Lest die Review zu "Meisenstaat" von LOVE A bei krachfink.de

Love A – Meisenstaat – Review

Nachdem „Meisenstaat“ von LOVE A einige Male durch die Anlage gerauscht war, herrschte erstmal Überforderung. So geht die geliebte Band also mit dem sich rasch zuspitzenden Abfuck um?! Das war die erste Erkenntnis und die zweite, dann schon wieder deutlich tröstlichere, war, dass sie es eigentlich immer genauso prophezeit haben. Verlasst euch auf die Liebe, brennt alles nieder, fickt das System, haltet Augen und Herzen offen und ladet bitte nicht euren Penis hoch, selbst wenn alle anderen es auch machen.

Und schaltet euch manchmal offline, besonders was das real life betrifft. So lernt man, erst aus Prinzip und dann aus Überzeugung, das neue Album von LOVE A schätzen und lieben. Leben post Corona ist nämlich… Spoiler, noch genauso bescheiden wie davor. Und so bisschen drängt sich die Vermutung auf, dass wir das mit dem Post-Punk bisher falsch verstanden hatten.

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LOVE A, 2020 in der Oetinger Villa Darmstadt

Im Zweifel für die love

Die Verneigung im Titel Richtung KNOCHENFABRIK sollte allen klar sein, inhaltlich verfolgen LOVE A mit „Meisenstaat“ aber wieder ihren eigenen und mittlerweile unverkennbaren Sound. Schunkelnder und nimmermüder Bass von Dominik, ein eher offenes und versöhnliches Schlagzeug von Karl, die mäandernden Gitarrenmelodien von Stefan und obendrauf das liebevolle, aber tendenziell apokalyptische, Krakeelen von Jörkk. Woher mein inflationär in den zahlreichen Interviews geäußerte „DAS hätte ich euch jetzt gar nicht zugetraut“ kommt, ist mir mittlerweile klar.

Das rührt vom ständigen Tiefstapeln der Band selbst und diesem „Ist uns so passiert“ oder „Wir haben niemals darüber nachgedacht“ So klingt aber die tatsächliche Begründung dafür, dass die Kerls immer besser harmonieren, ihre Spitzen immer größer reißen und trotzdem in ihrem eigenen, begrenzten Dunstkreis bleiben. Die reißerische Journaille würde titeln, dass sich da welche gefunden haben, dass etwas Magisches passiert, wenn die Vier aufeinandertreffen. Wie bei Bohlen und Anders oder Lennon und McCartney oder wie ihr Rookie-Records-Labelchef Jürgen Schattner mir gegenüber treffend zusammenfasst: „LOVE A sind die FC Bayern des Punks“, weil sie am Ende doch immer noch einen mehr rein machen.

Nachdrücklich wie gut ausgeholte Ohrfeigen

Den Punkt einer Band, die für einen Bierkasten und Fahrtkosten auftritt, haben sie monetär wahrscheinlich nie wirklich, emotional aber schon lange überschritten. Wahrscheinlich können sich LOVE A mit der wichtigsten Auszeichnung überhaupt schmücken. Eine, die nie offiziell verliehen wird: Sie sind eine Band geworden, die Menschen wirklich etwas bedeutet. Man merkt, dass sie es ernst meinen, sie stacheln unsere Wut an und sie rühren uns aber auch zu Tränen. Das neue Album „Meisenstaat“ ist wieder gespickt von überragenden Textzeilen, so nachdrücklich wie gut ausgeholte Ohrfeigen, die sich dazu anbieten auf Haut gestochen und auf Merchandise jeglicher Art gedruckt zu werden.

Machen sie aber nicht, die LOVE Aers, denn im Marketing sind sie nicht so stark berechnend. Lol, was hätten die Kohle machen können. Bis zum Gossiptalk von Meche bei der Gala und zum Auftritt beim Perfekten Promi Dinner auf VOX hatten sie es schon geschafft. Aber LOVE A haben sich am Ende doch immer für die love entschieden.

Vosch und Hisch – Vorne scheiße, hinten scheiße

Love A AMKL Rollifahrer

Egal, wie man es dreht und wendet, es ist scheiße. Ob man das jetzt mit „Will und kann nicht mehr“ oder „Kann und will nicht mehr“ zusammenfasst, da beißt die Maus keinen Faden ab. Das Leben ist und bleibt eine turbulente „Achterbahnfahrt“, die aktuell eine verhältnismäßig lange Kurve nach unten nimmt. Was bedeutet, dass die Fahrt bald zu Ende ist – Alle aussteigen bitte, in Fahrrichtung rechts?! – oder die Waggons bald mit aller Gewalt und in letzter Sekunde nach oben gezogen werden. Wir hoffen auf Letzteres.

Eine Spur Optimismus lassen LOVE A dementsprechend auch nicht vermissen. So richtig hat sich das Quartett noch nicht entschieden, schwankt noch zwischen „Spucken und schlucken“, spricht aber niemals von Aufgeben und hält damit tapfer und eisern die Fahne mit dem Herz drauf hoch. Es ist scheiße, aber wir machen weiter. Sowas oder so ähnlich steht darauf geschrieben, so schwingt es in „Alles ist einfach“ immer mit. Ein erneuter Hilferuf gegen die Überflutung von kleinen und großen Problemen und eine Art Verweigerung gegen den nächsten Zug beim Gesellschaftsschach. Wenn die mal aufhören, wird das Geheule groß sein und wahrscheinlich gibt es den verdienten Ruhm erst postum, wie bei allen Großen. Dankbar, die ganze Reise of LOVE bis hierhin mitgemacht zu haben❤️.

Dauer: 35:28
Label: Rookie Records/Indigo
VÖ: 19.08.2022

Tracklist „Meisenstaat“ von LOVE A
Frag nicht
Will und kann nicht mehr
Meisenstaat
Genau genommen gut genug
Klimawandel
Analog ist besser
Kann und will nicht mehr
Achterbahn
Alles ist einfach
Aus die Maus
Schlucken oder spucken

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