Paradise Lost - Obsidian Artwork

Paradise Lost – Obsidian – Review

Die britische Doom-Death-Metal-Band PARADISE LOST veröffentlicht mit “Obsididan” ihr mittlerweile sechzehntes Album in 32 Jahren Bandgeschichte. Und das wirklich Bemerkenswerte daran ist, dass man das Album nicht aus Prinzip lieben und kaufen muss, sondern weil es tatsächlich überragend ist. Man kann nicht behaupten, dass die Band aus Halifax die Töne der Finsternis vollkommen neu und überraschend arrangieren würde. Und sie zitieren sich sicherlich oft selbst. Aber nicht, weil sie es müssen, sondern weil sie es können.

Eingespielter Trauermarsch

Der erste Song, das anschwellende “Darker Thoughts”, umschmeichelt uns vollkommen ohne Hast. Streicherharmonien und Nick Holms betörender Gesang ziehen uns gemeinschaftlich immer tiefer in die Schatten. Bassist Steve Edmondson setzt Note für Note einen schwarzen Bodennebel zusammen, während Väyrynen die Spannung mit seinem Schlagzeug Takt für Takt aufbaut. Und wie Gregor Mackintosh und Aaron Aedy die Emotionen über ihre Gitarren transferieren, ist schlicht und ergreifend einzigartig. PARADISE LOST ziehen ganz offensichtlich intern niemanden halbherzig mit und haben sich eindeutig, sicher auch über die Jahre nonverbal, auf eine Tonalität und ein Ziel geeinigt. Das folgende “Fall From Grace” singt einen bittersüßen Abgesang auf den Untergang, Nick Holmes schiebt uns mit seinem wechselseitigen Gesang gemächlich immer näher an den Abgrund.

Ein bisschen Hoffnung bleibt immer

“Ghost” katapultiert uns dann in die Achtzigerjahre, als tanzbarer Gothic-Rock noch Klasse hatte und auch das wuchtig sägende “Forsaken” ist beweglich und aktivierend. Grundsätzlich ist “Obisidian” nicht plattgewalzt von Gitarrenwänden. Das liegt zum einen am Sound und zum anderen an den offenen, kreativen Arbeit von Drummer Waltteri Väyrynen. Diese klangliche Offenheit verleiht PARADISE LOST noch mehr Selbstsicherheit und macht “Obsidian” dynamischer. Dass allseits mit der Band assoziierte Leiden, wirkt dadurch erhaben und wissend. Der Bandname PARADISE LOST schließt von jeher einen Funken Hoffnung mit ein. Denn um das Paradies verlieren zu können, muss es zumindest einmal existiert haben. Uns so klingt auch nicht alles auf “Obsidian” niederschmetternd oder per se nach Trübsal.

Die Melancholie im auffächernden “Ending Days” wirkt schon fast befreiend und das Gitarrensolo im Finale ist schlichtweg überragend. Die normale Albumversion endet mit dem träge, stampfenden “Ravenghast” und wie Tränen hingetupften Klaviertöne. Die Deluxe-Version ist allerdings hiermit empfohlen, denn damit erwirbt man noch den Gitarrenporno “Hear The Night” und das als Abschluss deutlich kraftvollere “Defiler”. Es lässt die HörerInnen weniger in die Tiefe gleitet und löst sich eher mithilfe von Gitarren sphärisch auf.

Guter Einstieg in den Kosmos von PARADISE LOST

Selbstredend kommt ein solches Album, das gleichermaßen vor Schwermut und Kraft strotzt, in diesen Zeiten genau richtig. Die Sonne kann noch so schön strahlen, aber die Tiefe von PARADISE LOST ist dieser Tage einnehmender denn je. “Obsidian” ist ein wahres Meisterwerk und eine wohltuende Klatsche für alle, die allem, was mit Gothic zu tun hat, skeptisch gegenüber stehen. Es geht ohne Kitsch, es geht ohne Uff-Uffz und PARADISE LOST haben das mal wieder bewiesen. Auch ohne jegliche Vorkenntnis der Diskografie, kann man dieses Album bedenkenlos kaufen und als ersten Eintauchversuch in den Kosmos von PARADISE LOST nutzen.

Dauer: 45:18
Label: Nuclear Blast
VÖ: 15.05.2020

Tracklist “Obsidian” von PARADISE LOST
Darker Thoughts
Fall From Grace
Ghosts
The Devil Embraced
Forsaken
Serenity
Ending Days
Hope Dies Young
Ravenghast

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