Durchgang hartnäckig fest, ein echter Hit und Kandidat für den Repeat-Knopf.

Ein Meisterwerk

Das Album schließt mit einem sehr gelungenen Cover von PLACEBOs „Song To Say Goodbye“ ab. HARAKIRI FOR THE SKY haben den Song komplett vereinnahmt, die Gefühle extrahiert und auf eigene Art neu interpretiert. Songs von anderen Bands aus anderen Genres zu covern, ist auch eine Tugend, die im Black Metal leider nicht so weit verbreitet ist.

Selbst wenn man sie nicht wirklich vergleichen kann, aber ich finde HARKIRI FOR THE SKY deutlich bestechender als bspw. DEAFHEAVEN. Auch über lange Distanzen verlieren sie nie den Faden, halten die Dynamik hoch und das Spielen mit unterschiedlichen Atmosphären ist immer stimmig und passend. Sie streifen andere Gernes, transferieren aber alles auf Black Metal und versinken nie in Belanglosigkeit. Stattdessen sparen sie jede unnötige Leere aus und nehmen aber auch nur Kurven und Abfahrten, die das Album ernsthaft bereichern. „Mære“ von HARAKIRI FOR THE SYK ist über jegliche Kritik erhaben, außer man mag wirklich so gar keinen Black Metal. Ansonsten ist das ohne Frage ein Meisterwerk und ja, ich wiederhole mich.

Dauer: 84:38
Label: AOP Records
VÖ: 19.02.2021

Tracklist „Mære“ von HARAKIRI FOR THE SKY
I, Pallbearer
Sing For The Damage We’ve Done (feat. Neige)
Us Against December Skies
I’m All About The Dusk
Three Empty Words
Once Upon A Winter (feat. Audrey Sylvain)
And Oceans Between Us
Silver Needle // Golden Dawn (feat. Voice of GAEREA)
Time Is A Ghost
Song To Say Goodbye (PLACEBO Cover)

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