Northlane – Alien – Review
NORTHLANE lassen mit ihrem fünften Album „Alien” den Knoten endlich platzen. Die Intensität, von der dieses Album zehrt, habe ich der australischen Metalcoreband schon länger zugetraut. Bisher hielt die Band die wahre Größe aber schön unterm Deckel. Die Extrameile laufen sie aber nun endlich ab, da Sänger Marcus Bridge sich komplett nackig macht und inhaltlich mit seiner traurigen Kindheit auseinandersetzt. Aufgewachsen in einem von Drogen und Gewalt geprägten Haushalt, kann er leider auf viele traumatische Erlebnisse zurückgreifen, mit denen er sich nun eindrucksstark künstlerisch auseinandersetzt. Abgesehen von der inhaltlichen Tiefe, punkten NORTHLANE auch mit einem schroffen Gegensatz von Riffs und wuchtigen Elektrobeats, die sie schon im Opener „Details Matters“ eindrucksvoll aufeinanderprallen und in viele Kleinteile zerschmettern lassen.
Kalt-warmes Wechselspiel
NORTHLANE spielen mit ihrem Albumtitel nicht auf eine Dystopie, die Gefahr von Digitalisierung oder irrwitzige Weltraumszenarien an. „Alien“ bezieht sich auf die Tatsache, dass viele Menschen vollkommen von der Gesellschaft abgekoppelt sind, nicht dazugehören und unbemerkt ein Parallelleben führen müssen. Ein Gefühl, das Sänger Bridge als Kind tagtäglich hatte. Der Song „Bloodline“ befasst sich mit der Hoffnung, dass jeder Mensch seinen eigenen Weg finden kann und man mitnichten genauso leben muss, wie seine Eltern, selbst wenn man von ihnen abstammt. „Freefall“ thematisiert den Moment, als ein Fremder mit gezogener Waffe die Wohnung des Vaters von Sänger Bridge stürmte, während dieser – damals noch ein kleiner Knirps – anwesend war und Todesängste ausstand. Wer nun aber denkt, dass die Durchschlagskraft von „Alien“ ausschließlich auf dem Inhalt basiert, liegt falsch. In Songs wie „Talking Heads“ übernimmt die Musik von NORTHLANE komplett die Führung, in anderen Szenen frisst sich der Bass wie eine fette Raupe durch die dunkle Masse und der Gesang wird kurzfristig zur zweiten Geige degradiert.
Welten prallen aufeinander
NORTHLANE haben es geschafft, das ganze Drama schon fast plastisch in ihren Songs zu verschmelzen. Die kalten Synthiebeats symbolisieren die Erbarmungslosigkeit, mit der das Schicksal häufig zuschlägt und natürlich auch die Angst, der man dann pausenlos ausgesetzt ist. Wenn die Beats den Bauch druckvoll massieren und heller Klargesang die musikalische Knetmasse kontrastiert („Jinn“, „Eclipse“) sind NORTHLANE unbezwingbar. Wie ein Monster fällt der Bass über den Hörer her und die arschtretenden Rhythmen sorgen für hitzige Hektik, die in Kombination mit dem Gebrüll animierend wie kleine Stromstöße wirken. Drummer Nic Pettersen wird mit „Alien“ auch ziemlich glücklich sein, denn die kreativen Drumfiguren und der durchweg stampfende oder tänzelnde Takte sorgen für abwechslungsreiche Beschäftigung.
Musikalische Selbsttherapie
„Alien“ stößt den Hörer durch seine erbarmungslose Kälte teilweise richtig ab, bittet dann wieder reumütig um eine helfende Hand und zeigt sich versöhnlich. Das erinnert inhaltlich und musikalisch stark an „The Path Of Totality“, das Album von KORN aus 2011, noch dazu ist das Album perfekt ausproduziert. NORTHLANE bieten ein beeindruckendes Wechselbad der Gefühle und reizen beide Seiten komplett aus, gehen häufig sogar noch einen Schritt weiter. Bleibt abschließend nur noch festzuhalten, dass das Album „Alien“ zweifelsohne das bisherige Meisterwerk von NORTHLANE ist. Die Band sollte sich Gedanken über eine ordentliche Liveshow machen, dann könnten ihre Konzerte zukünftig zu Grenzerfahrungen werden. Die Ohrwürmer springen einen nicht auf Anhieb an, brennen sich aber nach einigen Durchgängen umso tiefer ein. Brandheißer Anwärter auf eines der besten Metalcorealben 2019!
Dauer: 43:24
Label: UNFD
VÖ: 02.08.2019
Tracklist „Aliens” von NORTHLANE
Details Matter
Bloodline
4D
Talking Heads
Freefall
Jinn
Eclipse
Rift
Paradigm
Vultures
Sleepless
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