
Viagra Boys – Viagr Aboys – Review
Die f*ing VIAGRA BOYS sind mit „Viagr Aboys“ zurück und noch nie leisteten sich die Schweden einen so obszönen Einstieg. Während der Post-Punk wieder in moderate Bahnen geraten ist, waren die zügellosen Jazz-Eskapaden auf „Welfare Jazz“ leider nur ein Ausreißer, wird die Band inhaltlich immer zynischer und bissiger. Unterm Strich darf man sich also auf unverschämte, eingängige Hymnen freuen, so nachhaltig klangen VIAGRA BOYS bisher nicht. Die offensichtlichen Hits finden sich auf dem Vorgängeralbum „Cave World“, aber unterm Strich bleibt dieses Mal doch mehr hängen, und die Platte lebt von einem bezwingenden Flow. LØS steht auf der stilisierten Gummipuppe auf dem Cover, das bedeutet frei, locker oder lösen auf Schwedisch, genau das scheint die Band getan zu haben.

Alle schön ruhig gestellt?
Veröffentlicht haben VIAGRA BOYS ihre beinahe selbstbetitelte Platte „Viagr Aboys“ über das eigene Label Shrimptech Enterprises, eine konsequente Entscheidung, die ihre inhaltlichen Aussagen stützt und zukünftig auch andere Bands unterstützen soll. Als Konter auf die Ruhigstellung der Gesellschaft dreht sich dieses Mal ziemlich viel um Essen, Abhängen, Ignorieren und deshalb zum Stillstand oder zur Regression beitragen. VIAGRA BOYS stellen sich selbstredend auf die Seite der Loser, verpassen ihnen Lieder mit lässigem Groove, die das Scheitern zumindest etwas sexy wirken lassen. Oder eben einen mantrischen Klangtrip wie in „Best In Show Pt.IV“, der von garstigem Spoken Word und scheinbar endlosem Basslauf gedrehten Dauerschleife. „The Bog Body“ springt einen mit seinen typischen Trademarks wohl am schnellsten an, hätte aber eigentlich auf jedem bisherigen Album von VIAGRA BOYS stattfinden können und weist musikalisches nichts Neues auf.
Einmal Kunst zum Wegwerfen
Zentrales Thema von „Viagr Aboys“ ist allerdings das Verschleudern und Vernachlässigen von Kunst und Kunstschaffenden. Und selbst wenn „Cave World“ auf Anhieb tiefgründiger wirkt, sich mit Impfgegnern und Verschwörungstheorien auseinandergesetzt hat, kokettiert Murphy, wenn er über die neue Platte sagt: „Die ganze politische Sache war anstrengend. Das hier ist wie ein selbstbetiteltes Album, nur ein bisschen einfacher und dümmer – weil ich so bin.“ Eindeutig fishing for compliments, denn diese Kritik wird langlebiger sein und durch die lockerere Vortragsweise auch tiefer einsickern.
Songs über große Fernseher und kleine Sofas
„Medicine For Horses“ handclapt sich lässig nach vorne, das Saxofon flankiert das Lament von Murphy über den bewussten Abschied von einer vermeintlich guten Zeit. Ein letztes Aufflackern und eine traurige Hinterlassenschaft, an die die bleiben oder kommen. Wie bereits erwähnt, ist das nicht hitverdächtig. Aber es sind genau diese Momente, in denen VIAGRA BOYS wirklich tief blicken lassen und ihre Songs unsterblich machen. „Waterboy“, die Draufsicht auf kleindimensionales Leben, in dem alles durchschnittlich schief läuft, funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip. Auch der Dub-Vibe von „Store Policy“ überzeugt vom Fleck weg mit seinem steten Bass – für die Radioplaylist ist auch der nicht geeignet.
Wieder mehr Stacheln und Splitter
Die abschließende Klavierballade „River King“ wirkt beinahe wie ein one take, die Bläser lullen uns ein und in Kombination mit dem Geschirrklappern als Beiwerk eine Kaffeehaus-Szene entsteht eine schräge, aber mordsmäßig ergreifende Atmosphäre. VIAGRA BOYS machen also auf dieser Platte genau das, was man sich von ihnen wünscht: Sie lassen die Stacheln und Splitter stehen, schleifen und zupfen nicht zugunsten von Erfolg.
Dauer: 31:12
Label: Shrimptech Enterprises
VÖ: 25.04.2025
Tracklist „Viagr Aboys“ von VIAGRA BOYS
Man Made of Meat
The Bog Body
Uno II
Pyramid of Health
Dirty Boyz
Medicine for Horses
Waterboy
Store Policy
You N33d Me
Best in Show Pt.IV
River King
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