Lyrico – Reservoir Dogs – Review
LYRICO gilt als der netteste und lustigste BattleRapper der Szene. Und wer so gar keinen Plan von der harten Sprechkampfkunst hat, wird trotzdem schnell checken, dass die Stimme des Dortmunder sehr markant ist (DENDEMANN, hust) und sein Album „Reservoir Dogs“ eigentlich ganz oben mitspielen könnte. Smarte Beats, eine bemerkenswerte Bandbreite was die Beats und Stimmungen angeht, da liefern so manche, die uns als stark in den Charts präsentiert werden, deutlich schlechter ab.
Wenn LYRICO nur nicht so verdammt Underground wäre… Spaß, genau das ist ja das Geile daran. Man muss kein Fan von DLTLLY sein, aber es ist hilfreich, um Songs über andere BattleRapper*innen und Referenzen wie das berühmte Fotzenhaar einordnen zu können. Wie das die Netten so machen, hat LYRICO eine Menge seiner Kollegen eingeladen und entsprechend ihres Charakters besetzt.
Zur Belustigung von Hinz und Kunz
„Oh My God“ groovt explizit, geht aber sofort geschmeidig ins Ohr. Beim BattleRap kann mit Aggressivität oder Intelligenz überzeugen, unterm Strich sitzt ein schwarzer Witz dementsprechend am besten und davon gibt es in diesem Track reichlich. Mit dem breitbeinigen „Headlines“ macht sich LYRICO Luft darüber, was hier und dort über ihn veröffentlicht, hinter seinem Rücken getuschelt oder hektisch zwischen Müll raustragen und Chips auf dem Sofa fressen in irgendwelche Foren getippt wird. Unterstützt wird er von Jotti und DuFF, das Battle mit Letzterem gehört zu einem seiner stärkten Auftritte.
Hahaha, Witz gemacht…
“Round for round” enthält Samples vom brüllenden Chief und natürlich liegt es nahe das Motto “Runde für Runde” auf das komplette Leben zu übertragen. Es geht immer darum zu übernehmen, sich zu behaupten und weiter durchzubeißen. Und genau wie beim BattleRap geht es im Leben nicht immer darum, wer die stärksten Lines geschrieben hat, sondern wer es am besten vermittelt und die entsprechende Attitüde dazu hat. Die Auswendiglerner*innen und den Lehrern-die-schmuddelige-Ledertasche-Trager*innen von früher sind heute auch nicht unbedingt weiter oben. Mit dem leicht disharmonisch, schunkelnden „Wo soll ich unterschreiben“ skizziert LYRICO die verschiedenen Stadien von Erfolg. Auf Megalomanie und sackweise Kohle, folgen Leere, falsche Freunde und das Verpassen von unwiederbringlichen Momenten von tatsächlichem Wert.
Die Anstalt nimmt sich Freigang
Richtig unterhaltsam und auch deutlich schneller ist „Wir gehen raus“ feat. INDOOR STAN, YARAMBO und T-WAY. Die Vier machen sich selbst zur gewissenlosen Psycho-Crew ohne Gewissen, die die Anstalt in Flammen legt und durch die Nacht wildert. Nett alleine reicht nicht aus, aber LYRICO und Kollegen haben auch was zu bieten. Da hier null auf Charts geschielt wurde, gibt es auch einfach mal pralle 57 Minuten, 15 Songs und insgesamt 26 MCs, wenn das kein gutes Angebot ist. Gönnt euch einfach mal „Reservoir Dogs“ von LYRICO und schmeißt mal die etablierten, aber teils echt einfallslosen, Chart-Ottos aus der Anlage.
Dauer: 57:23
Label: Krupplyn
VÖ: 30.10.2020
Tracklist „Reservoir Dogs“ von LYRICO
Reservoir Dogs Intro
Wenn der Kreis sich schließt (feat. Craze & BX)
Oh my God (feat. Onkel Oktomusch)
Headlines (feat. Jotti & DuFF)
Zu viel Arbeit (feat. Buddi)
Round for Round (feat. Proton & Notyzze)
Downer (feat. Falk & Khacoby)
Rapper fronten (feat. Bauda & Pablo)
Wo soll ich unterschreiben (feat. Brian Damage)
Kalt (feat. Nedal Nib)
Nachts (feat. Cris Kotzen)
Gut (feat. Proton, Bauda & Fabiga)
Auftragskiller (feat. Tierstar & Davie Jones)
Wir gehen heute raus (feat. Indoor Stan, Yarambo & T-Way)
Picassogemälde (feat. JollyJay)
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