Lest das Interview mit Enni von KASKADEUR zu "Phantom Vibrations" bei krachfink.de

5 Fragen an Kaskadeur zum Album “Phantom Vibrations” – Interview

Heavy Prog, so beschreibt die Band KASKADEUR selbst ihren Sound. Klingt einfach und anstrengend zugleich und beschreibt die Musik ziemlich gut. Sänger und Gitarrist Enni beantwortet eine Handvoll Fragen zu der kommenden Platte, die nicht mit Tönen geizt, euch verwirren, betören, aufwühlen und glücklich machen wird.

Ihr habt euer zweites Album “Phantom Vibrations” im ehemaligen Flughafen Tempelhof in den Candybomber Studio aufgenommen. Warum gerade dort und was könnt ihr über die Aufnahmen berichten?

Nachdem wir uns auf dem Vorgänger “Uncanny Valley” so richtig ausgetobt hatten und ein sehr tempo- und actiongeladenes Album entstanden ist, zeichnete sich beim Songwriting für “Phantom Vibrations” ein etwas gelassenerer Ton ab – keine Sorge! Es wird dennoch genügend scheppern auf der neuen Platte! Als wir auf der Suche nach einem Studio für die Aufnahmen waren, strahlte das Candybomber so eine gewisse Ruhe und Gesetztheit aus, die dazu sehr gut passte. Ingo Krauss ist ebenfalls ein sehr genügsamer Typ, der es versteht an den richtigen Stellen Impulse mitzugeben oder auch einfach den Aufnahmeprozess fachmännisch zu begleiten und umzusetzen. Nicht zuletzt waren wir auch vom Katalog seiner bisherigen Aufnahmen beeindruckt und seine jahrzehntelange Erfahrung aus Produktionen mit NINA HAGEN, NICK CAVE oder TOCOTRONIC.

KASKADEUER 2023, Foto von Lea Staedler

Unmittelbar vor und nach unserer Zeit im Studio hat er zusammen mit SWANS die Aufnahmen für ihr kommendes Album gemacht – mit ihnen arbeitet er auch schon seit vielen Jahren zusammen. Wir konnten also sicher gehen, dass er mit experimentelleren Genres Erfahrung hat. Es war auch sehr spannend zu sehen, mit welcher Präzision und Geschwindigkeit Ingo alles eingerichtet und durch seine Gerätschaften geschickt hat. Er ist ein großer Freund vom Live Recording und alter analoger Technik. Ich kann mich erinnern, dass das Gitarrensignal durch ein altes Röhrenmischpult aus den 50er Jahren lief.

Vieles im Studio sah einfach aus wie U-Boot Technik und wir haben auch viele Instrumente und Verstärker aus dem Studiobestand für die Aufnahmen genutzt. Schon das Songwriting stand seit Beginn 2022 ziemlich unter Zeitdruck, da wir eine Förderung für die Produktion erhalten hatten. Die Songs wurden knirsch vor den Studioaufnahmen fertig, einige Feinheiten waren noch in der Schwebe und ich hatte bange, ob wir tatsächlich ausreichend für die Recordings vorbereitet sind. Das hatte ich vorher noch bei keiner Albumaufnahme. Es war für uns eine kleine Feuertaufe und ich glaube Ingo und das Candybomber hatten die passenden Qualitäten und strahlten die Gelassenheit aus, die wir brauchten.

Wir haben auch zum ersten Mal Zeit im Studio genutzt, um Texte zu schreiben – die entstehen bei uns bislang immer zum Ende des Songwriting. Drei oder vier Songs konnte ich dann auch im Studio noch einsingen. Die restlichen Texte mussten in kürzester Zeit nach dem Studio geschrieben und im Heimstudio aufgenommen werden. Das tat der Sache aber keinen Abbruch. Spannend war auch, dass wir auf Ingos Rat hin die instrumentalen Aufnahmen ab und an pausiert haben, um ein paar Gesangsaufnahmen oder andere Overdubs zu machen. Das tut den rauchenden Köpfen nach dem zehnten Take mal gut und ich am Mikrofon muss auch nicht alle Songs am Stück zum Ende des Studioaufenthaltes einsingen. Wir haben insgesamt einfach viel dazu gelernt.

Wie entstehen eure Songs in der Regel, ausgehend von einem Riff, spielt ihr einfach los und ordnet dann…?

Es gab da schon verschiedene Prozesse, aber üblicherweise startet es wohl mit einer Idee an der Gitarre oder einem neuen Drumgroove. Entweder läuft es von dort aus schon so gut an, dass Ole und ich eine grobe Songstruktur zusammen werkeln, an der dann zu viert feingeschliffen wird, oder aber der Song wächst an den spontanen Ideen aller vieren. Ich bin immer sehr gespannt, wenn Johannes zu einer neuen Idee an den Tasten dazu kommt. Das kann den Sound manchmal noch um 180 Grad wenden.

Eure musikalischen Einflüsse müssen ziemlich vielfältig sein, gibt es eine Band, auf ihr euch einigen könntet?

