Title Fight – Hyperview – Review
Bei der Klassiker-Umfrage auf Instagram siegten TITLE FIGHT mit ihrem Album „Hyperview“ haushoch. Ist die Liebesmühe also umsonst und alle wissen schon, was an diesem Album der amerikanischen Melodic-Hardcoreband so grandios ist? Zum Beispiel der letztendliche Genreshift, der sie ganz eindeutig Richtung Shoegaze und Indie-Post-Punk… ok, das war es dann mit der Eindeutigkeit, vergessen wir das. Mit ihrem dritten Studioalbum rückte die Band aber auf jeden Fall weg von dem ursprünglich hakeligen und wütenden Debüt „Shed“ und dem Hybrid „Floral Green“, der letztendlich den Grundstein für diese Neuausrichtung legte.
Seitdem haben TITLE FIGHT nichts mehr veröffentlicht, kein Wunder, denn wie soll man das toppen? Ein Album wie ein Segeltörn – wohl eher eine Seelentörn – der uns hinausführt auf das weite Meer. Mal mit bedrohlichem Seegang, mal angenehm schaukeln und immer mit ungewissem Ausgang. Aber statt FUGAZI und JAWBREAKER denkt man jetzt eher eben an THE SMITHS und DIIV.
Druck rein, Druck raus
Im neuen Projekt GLITTERER des Bassisten Ned Russin finden sich Fragmente aus „Hyperview“, aber die Magie konnte (und wollte er wahrscheinlich) nicht reproduzieren. Seine Songs wirken unfertig, so als ob ihm der Konter fehlt. „Hyperview“ klingt wie aus den späten Achtzigern entrissen, wiederbelebt und eine missverständliche Demonstration der Tatsache, dass Melancholie und Verzweiflung doch immer wieder gleich klingen. Und die Tatsache, dass dieser Zustand, bis zu einem gewissen Punkt (!), auch angenehm ist. „I don’t want to see things differently, it’s what I taught myself to believe“ singt Jamie Rhoden in „Hypernight“, nahtlos daran schließt das schon fast übermütige „Mrahc“ an.
Ein Song, der aus der überbordenden Energie resultiert, die einen nach solchen Tiefs kickt. Dann, wenn einem die Zweifel aber noch tief in den Knochen stecken und man trotzdem alles abschütteln und wild tanzen möchte. TITLE FIGHT arbeiten auf „Hyperview“ so akzentuiert mit Effekten, dass man es erst kaum bemerkt. Schön anzuhören und trotzdem so fragil wie Seifenblasen aufgesetzt, in den ruhigen Momente will man sich am liebsten tot stellen, aus Angst etwas zu zerstören. „Trace Me Into You“ handelt von dem krampfhaften Versuch sich über andere zu definieren, bereit das eigene Ich komplett abzulegen, was sich wiederum im folgenden „Liars Love“ rächt. Weil es schlicht nicht funktioniert.
Effektvoll verstärkt
„Rose Of Sharon“ widmet sich dem Gefühl von innen angekettet zu sein und selbst nichts gegen diesen implodierenden Zorn tun zu können. TITLE FIGHT lösen den Druck auf, drehen den Song komplett und zeigen uns, dass man an manchen Stellen weniger strampeln, sondern einfach loslassen sollte. Das sind auch die Momente, in denen Schlagzeuger Ben Russin zu Höchstleistung auffährt. Entgegen des HUNDRETH- Drummers, der einfach weiter Hardcore-Muster spielte und ignorierte, dass die Band schon längst an einem anderen Punkt war, hat Ben verstanden. Und wie er verstanden hat.
Er verstärkt, flankiert, untermalt und prügelt so passgenau, dass man nur staunen kann. Traum-Produzent Will Yip hat „Hyperview“ das Sahnehäubchen aufgesetzt und mühelos die Vielzahl von Effekten mit passender Wertigkeit abgebildet. Die bereits erwähnte Magie resultiert nicht unwesentlich aus seiner Arbeit. Er lässt den Sound aus allen Ecken auf uns zurollen, schlägt uns ein mit den Gitarren von Shane Moran, lässt jeder Dissonanz ihren Raum.
Die Sterne standen gut
Es gibt einfach Momente im Leben einer Band, da stehen alle Sterne gut. Da kommt alles zusammen. „Hyperview“ hat alle Beteiligten auf dem Höhepunkt ihres Schaffens eingefangen. Selbstredend kann sich jeder Einzelne noch weiterentwickeln, aber so gut kommen die nicht mehr zusammen. Emotionales und musikalisch überragendes Meisterwerk. Dieser schonungslose und schön in chronologische Form gebrachte Seelenstriptease ist nicht wiederholbar.
Dauer: 31:52
Label: ANTI-Records
VÖ: 03.02.2015
Tracklist „Hyperview“ von TITLE FIGHT
Murder Your Memory
Chlorine
Hypernight
Mrahc
You Pain Is Mine Now
Rose Of Sharon
Trace Me Onto You
Liar’s Love
Dizzy
New Vision
Alben, die Dir gefallen könnten:
HIPPIE TRIM – Morbid Orbit (EP)
DIIV – Frog In Boiling Water
TRAUMA GLOW – About To Find Solace In Your Arms
GLITTERER – Life Is Not A Lesson
ALL THE LUCK IN THE WORLD – How The Ash Felt
SILVERBACKS – Fad
KIWI JR. – Cooler Returns
GLITTERER – Looking Through The Shades
ROLLING BLACKOUTS COASTAL FEVER – Sideways To New Italy
HAL JOHNSON – Seasons
THE HOMELESS GOSPEL CHOIR – This Land Is Your Landfill
THE NEW SOUTH WHALES – I Just Do What God Tells Me To Do
JADE HAIRPINS – Harmony Avenue
FONTAINES D.C. – Dogrel
SURF CURSE – Heaven Surrounds You
MUMRUNNER – Valeriana
BOUNDARIES – s/t
MOURN – Sorpresa Familia
ILLEGALE FARBEN veröffentlichen Video zum Song “Alles explodiert”
CUFFED UP veröffentlichen Video zu “Small Town Kid”
LINDA RUM – Ten Feet Tall (EP)
PARKWALKER – Distant Phenomena
HUNNY veröffentlichen Video zum Song “Sport With Strangers”
MANCHESTER ORCHESTRA – The Million Masks Of God
Podcast Folge 32 mit KONTROLLE zum Album “Zwei”‚
RAW PLASTIC veröffentlichen Videos zu “Handle With Care” und “Daydreaming”