Lest die Review zu "hugo" von LOYLE CARNER bei krachfink.de

Loyle Carner – hugo – Review

Wahrscheinlich hat LOYLE CARNER mit „hugo“ das beste Rapalbum 2022 abgeliefert. Zumindest wenn es danach geht, was bei mir an Tiefgründigkeit ankam und dem Anspruch, dass sich die Texte echt anfühlen. Mit seinem Boombap-Sound trifft der Brite sowieso in das Herz vieler, die von den Sounds der Neunzigerjahre inspiriert wurden. Mit der Tatsache, dass er Support für MF DOOM gespielt hat, als Benjamin Coyle-Larner selbst eigentlich noch überhaupt nicht bekannt war, holt alle ab, die die Sparten in der Sparte des Raps mögen.

Vom Anderssein und immer bleiben

Mit „hugo“ führt uns LOYLE CARNE dahin, wo es wehtut. Ihm und vielleicht auch (bald oder früher) uns. Er reflektiert die Beziehung zu seinem Vater, seine Perspektive ändert sich, da er selbst mittlerweile Vater ist. Er text über seine Unsicherheiten und wiegt uns alle mit seinen sanften, von Jazz inspirierten Beats in Sicherheit. Oder zumindest beschützt von der Gewissheit, dass es anderen genauso geht, wie einem selbst („Sleep Of Plight“). Darüber hinaus setzt sich das Album stark mit seiner Hautfarbe und dem Anderssein auseinander.

Und der Tatsache, dass wenn man einmal nicht passt, man eigentlich immer irgendwo aneckt. Die Vermutung nicht genug zu sein, niemals nachlassen zu dürfen, dass alles begleitet einen dann ein ganzes Leben lang. LOYLE CARNER mag nicht der größte Wortakrobat sein, auch sein britischer Akzent wird viele orientieren, die mit amerikanischem Rap aufgewachsen und vertrauter sind.

Vom Dunkel ins dämmrige Licht

„hugo“ von LOYLCE CARNER führt uns erst in Dunkel, nur um dort ein winziges Licht anzumachen und ein wärmendes Feuer zu entzünden. In „Blood on my Nikes“ heißt es am Ende „Never has so much been lost for so many, because of the indecision of so few“… das definiert für mich die Entwicklung der letzten Jahre schmerzhaft treffend. „A Lasting Place“ wirkt dann wieder so leichtfüßig, dass man kaum wartet zu atmen. Ungewöhnlich sanft kommt die Erkenntnis daher, denn LOYLE CARNER berichtet von der steigenden Wut, seiner zunehmenden Unbeherrschtheit, die Befürchtung sich in ein Klischee des grantigen, alten Mannes zu verwandeln.

Ihr merkt schon, es sind keine funny hooks, die uns hier in gute Stimmung bringen. „hugo“ ist aber auch kein aufgezwungener Seelenstriptease, der langweilt und nur zum Nutzen des Künstlers selbst beiträgt. Es ist ein kunstvoll aufbereiteter, emotionaler Entwicklungsprozess, der ab sofort immer als Unterstützung für alle dienen kann, die an diesen Punkt gelangen und nicht weiter wissen.

Dauer: 34:05
Label: Universal Music
VÖ: 21.10.2022

Tracklist „hugo“ von LOYLE CARNER
Hate
Nobody Knows
Georgetown (feat. John Agard)
Speed of Plight
Homerton (feat. JNR Williams & Olivia Dean)
Blood On My Nikes (feat. Wesley Joseph & Athian Akec)
Plastic
A Lasting Place
Polyfilla
Hugo

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