Havemeyer – Slacker – Review
HAVEMEYER, das sind die Musiker Jan Ebert, Dennis Jüngel, Maik Vleurinck und Kevin Kuhn. Selbst wenn ihr die Kerls noch nicht kennt, dann sind es doch genau ihre (persönlichen) Gedanken und (musikalischen) Erfahrungen, die das erste Album „Slacker“ wirklich ausmachen. Wer unbedingt ein Genre zur Einordnung braucht, darf blind einmal irgendwo zwischen Dreampop, Shoegaz, Indie und Post-Punk tippen. Von meiner Seite gerne noch wahlweise das Präfix dark irgendwo anhängen.
Dass man den Erstling des Vierers nicht so schnell vergisst, hat aber letztendlich damit zu tun, dass man die intensiven Emotionen umgehend spürt, auch wenn man sie nicht wirklich greifen oder gar festhalten kann. Es geht eher um diffuse Zustände, auch wenn man sie niemals wieder vergisst und die Erinnerung daran einen in der Rückschau manchmal schaudern lässt.
„Waiting for myself“
HAVEMEYER empfehlen sich mit „Slacker“ für die Momente davor, dazwischen und danach. Sie gießen in Töne, was man eigentlich mit sich selbst ausmachen muss. Selbst wenn Lethargie oder Zaudern den Sound manchmal überwältigen, dann geht es doch im Verlauf der Platte immer nach positive vorne. Mal in Spiralen, mal treibend und mal im Schneckentempo. In „Breathless“ halten HAVEMEYER die Zeit beinahe an, wohl wissend, dass genau das nicht funktioniert und sich damit die nächste Gedankenspirale anbietet, das nächste schwarze Loch zum Hineinfallen auftut.
Dass man irgendwie und irgendwann ausbrechen und dann auch herauskrabbeln muss, ist HAVEMEYER bewusst. Dementsprechend arbeiten wir uns zum anregenden „Swim“ durch und versichern uns immer wieder, dass auch schon der Versuch zählt („Hold The Line“). Frei nach Dorie aus „Findet Nemo“, lautet das Motto: Schwimmen, schwimmen. Einfach schwimmen. Denn so funktioniert das Leben, irgendwie über Wasser bleiben und dazwischen möglichst oft nach Sonnenstrahlen Ausschau halten („Wave It Off“) oder juchzend die nächste Welle reiten.
Schmerz und Euphorie
Aufgenommen in mehreren Sessions in der Lausitz, scheinen sich HAVEMEYER ziemlich schnell auf einen gemeinsamen Sound verständigt zu haben, denn „Slacker“ klingt wie aus einem Guss. Wahrscheinlich, weil die Angst vor Vergänglichkeit und Fatalismus sich immer ähnlich anfühlen und dementsprechend auch ähnlich auf Instrumente übertragen lassen, beziehungsweise ansteckend sind.
Die Verschmelzung der Einzelgänger
Trotzdem lassen sich bei HAVEMEYER auch interessante Eigenheiten im Spiel der Einzelnen erkennen. Bassist Maik reißt immer wieder aus, scheint sich beinahe zu vergessen und reiht sich dann unbemerkt wieder ein. Auch Sänger und Gitarrist Jan wirkt manchmal angenehm abwesend und in seine eigenen Texte versunken. Der hallige Gesang scheint von allen Seiten zu kommen, was an der guten Arbeit von Dennis Jüngel liegt, der HAVEMEYER warm fokussiert und angenehm rund produziert hat. Die Details – wie das Nachhallen des Wortes about im Song „Wave It Off“, das Splittern der Töne in vielen Momenten und massig viele winzige delays oder Hall – fallen erst nach mehreren Durchgängen bewusst auf. Dass sie da sind, spürt man aber von Anfang an.
Genauso wie sich HAVEMEYER offensiv mit ihrem charmanten Eigenbrötlertum vereinen, kann man als Hörerin oder Hörer heimlich lauschen und sich damit beruhigen, dass es anderen auch so geht, wie einem selbst.
Dauer: 33:05
Label: Crazysane Records
VÖ: 03.03.2023
Tracklist „Slacker“ von HAVEMEYER
Vanishing
Hold The Line
Headlines
Wave It Off
Moonlight
Pick Me Up
Breathless
Swim
Two Weeks
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