Run The Jewels RTJ 4

Run The Jewels – RTJ 4 – Review

Die Musikbranche zeigte sich am 02. Juni 2020 unter dem Hashtag #blackouttuesday solidarisch mit den berechtigten Aufständen gegen Polizeigewalt gegenüber PoC in Amerika. Das Hip-Hop-Duo RUN THE JEWELS nimmt dies sogar zum Anlass dazu, ihr Album „RTJ 4“ nicht im September, sondern sofort zu veröffentlichen. El-P und Killer Mike zeichnen sich von jeher durch inhaltsstarke Texte und Taten aus, setzten sich unter anderem für die erfolgreiche Wahl von Atlantas erster weiblicher schwarzer Oberbürgermeisterin Keisha Lance Bottoms ein. Doch so musikalisch überzeugend wie auf „RTJ 4“ klangen sie noch nie. Fast überflüssig zu erwähnen, dass mit Pharrell Williams, Mavis Staples, 2 Chainz und Zack de la Rocha hochkarätige Unterstützung an Bord ist.

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RUN THE JEWELS, Credits Tim Saccenti

„If you get bitter, you will never get better“

„Grown Men Rap“ nennen RUN THE JEWELS die düsteren Flächen, auf denen sie sich gegenseitig mit Reimketten ablösen. Jugendfrei sind ihre Texte sicherlich nicht. Das Duo ist nicht auf die große Pointe aus, selbst wenn sie immer wieder von bekannten Künstlern flankiert werden, mehrfach ausgezeichnet und sich natürlich über großes, positive Feedback freuen dürfen. Und auch wenn man kein Wort versteht oder manche Zusammenhänge nicht eindeutig herleitet, dann sind RUN THE JEWELS schon pur musikalisch sehr überzeugend und mitreißend. Das leiernde Klavier in „Ooh LA LA (feat. Greg Nice & DJ Premier)“ ist noch nicht einmal durchgelaufen, da hat es sich der Song schon im Ohrwurmzentrum bequem gemacht.

Was können Worte ändern?

RUN THE JEWELS nehmen mit dem stetig ausscherenden und böse brummenden „Walking in the Snow“ und „JU$T (feat. Pharrell Williams & Zack de la Rocha)“ konkret Bezug auf den Todesfall von George Floyd. Solidarität, wichtig und gut. Aber kein weißer Mensch weiß, was es bedeutet wegen seiner Hautfarbe diskriminiert und abgewertet zu werden. Das ist auch nicht die Aufgabe. Es geht darum sich zu informieren und rassismuskritisch denken zu zu lernen, jeden Tag. Ein smarter Post bei Instagram oder Apathy gegen Empathie auszutauschen reicht leider nicht, um langfristig etwas zu ändern.

Oder um es mit den Worten von RUN THE JEWELS zu sagen: „I promise, they coming for you, after they coming for me“. Auch „JU$T (feat. Pharrell Williams & Zack de la Rocha)“ gelingt es schonungslos zu verdeutlichen, dass jegliches Ausgrenzen sofort zu unterbinden ist, da Faschismus keine Grenzen kennt und immer weiter eingrenzt und abwertet. Sklaven der Wirtschaft und des Konsums sind wir sowieso schon alle, allein die Stimme von Zack de la Rocha sollte bei einigen den alten Kampfgeist wecken.

Und die Frage, ob Worte etwas bewegen können, erübrigt sich bei Aussagen von El-P wie: „It’s the only weapon i’m truly trained in and i’m grateful to have it.“ Wenn man bedenkt, dass RUN THE JEWELS nach eigenen Angaben die Inspirationen für ihre Texte in erster Linie bei gemeinsamen Exzessen haben, ist die Klarheit ihrer Worte umso beeindruckender. Selbst wenn ein gewisser Wortwitz gegeben ist, dann weiß man doch immer, worauf RUN THE JEWELS hinaus möchten.

Rundes Ding mit Bums

Im abschließenden, stetig anschwellenden „A Few Words for the Firing Squad (Radiation)“ hängen RUN THE JEWELS offenbar schwerelos im luftleeren Raum. Alles wirkt wie ein einziges Antäuschen vor dem großen Gong. Stattdessen gibt es aber ein sich dramatisch ergießendes Streicherarrangement, gemeinsam eskalierend mit Saxofon und Percussion. Nur um dann die Schleife zum Anfang von „RTJ 4“ zu schlagen. 2021 werden RUN THE JEWELS die legendären RAGE AGAINST THE MACHINE auf ihrer ausgedehnten Tour begleiten. Schaut sie euch an, lohnt sich!

Dauer: 38:57
Label: BMG
VÖ: 03.06.2020 digital, physisch im September 2020

Tracklist „RTJ 4“ von RUN THE JEWELS
Yankee and the Brave (ep. 4)
Ooh LA LA (feat. Greg Nice & DJ Premier)
Out of Site (feat. 2 Chainz)
Holy Calamafuck
Goonies vs. E.T.
Walking in the Snow
JU$T (feat. Pharrell Williams & Zack de la Rocha)
Never Look Back
The Ground Below
Pulling the Pin (feat. Mavis Staples & Josh Homme)
A Few Words for the Firing Squad (Radiation)

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