Lest die Review zu "Teal" von LO SEAL bei krachfink.de

Lo Seal – Teal – Review

Ist es eigentlich per se ein Kompliment, wenn man der deutschen Post-Punkband LO SEAL mit ihrem Album „Teal“ eine gewisse Ähnlichkeit zu britischen Undergroundbands mit Noise-Kante bescheinigt? Auf dem Cover der MC, gemacht von Nema Frke, prangt eine Ente und mit Songtiteln wie „Erika“ und „Stefan“ haben sich LO SEAL ja nicht gerade darum gerissen.

Doch das ultradüstere, fiebrig nach vorne getrieben und ohne Vorwarnung stoppende Soundgebräu erinnert einfach an die vorpreschenden NEGATIVE SPACE, JOOLS, DITZ, alte IDLES und JOHN. Tendenzen zu den Anfängen von DIE NERVEN oder DIE!DIE!DIE! verwirren jetzt vielleicht vollends, dürfen aber auch nicht unterschlagen werden.

„Wird nur für mich und ein paar andere Spinner sein…“

„Teal“ ist eines dieser Alben, das mit hoher Wahrscheinlichkeit die Grenzen gewisser Kreise nicht überschreiten wird. Gerade die Tatsache, dass LO SEAL so kreativ und aber auch kompromisslos destruktiv sind, macht sie besonders. Und wahrscheinlich schwer vermittelbar. Wenn Songs wie „MES“ instrumental nach vorne stürmen, fragt niemand nach einem nachvollziehbaren Aufbau, Anfang oder Ziel. Es geht um den repetitiven Moment und dieses Gefühl verschwitzt tanzend in einer Art Schleife zu hängen. Oder wie LO SEAL in „Erika“ zynisch singen: „…repetition solves everything…“.

Zersplitterte Kreativität

Nicht selten splittern sich LO SEAL komplett auf, beide scheinen ihren einen Sound zu fahren, trotzdem wirkt jede Komposition stimmig, wenn auch wenig abgestimmt und kaum angepasst. „Stefan“ hat etwas von einem Fiebertraum, mehrere Realitäten überlagern sich, LO SEAL ziehen komplett unverhältnismäßig den Takt an und setzen die Hörerinnen und Hörer urplötzlich extrem unter Druck. Auf der zweiten Seite der MC legen LO SEAL eine beeindruckende Evolution hin, werfen uns einen abgenagten und verschlafen wirkenden Hit vor die Füße, den man ihnen so gar nicht zugetraut hätte.

Die Gitarren vertonen den an die Scheiben klatschenden Regen eher als Gefahr und generell spielt die Band hier mit einem Wechselbad, da uns vom harmonischen Pop-Becken hinterhältig in das noisige Kalt-Becken schubst. Das fein perlende, aber im Unterton bedrohlich wirkende, „Heimskr“ zieht uns nah heran und stößt uns weg. Also Gegensätze, das können LO SEAL.

Here comes the Duckness

Aufgenommen wurde im Bear Cave Studio, mal wieder eine tolle Produktion, die Details schön darstellt, aber ausreichend Dreck belässt und der Platte eine herrliche Düsternis bewahrt. Es gibt Momente mit Refrains, die man mitsingen kann, aber es sind eher die stoßenden Gitarren- und Schlagzeugattacken, die die Platte ausmachen. Der Gesang wirkt oft an dynamischer Brandbeschleuniger, oder eben als überspitzt fragende oder anklagende Instanz.

„Teal“ von LO SEAL ist eine echte Überraschung, danke an Mörtel Sounds fürs immer wieder inspirieren. Ich kann nur erneut an die Musikfans da draußen appellieren, auch abseits von Instafollowern und Verkaufszahlen die Augen und Ohren offenzuhalten. Sonst verpasst ihr so tolle Bands wie LO SEAL.

Dauer: 29:34
Label: Mörtel Sounds
VÖ: 24.07.2022

Tracklist „Teal“ von LO SEAL
The Slide
MES
Erika
Nick
Stefan
Velodrome
Platypus
Heimskr
Warrison
Görhan
Tarrou

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