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Thees Uhlmann – Junkies und Scientologen – Review

Der Promozug zu „Junkies und Scientologen“ von THEES UHLMANN ist schon längst durchgefahren. Ein bisschen bekommt man den Eindruck, dass sich die ganzen Interviews ausschließlich um seine Person und weniger um seine Musik drehen. Raum für Interpretationen bleibt da leider nicht mehr viel. Das liegt daran, dass THEES UHLMANN ein grandioser Geschichtenerzähler ist, obwohl er unterm Strich einfach nur einen weiteren Filter namens Realität über seine Inhalte legt.

Ein Filter, der doch eigentlich jedem von uns zur Verfügung steht. Gerade deshalb nimmt man alles wörtlich und es gelingt einem nur schwer, die Texte von Uhlmann als Person zu trennen. Dabei beherrscht THEES UHLMANN gerade die musikalische Inszenierung auf diesem Album besonders gut.

Erste Hälfte Hits…

„Junkies und Scientologen“ würde natürlich rein instrumental nicht funktionieren, was aber sicher auch nicht der Anspruch war. Einen von Gitarren angetriebenen Rocksongs als anerkennenden Nachruf für den schwedischen DJ „Avicii“, das ist eine der vielen zusätzlichen Ebenen, die uns angeboten werden. THEES UHLMANN bringt auf „Junkies und Scientologen“ Fiktion und Realität zusammen, liefert eine einzige Ode an den Widerspruch und die prallen Gegensätze ab. „Danke für die Angst“ verweist uns an Stephen King, den wir mindestens seit der Netflix-Serie „Stranger Things“ alle wieder für uns entdeckt haben.

Und THEES UHLMANN scheißt dreifach auf das ungeschriebene Gesetz, dass so konkrete popkulturelle Referenzen im Rock eigentlich nichts verloren haben. Er verewigt die eben genannte Serie genauso selbstverständlich auf seinem Album, wie große Drogerieketten, Plattenfirmen, Fußballvereine und einen Haufen Leute, die uns unbekannt sind und bleiben.

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Thees Uhlmann live, Foto von Ingo Pertramer

… dann geht’s an das Eingemachte

Die zweite Hälfte springt dem Hörer weniger ins Gesicht und fordert mehr Eigenleistung. THEES UHLMANN nimmt uns mit in seine kleine Küche. Ein Trip in die Nächte, in denen man betrunken in Emotionen versinkt und Erkenntnisse gewinnt. Erkenntnisse, die für den Moment trösten und am nächsten Moment nichtig oder sogar albern wirken können. Aber zurück zur Musik, die eben nicht nur Staffage zum Erzählertum von THEES UHLMANN ist. Das merkt man am angenehm entschleunigenden Takt von „Was wird aus Hannover“ und dem Schleusen öffnenden Refrain. Oder an der herrlich nordischen Wehmut, die man in „100.000 Songs“ beinahe überhört, die aber Rock gekonnt mit schunkelndem Lullaby kreuzt.

Der groß angelegte Titelsong ist ein hoffnungsvoller Song, der sich von eben beschriebenen, berauschte Glückseligkeit aber mühelos auch auf die Nüchternheit übertragen lässt. Eine einzige Abhandlung und eigentlich willkürlich wirkende Aufzählung dessen, was THEES UHLMANN aktuell so bewegt, kumuliert zum dringenden Wunsch nach Verbundenheit. Verbundenheit von gestern, heute und morgen. Verbundenheit zwischen Menschen und das Überbrücken von Hürden. Zwangsläufig resultierend in die Frage, was man selbst dazu beitragen könnte. „Junkies und Scientologen“ ist ein einziges Anstoßen von Denkprozessen, das macht es letztendlich für mich aus.

Dauer: 1:17:47
Label: Grand Hotel Van Cleef / Indigo
VÖ: 20.09.2019

Tracklist „Junkies und Scientologen“ von THEES UHLMANN
Fünf Jahre nicht gesungen
Danke für die Angst
Avicii
Was wird aus Hannover
100.000 Songs
Ich bin der Fahrer, der die Frauen nach HipHop Videodrehs nach Hause fährt
Junkies und Scientologen
Katy Grayson Perry
Menschen ohne Angst wissen nicht, wie man singt
Ein Satellit sendet leise
Die Welt ist unser Feld
Immer wenn ich an dich denke, stirbt etwas in mir

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