Fibel Avatar EP

Fibel – Avatar (EP) – Review

Drei Jahre nach ihrer letzten Veröffentlichung wagt sich die Indie-Wave-Punkband FIBEL – wenn es denn unbedingt eine Genre-Schublade sein muss – nun mit der neuen EP “Avatar” in die Menge. Die Vorabsingles waren schon vielversprechend und auch der Rest kann da locker mithalten. Die Band kriegt mich immer ziemlich schnell, der melancholische Unterton ist bezirzend und sehr packend. Ganz kurz denkt man beim Entree von “Odyssee” an TURBOSTAAT oder SCHIMMERLING, aber FIBEL haben ihre ganz eigene Art.

FIBEL, 2021 Foto von Lea Bräuer

Sie bauen ihre lyrischen Luftschlösser viel größer, viel bunter und schmücken sie deutlich pompöser aus. Tanzen als Ausdrucksform, tanzen als Befreiungsschlag und tanzen, um zu vergessen und komplett in den Augenblick zu fallen. Solche Momente können FIBEL scheinbar mühelos erschaffen. Gleichzeitig reiten sie diese Spitzen aber nicht tot und verweigern sich dem offensichtlichen Zucker, nach dem die Publikumsaffen gieren. “Winter” scheint Leinen zu lösen, setzt Sehnsüchte frei und geht direkt ans emotional Eingemachte. Der hier besungene Sommer hat eine bittere Note. Ähnlich wie damals POHLMANN mit “Wenn jetzt Sommer wär‘”, betrachten FIBEL die Jahreszeit aus Distanz, belegt mit Erinnerungen und Hoffnung.

Wer kann die Zukunft ändern?

Trotz jahrzehntelanger Erfahrung mit kryptischen und philosophischen Texten, muss ich bei FIBEL immer mehrfach darüber nachdenken, was gemeint sein könnte. Dabei setzt die Band mitnichten auf Fremdwörter und textet eigentlich mit einfachen Wörtern. Man kann die Musik der Mannheimer, mittlerweile Berliner, Band natürlich auch einfach so auf sich wirken lassen, die Refrains mitsingen und alles eher sensitiv verarbeiten. Es lohnt sich aber sehr, sich auch wirklich inhaltlich mit den Texten auseinanderzusetzen, die uns Jonas Pentzek vorträgt. “Ich war bei Gott, dass ich mich nicht erinner‘…” oder “Ich bin wie ein Foto in der Dunkelkammer…” , was sind das bitte für schöne und inhaltsstarke Zeilen, auf denen man gedanklich herumkauen kann?

Doch es sind nicht nur einzelne Zeilen, die man sich gerne für immer merken möchte. FIBEL erzählen Geschichten und heben die Konflikte auf interessante Ebenen. “Ufo” setzt sich mit dem Gefühl aus, anders zu sein, nicht auf diesem Planeten und manchmal einfach mit dem Kopf in den Wolken. Wer hat den Anspruch auf Wahrhaftigkeit und von welcher Realität sprechen wir eigentlich genau? Dabei sich FIBEL selten auf eine Seite, bringen immer Verständnis und Perspektiven für unterschiedliche Sichtweisen ein.

Ein bisschen Pink im kalten Grau

Besonders hervorzuheben ist auch Drummer Noah Fürbringer, der auf der EP “Avatar” deutlich mehr anbietet, als es notwendig gewesen wäre. Damit führt er die Kompositionen ganz eindeutig und unmissverständlich weg von durchschnittlichem Indie-Pop, macht alles beweglicher und dynamischer (“Zukunft”). FIBEL sind ein gutes Beispiel dafür, dass Pop nicht zwangsläufig eindimensional oder peinlich schmachtend sein muss. Das Artwork fasst genau zusammen, wie ich diese Band wahrnehme. Fokussiert, klar und ein Pünktchen Pink im grauen, kalkulierten Grau.

Dauer: 22:48
Label: Bube Dame König Artist
VÖ: 30.07.20201

Tracklist “Avatar” von FIBEL
Avatar
Odyssee
Ufo
Winter
Zukunft

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