Summer And The Giantess Artwork

Summer & The Giantess – s/t – Review

Abgesehen davon, dass das erste Album “s/t” von SUMMER & THE GIANTESS musikalisch auf ganzer Linie überzeugt, ist es auch eine weitere Glanzleistung des Berliner Produzenten Moses Schneider. Und auch ein bisschen meines Gehörs, denn der Opener “Windowpain” kam mir mit seinem intuitiven Klang und seiner Impulsivität sofort „verdächtig“ vor. Das ist doch auf jeden Fall live aufgenommen, was für ein erstes Album enorm mutig ist, das klingt nach Schneider!?

Und ja, er durfte, gemeinsam mit Linda Gerdes in den Cloud Hills Studios, an die Kunst des Hamburger Trios Hand anlegen. SUMMER & THE GIANTESS finden auf “s/t” ihre eigene Schnittmenge aus Wave, Dark Indie, Psychedelic Rock und einer Prise Shoegaze. Das ist besonders, das sollte man sich auf jeden Fall anhören.

SUMMER & THE GIANTESS 2021, Foto von Andreas Hornoff

I want to be, I want to feel alive

Abgesehen von dem großen kompositorischen Geschick und der dargebotenen Vielfalt, ist es sehr erfrischend endlich mal wieder etwas fernab dem zu hören, was eben alle machen. Das Trio wird für den Mut belohnt, denn in “Goliath” spürt man richtige Clubatmosphäre. Die Band stoppt den Song ab, dreht das Tempo, lässt den Bass bedrohlich aus der Dunkelheit auf uns zu wanken und erschafft dadurch einen ganz besonderen Moment. Das weicht tatsächlich stark von dem ab, was man sonst so auf die Ohren bekommt.

Und zwar nicht, weil es technisch super anspruchsvoll wäre oder klanglich extrem überraschend. Nein, eher weil das eine Quäntchen mehr Echtheit auf der Platte zu spüren ist, denn in dieser Aufnahmesituation kann man schlecht faken. Das komplette Album ist von einer dichten Düsternis überlagert, schon fast vernebelt.

Sängerin und Gitarristin Sabi bietet mit ihrem Gesang quasi den leuchtenden Anker, die notwendige Stütze. Ihr Gesang wird häufig als soulig beschrieben und erinnert mich an FLORENCE AND THE MACHINE oder CLAIRY BROWNE & THE BROWNE BANGIN’ RACKETTES, sie deckt eine breite Range ab und singt sehr gefühlvoll. Dabei tritt sie häufig aus sich selbst heraus, wird eins mit der Musik und wandelt anfängliche Unsicherheiten innerhalb eines Songs zu wahrer Stärke (“Youth Dies In Darkness”).

God is dead, but I’m still alive

Bassist Hans und Drummer Flo setzen Akzente, die häufig als wichtige Leitplanken fungieren. Denn trotz aller Zugänglichkeit und vielen nachhaltigen Momenten, vermitteln die Songs von SUMMER & THE GIANTESS vorrangig das Gefühl des Umzingeltseins. Der Kosmos Band schließt sich um die Hörer*innen herum, das sind keine snackbaren Gassenhauer zum Nebenbeihören. Dass Musik den kompletten Raum ausfüllt und sich in jede Ritze zu ergießen scheint, sowas kriegen nicht viele Bands hin und schon gar nicht beim ersten Aufschlag. Inhaltlich bezieht die Band Stellung zu gesellschaftlichen Themen, wie dem Gefühl des Stillstandes und der Ohnmacht, dem Recht der (vermeintlich) Stärkeren und die Angst vor Vergänglichkeit, verpackt sie allerdings in persönliche Geschichten.

“The Peak” scheint von Nadelstichen unterlegt zu sein, die symbolisch für die unzähligen Begegnungen der Sängerin mit dominanten, misogynen Verhaltensweisen stehen. Dass sie dabei nicht laut und angriffslustig wütend vorgeht, sondern in ihr Inneres blicken lässt, macht die Botschaft umso nachvollziehbarer. Ein tolles Debüt, über das ich mich sehr gefreut habe und das mir den Ausblick auf die kommenden, dunkleren Tage etwas versüßt hat.

Dauer: 35:05
Label: Eigenproduktion
VÖ: 10.09.2021

Tracklist “s/t” von SUMMER & THE GIANTESS
Windowpain
Goliath
Youth Dies in Darkness
The Peak
Dead Sea
Goddess Dead
Rubicon
Wutbürger
Invisible Hands

Alben, die Dir gefallen könnten:
Podcast Folge 44 mit SUMMER AND THE GIANTESS zu “s/t”
ELENA STERI – Chaotic Energy
BLINKER veröffentlicht Video zu “True Crime”
VIOLENT SOHO – Everything Is A-Ok
PRESS CLUB – Wasted Energy
SWAIN – Negative Space
CUFFED UP – Asymmetry (EP)
PABST – Chlorine
LYSCHKO live Press-Play-Show am 20.03.2021
MOURN – Sopresa Familia
GUMMO – Pessimist Forever
CHASTITY – Home Made Satan
CHASTITY – Death Lust
BRKN LOVE – s/t
NAKED SIX – Lost Art Of Conversation
FIBEL – Avatar (EP)
PLEIL – Die Spur des Kalenders
MAFFAI – Zen

SUMMER & THE GIANTESS bei Facebook

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert