Interview mit Michel von Hal Johnson zum Album „Seasons“
Bedingt durch den Lockdown hält man sich aktuell mehr in der Natur auf und nimmt den Jahreszeitenwechsel von Frühling auf Sommer wohl so intensiv wahr, wie kaum zuvor. HAL JOHNSON sind eine frische Band aus Münster, die melodischen Punkrock spielen und sich auf ihrem ersten Album „Seasons“ dem ewigen Wandel des Lebens widmen. Michel von HAL JOHNSON war so nett und beantwortet Fragen zum Album, zur Bandgründung, zum Vibe in Münster und zur musikalischen Sozialisation.
Wer ist bei HAL JOHNSON dabei, woher kennt ihr euch und wie seid ihr als Band zusammengekommen?
HAL JOHNSON sind Max, Dave, Felix und ich, Michel. Wir kannten uns alle schon vor Bandgründung durch einen gemeinsamen Freundeskreis, in dem wir schon immer viel zusammen auf Konzerte, Festivals und Partys gegangen sind. Felix und ich sind auch zusammen zur Schule gegangen. Außerdem haben Max und Felix vor HAL JOHNSON schon zusammen in der Hardcore-Band UNDER HOODS gespielt. Dave und ich haben hin und wieder bei Felix´ anderer Band SNARESET ausgeholfen.
Da das euer erstes Album ist, darf man die, eigentlich doofe, Frage noch stellen – woher kommt euer Bandname HAL JOHNSON?
Der Name stammt von einem Song der Band THE FLATLINERS aus Kanada. Wir fanden, dass er schön klingt und in dem Song geht es darum, dass es keine Heiligen gibt; um falsche Idole und, dass man sich besser auf sich selbst verlassen kann, als auf fragwürdige Heldenfiguren zurückzugreifen. Außerdem war der HAL JOHNSON, um den es im Song geht eine Art kanadischer Fitness-Guru – bis zu dem Zeitpunkt als herauskam, dass er Kettenraucher war. Die Geschichte fanden wir irgendwie lustig, haha.
Euer Artwork ist untypisch, aber sehr schön. Wer hat es gemacht und in welchem Zusammenhang steht es mit eurem Album?
Danke dir! Wir sind auch sehr zufrieden, wie es geworden ist! Das Design stammt von Josua von Homesick Merch aus Münster, ganz liebe Grüße an dieser Stelle! Und es stecken tatsächlich eine Menge Gedanken darin, die wir uns im Vorfeld mit Josua überlegt haben. Das Cover beschreibt die ewigen Zyklen, die uns begleiten, wie Leben und Tod, Tag und Nacht, wie eben auch die vier Jahreszeiten, auf Englisch „Season“, wie unser Albumtitel. Ich finde, das passt gut zu unseren Songs, denn auch dort schlagen wir sowohl optimistische, als auch melancholische Töne an. Wir behandeln unsere Probleme und es gibt Zeiten, in denen man sich ungut fühlt oder eben Zeiten in denen es bergauf geht. Diese Ambivalenz findet man sowohl im Artwork, als auch in unserer Musik.
Was mir an eurem Album sofort auffiel, ist die Leichtigkeit, die eure Songs so einfach erscheinen lässt. Ging euch das Album tatsächlich so leicht von der Hand oder war es harte Arbeit?
Schön, dass du das sagst! Insgesamt steckt auf jeden Fall eine Menge Arbeit in den Songs, wir haben noch nie so lange an der Vorproduktion gefeilt, wie bei diesem Album – trotzdem gab es Songs, die sich schneller schrieben als andere. Da fällt mir z.B. „Let It Go“ ein, der sich, wenn ich mich recht erinnere, fast von selbst schrieb und innerhalb kurzer Zeit fertig war. Dann gab es andere Songs, wie „Professional Help“ oder „Seasons“, an denen wir lange getüftelt haben und von denen verschiedene Version existierten, bevor die Songs schließlich so waren, wie sie jetzt auf der Platte klingen. Darum ist es auf jeden Fall sehr schön zu hören, wenn das Ganze eine gewisse Leichtigkeit transportiert.
Habt ihr alle Instrumente für „Seasons“ selbst eingespielt oder hattet ihr Gastbeiträge?
Das meiste haben wir selbst eingespielt, jedoch hatten wir auch viele Freunde, die uns geholfen haben. Besonders zu nennen ist hier sicherlich Jake Saghi, ein guter Freund von uns aus Nashville (USA) und ein begnadeter Musiker, der auch schon auf unserer Debut-EP mitgewirkt hat! Er hat die Streicher bei „Seasons“, sowie das Klavier bei „Stay With Me“ gespielt. Bei dem Song „Home“ hat Hansol von der Band SHORELINE ein Gesangsfeature und bei manchen Songs haben uns unsere Freundinnen Caro und Theresa bei den Backingvocals unterstützt. Die Trompete bei „Control“ stammt von Florian, der eigentlich Bass bei SNARESET spielt. Das Saxofon bei „Control“ kommt übrigens von Dave! Und bei „Party Nights“ kann man, wenn man genau hinhört, auch Laris Stimme erkennen. Sie ist die Freundin von Felix und spielt auch in unserem Musikvideo zu „Party Nights“ eine entscheidende Rolle. Ich hoffe ich habe jetzt niemanden vergessen, es haben also doch eine ganze Menge Leute an der Platte mitgewirkt. Das passt auch gut zu unserer Philosophie als Band, dass man mit guten Freunden jede schwere Zeit überstehen kann.
Wie kann man sich den Zeitpunkt eurer Bandgründung vorstellen, mit welchen Idealen und welcher Motivation seid ihr angetreten?
Der entscheidende Tag war sicherlich auf dem Westerode Open Air 2015, ein lokales Punk und Metalfestival in unserer Gegend, das es heute leider nicht mehr gibt. Felix und ich haben an diesem Tag entschieden, dass wir eine Band gründen wollen. Die Idee dazu hatten wir schon länger, aber ab diesem Tag haben wir durchgezogen und uns selbst versprochen das zu machen. Wir wollten von Anfang an nicht nur irgendwie eine Band gründen, sondern uns wirklich Mühe geben und so viel Herzblut wie möglich in das Projekt stecken. Wir hatten auch von Anfang an den Traum ein Album zu produzieren, deswegen sind wir auch umso stolzer, dass unser Baby „Seasons“ jetzt endlich das Licht der Welt erblicken konnte!
Wie seid ihr musikalisch sozialisiert worden, irgendwelche Opernsänger, Jazzpianisten oder Rockerinnen in der Familie?
Meine Eltern haben zwar nie selbst aktiv Musik gemacht, stammen aber eher aus dem Hippie-Umfeld, sodass ich mit Sachen wie JIMI HENDRIX, FRANK ZAPPA oder DEEP PURPLE aufgewachsen bin… Also alles irgendwie Gitarrenmusik. Außerdem hat mein Cousin bei Familienfeiern immer Gitarre gespielt, so Lagerfeuer-Akustiksongs, das hat mich auch inspiriert selbst Gitarre zu spielen und Songs zu schreiben.
Felix ist in einer musikalischen Familie aufgewachsen, wurde aber sicherlich am meisten durch seinen Bruder Christoph beeinflusst, mit dem er ja auch seine andere Band SNARESET zusammen hat. Dave hat mal im Orchester gespielt und seine Mutter hat Orgel und Klavier gespielt, was ihn sicherlich auch beeinflusst hat. Bei Max war die Plattensammlung (z.B. DEEP PURPLE) seines Vaters „schuld“.
Was verbindet euch, abgesehen vom gemeinsamen Musik machen, noch?
Sicherlich die lange Zeit, die wir uns schon kannten, bevor wir angefangen haben Musik miteinander zu machen. Wie oben beschrieben haben wir schon vor HAL JOHNSON in anderen Bands zusammengespielt und sind regelmäßig zusammen auf Konzerte und Festivals gegangen, das ist zurzeit ja leider eher schwierig. Und wir haben auch einen gemeinsamen Freundeskreis, der uns verbindet.
Was möchtet ihr bei den HörerInnen mit „Seasons“ auslösen?
Die Platte soll ein guter Freund sein, wenn man mal wieder eine schwere Zeit hat oder auf der Suche nach Hoffnung ist. Unsere Welt ist derart verrückt und auch sehr schnelllebig, dass wir hoffen, die Platte bringt gute Laune und Optimismus, ohne melancholische Zustände zu ignorieren.
Ihr kommt aus Münster und gerade in eurer Stadt gibt es so viele Bands, die einen ähnlichen Sound auf hohem Niveau spielen. Wie genau sind denn da die Bedingungen, um kreativ zu sein und seid ihr Bands alle gut miteinander vernetzt?
Insgesamt sind das dadurch auf jeden Fall gute Bedingungen, da es einen auch immer inspiriert, wenn Freunde eine neue Platte rausbringen, coole Aktionen starten oder auch einfach nur ein Konzert spielen. Es fühlt sich schon an wie eine große Family, und mit vielen Bands wie z.B. SNARESET, SHORELINE, SWAN SONGS oder GREAT ESCAPES sind wir auch gut befreundet und fühlen uns eng verbunden. Ich denke, das motiviert gegenseitig. Man hat auf jeden Fall das Gefühl, dass da eine Szene ist, die Bock hat; sich gegenseitig unter die Arme greift und immer wieder neue coole Sachen hervorbringt!
Euer Album heißt „Seasons“, gehört ihr zu den Menschen, die Jahreszeiten zelebrieren und versuchen bewusst mit allen Vor- und Nachteilen zu erleben?
Hmm, coole Frage! Also ich persönlich kann glaube ich jeder Jahreszeit etwas Gutes abgewinnen und zelebriere sie auf ihre Weise. Ich sehe „Seasons“ und die Jahreszeiten aber auch als Metapher für die Themen der Album-Songs und Themen des Lebens generell. Ich habe selbst festgestellt, dass ich mich auch stimmungsmäßig manchmal im Sommer mit guter Laune sehe oder im Winter eher introvertiert und nachdenklich, und eben manchmal auch dazwischen, also Herbst oder Frühling…
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