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Dirk Gieselmann über Pearl Jam oder Du sollst keine gute Laune haben – Review

Der Journalist und Autor Dirk Gieselmann schreibt im Rahmen der KiWi-Musikbibliothek über seine Begegnung mit der Musik der amerikanischen Grunge-Band PEARL JAM. Während andere Bücher der beliebten Reihe häufig neue Fakten oder sogar Berichte von persönlichen Begegnungen mit der Band selbst enthalten, rekapituliert Gieselmann seine Adoleszenz, lang gehangelt an der Musik von PEARL JAM und dem damit verbundenen Drang nach Losreißen und Freisein. Im Rückspiegel schimmert auch eine Träne, denn Gieselmann formuliert herrlich treffende Sätze über die Vergänglichkeit, den Verlust der Jugend und der bitteren Erkenntnis, dass uns das Alter alle irgendwann einholt. Damals erschien das unmöglich, oder wie Gieselmann schreibt: “Wie kann man nur so jung sein!

Bittere Nostalgie über Perlenmarmelade

Wie wohl bei den meisten damals, bekam Dirk Gieselmann Zugang zu PEARL JAM über Gleichaltrige in seinem Umfeld, in seinem Fall einen Typ mit einem Bandshirt von eben genau dieser „Perlenmarmelade“. Davon angefixt begibt sich Gieselmann ohne Verzug in den nächsten Musikladen, um sich die CD zu besorgen. Wer in den Neunzigerjahren dabei war, wird die Nostalgie in seinen Schilderungen nachvollziehen können. Entgegen der heutigen Verfügbarkeit – und leider auch damit verbundenen Beliebigkeit – von Musik, war es damals ein richtiges Abenteuer, wenn man neue Schätze erstanden hat. Der Mangel an Taschengeld führte dazu, dass man die Platten dementsprechend anders wertschätzte, deutlich häufiger spielen musste und so auch manchmal erst nach einigen Wochen deren Magie für sich entdeckte. Die Zeile „One upon a time, I can love myself“ aus dem Opener „Once“ der Kultplatte „Ten“ von PEARL JAM aus 1991, gab Gieselmann auch wilde Denkanstöße.

Grunge war für ihn weitaus mehr als zerlöcherte Jeans, zu große Karohemden und dann für dieses Outfit als “Heckenpenner” betitelt zu werden. Es war sein Soundtrack als (selbst ernannter und fest entschlossener) Außenseiter und die Lizenz zum traurig bleiben.

Doch ein echter Grunge zu werden, war für Gieselmann dann doch gar nicht so einfach. Was PEARL JAM ihm die Zeitschriften, den Interviews im Musikfernsehen, auf der Bühne und in den Videoclips vorlebten, passte nicht so ganz zu seinem eigenen, behüteten Elternhaus und dem Rest der Gemeinschaft auf dem Dorf. Wir sind hier nicht in Seattle, Dirk! In dem Buch erfährt man also eigentlich mehr über seine Gedanken und sein Umfeld, was die Musik von PEARL JAM in ihm ausgelöst hat und auf welchen Weg in das letztendlich gelenkt hat.

Was macht die Musik mit dir?

Am Anfang und am Ende nimmt er uns noch mit in die Gegenwart. Wir begleiten ihn bei dem Versuch, noch einmal so cool zu sein, wie früher. Oder eben auch einfach mal eine verdammte Platte am Stück durchzuhören. Er nimmt Kontakt zu alten Freunden auf und berichtet davon, was aus Bernd geworden ist, durch dessen Shirt Dirk damals auf PEARL JAM aufmerksam wurde.

Die Sprache von Gieselmann ist angenehm sanft, seine teilweise intimen Gedanken verpackt er stilvoll und in keiner Sekunde kitschig oder gar die Rückschau verherrlichend. Er nimmt mit seinem Beitrag für die KiWi-Musikbibliothek einen interessanten Faden auf und schreibt darüber, wie Musik einen Menschen verändern und inspirieren kann. Mehrfach stellt sich Gieselmann die Frage, was wohl gewesen wäre, wenn er doch einfach weiterhin ausschließlich Fan von Phil Collins geblieben wäre. Ein interessanter Gedanke, den sich jetzt alle Leser und Leserinnen dieser Review mal in Bezug auf ihre eigene(n) Lieblingsband stellen könnten.

Auch alle, die keine Fans von PEARL JAM sind, werden an dieser Zeitreise von Dirk Gieselmann Spaß finden können. Die komplette KiWi-Musikbibliothek ist sowieso ein wahrer Schatz für alle, die Musik nicht nur konsumieren, sondern fühlen.

Seiten: 144
Verlag: KiWi-Taschenbuch
ISBN-10: 3462053914
ISBN-13: 978-3462053913
VÖ: 02.11.2023

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