PETROL GIRLS - Cut Stitch Coverartwork

Petrol Girls – Cut & Stitch – Review

Die feministische Post-Hardcore-Band PETROL GIRLS veröffentlicht mit „Cut & Stitch“ ihr zweites Album und das Artwork mit dem Patchwork könnte nicht treffender gewählt sein. Das Quartett aus England und Österreich, legt mit den 15 Tracks eine enorme Diversität an den Tag, spielt das Spiel der möglichen Emotionen einmal komplett durch. Auch inhaltlich geht es darum, scheinbar fremde Elemente miteinander zu kombinieren, um gegenseitigen Respekt und den Wunsch nach echter Verbundenheit. Genau wie beim Patchwork entsteht in der Regel etwas Schönes, aus alten und neuen Werten. Gleiches gilt für die musikalische Abwechslung, es braucht seine Zeit, bis man „Cut & Stitch“ vollkommen erfassen und genießen kann, denn PETROL GIRLS bieten wirklich viel an. Glücklicherweise beherrschen sie von wütendem Stampfen über zaghafte, sanfte Klänge bis hin zu verzwicktem Chaoscore und eindringlichen Spoken-word-Passagen alles perfekt.

Our silence will not save us!

Mit einem Plädoyer für Sound steigen die PETROL GIRLS ein. Wo sich andere Kunst noch zerstören lässt, sind Lieder im Kopf gespeichert und können von Mensch zu Mensch weitergegeben werden. Generationen-, und Länderübergreifend ist es möglich, sich in Form eines Songs zu verbünden und eine Sprache zu sprechen. „Big Mouth“ ist ein Songs, der auch ohne inhaltliches Durchdringen verstanden werden kann. Für ihre Verhältnisse schon fast zahm und auf jeden Fall äußerst hittauglich zaubern PETROL GIRLS einen nachdrücklichen Refrain, der berührt und aufweckt. Das Album lebt stark von den Gegensätzen, die es auch im wahren Leben zuhauf gibt. Wo eben noch gebrüllt und wütend skandiert wird, bettet die Band den Hörer im nächsten Moment im mit Milchschaum ausgeschlagenen warmen Himmelbett. Trotzdem steht die Message nicht über allem, würde man jeden Song auf „Cut & Stitch“ einfach nur instrumental abspielen, wären Relevanz und Durchschlagskraft ebenso gegeben.

PETROL GIRLS kämpfen für die Sache

„I choose to fight“, ruft Ren Aldridge energisch im Song „Naïve“. Ja, aber gegen was eigentlich genau? Das fragen sich wohl die meisten doofen Europäer, die so satt sind, dass sie die Scheuklappen fest aufgesetzt und den Rest der Welt vergessen schon haben. Wenn Worte ausreichen, um Menschen ins Gefängnis zu bringen, wie kann es dann sein, dass Worte nicht ausreichen, um wieder freizukommen? Eine Frage, die PETROL GIRLS im grandiosen „Burn“, einem stark zwischen Sprint und flach atmenden Takten pendelnden Song, zu Recht stellen. Man muss sich einfach nur mal auf der Zunge zergehen lassen, dass es Frauen in Deutschland erst seit 1919 gestattet ist zu wählen. Meine Ur-Großmütter waren also noch nicht dazu berechtigt und auf die Wahl einer Päpstin wird wohl niemand von uns erleben. Und wo würden wir ohne das Engagement der Suffragetten oder Pétroleuses (nach denen sich die PETROL GIRLS übrigens benannt haben) stehen?

„This is not all of me, I choose the parts you see“ heißt es im leicht an Kabarett erinnernden, aber sonst sehr hitzigen und kurvenreichen „Monstrous“. Damit treffen PETROL GIRLS den Nagel auf den Kopf. Rollen spielen, Rollen erfüllen, in Schubladen gestopft werden… es ist und bleibt kompliziert. Bloß nicht zu laut werden, weil man sonst ja ein „Mannsweib“ sein könnte. „Cut & Stitch“ von PETROL GIRLS ist kein Album, das es dem Hörer leicht macht. Wer sich aber die Mühe macht, sich inhaltlich und musikalisch damit auseinanderzusetzen, wird sich weiterentwickeln.

Für Leute, die…
auch wirken und nicht nur konsumieren wollen.

Tracklist „Cut & Stitch“ von PETROL GIRLS
Intro
The Sound
Tangle Of Lives
Interlude (Q&A)
Big Mouth
Interlude (Looming)
Monstrous
No Love For A Nation
Skye
Burn
Talk In Tongues
Interlude (They Say)
Rootless
Weather Warning
Naïve

Dauer: 39:42
Label: Hassle Records
VÖ: 24.05.2019

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