Es stimmt, dass alle von uns eine breite Palette durch Musikgenres hören. Ich denke, das ist auch ganz prägend für unsere eigenen Songs. Tatsächlich ist es gar nicht so leicht, einen gemeinsamen Favoriten zu nennen. Vielleicht gibt es den einfach nicht… oder er fällt uns schlicht nicht ein. Bei den SUGARBABES kann auf jeden Fall keiner von uns sitzen bleiben, hehe.

KASKADEUR 2023, Foto von Lea Staedler

Was soll den Menschen, die eure Musik hören, im besten Fall als Emotion zurückbleiben?

Ich glaube, ich bin happy den Song ab dem Zeitpunkt seiner Veröffentlichung gänzlich an die Zuhörenden quasi abzugeben und damit auch die Deutungshoheit. Auch wenn da natürlich sowohl lyrisch als auch instrumental ein Thema drinsteckt, wird es vor allem dann spannend, wenn jede*r ihre/seine persönlichen Assoziationen dazu hat. So wächst der Song quasi auch über sich hinaus. Mir persönlich reicht manchmal eine starke Melodie oder eine einzige Textzeile, um mich verstanden zu fühlen oder Tatendrang zu erwecken. Ich denke, das funktioniert ähnlich wie Berg-Tee riechen und an den Rhodos Urlaub erinnert zu werden, oder Möhrensalat essen und an die Grundschulmensa zu denken. Was für eine Emotion oder persönliche Verknüpfung aufkommt, ist am Ende egal – die Leute sollen hören, was sie brauchen und können mitnehmen, was sie wollen.

Es ist euch gelungen, dass eure Platte sehr organisch klingt. Aber ihr werdet sicher Effekte und unterschiedliche Instrumente einsetzen, was genau habt ihr an Equipment am Start?

Danke! Vieles der Dynamik kommt sicher vom Liveeinspielen der Songs – das haben wir bisher bei allen Albumaufnahmen so gemacht und gehört einfach zu unserem Sound. Neu bei diesem Album war aber, dass wir größtenteils auf Click eingespielt haben. Das wollten wir mal ausprobieren. Wie schon erwähnt, stand es uns frei jegliches im Studio befindliches Equipment für die Aufnahmen zu nutzen. Ich kann dir nicht so viel vom Aufnahmeequipment erzählen. Da kenne ich mich einfach nicht so gut aus, allerdings kamen ein paar besondere Gitarren und Verstärker zum Einsatz. Für einige Songs konnte Micha einen alten Epiphone Newport Bass spielen. Der hat sich exzellent für die groovigeren Sachen gemacht.

Speziell bei “An Opportunity Gone By” schafft der viel Motown Flair. Ingo erzählte uns, den Bass hätte ihm Mike Mills (Anmerk. d. Red.: war Bassist von R.E.M.) vor vielen Jahren überlassen – der mochte den Bass nicht, haha. Ansonsten setzt Micha auf seinen Sandberg Bullet Bass. Außerdem konnten wir Ingos alten Ampeg Portaflex spielen. Oles Grundsetup an den Drums bestand aus einem Tama Starclassic und einer Ludwig Black Beauty. Die Becken variierten von Song zu Song. Er konnte sich viele Becken von Freunden leihen, um für jeden Song das passende Stück Blech zu finden.

Er hat viel herumexperimentiert, um den Songs den Sound zu geben, den sie brauchten. Mal ‘ne kleine Snare oder auch mal die tiefste Snare, die er finden konnte. Johannes hat sich vor ein paar Jahren eine Uhl Instruments Orgel angeschafft. Im Studio direkt per DI in die Konsole und von dort von Ingo prozessiert. Für Rhodes, Wurlitzer und andere Sounds nutzt er ein Nord Electro 6, dass wir teilweise durch einen Fender Champ abgenommen haben. Es kamen auch ein paar Synthesizer Sounds zum Einsatz – die kamen vom Prophet REV2 von unserem guten Freund Benni. Sehr essenziell war für dieses Album auch der Flügel, der im Studio stand. Den hat Johannes viel gespielt und er kommt in überraschend vielen Songs vor. Und wir konnten das dortige Vibrafon nutzen! Ich liebe dieses Instrument und wollte es schon immer mal in ein paar Songs unterbringen. Ich fahre ohne meinen alten Matamp GT100 nirgendwo hin, haha.

Den habe ich seit vielen Jahren und er ist einfach Teil meines Grundbestecks. Genauso wie eine Guild Starfire V. Ich habe für einige Overdubs einen Gibson Falcon Verstärker spielen können oder auch mal einen Fender Twin Reverb von meinem Kumpel Jan. Und eine alte Fender Jazzmaster von 67 glaube ich – ebenfalls Studiobestand. Für einige Songs spiele ich auch live eine Flying V an der ich viel rumgedoktert habe. Ich vermute, dass das eine Orville ist, weiß ich aber auch nicht so genau. Sehr markant ist auch das alte Arbiter Octave Fuzz von Ingo. Das ist zum Beispiel im Solo von Generation Absolution zu hören.

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