Grundeis – Every Second An Ocean – Review
Das GRUNDEIS scheint nicht wesentlich geschmolzen zu sein, denn auch auf ihrem zweiten Album „Every Second An Ocean“ versprüht die Hamburger Band über ihren Dark-Rock eine angenehm distanzierte Kälte. Der Genre-Feinschliff kommt mit einer angemessenen Portion Selbstbewusstsein daher, die sich in einem deutlich ausgereifteren Songwriting zeigt. GRUNDEIS beanspruchen mehr Zeit und füllen diese mit nachvollziehbaren Höhepunkten und vollkommenem Verzicht auf Redundanz oder Leerlauf. Shoegaze und Post-Punk blitzen weiterhin durch und grundsätzlich sind Tendenzen zu SIOUXSIE AND THE BANSHEES noch hör- und spürbar. Mit einem Bein fest im Goth-Rock der Neunzigerjahre, finden sich aber mittlerweile auch Sprenkel der rockigen Melancholie von NEW MODEL ARMY, LYSCHKO oder den düsteren, aber durchweg verspielten Anfängen von THE GATHERING.
Traurigkeit und Hoffnung in einem Soundtrack
Bei der ersten Begegnung mit „Every Second An Ocean“ von GRUNDEIS scheint der prägnante Gesang von Laura unverrückbar im Zentrum zu stehen. Je intensiver man die Platte einwirken lässt, umso mehr treten die vermeintlichen Details in den Vordergrund. Bass, Gitarre, Keyboard und Drums haben durchaus ihre Momente im Rampenlicht und setzen markante Akzente. „Never Gonna Heal“ kann nur funkeln, weil jeder Baustein von einer anderen Seite Licht in die Komposition einspeist. Ein herrlich geschichteter Song mit hohem Ohrwurmpotenzial und unaufdringlich, aber renitent, nach vorne schreitender Dynamik.
GRUNDEIS verbinden hier unterschiedliche Ansätze so effektiv, dass sich daraus ein neuer, ganz eigener Sound transferiert. Der Sound vermittelt ein Gefühl der Traurigkeit, tendiert zum Leiden. Hört man genau hin, sprechen die meisten Texte jedoch eine völlig andere Sprache. Die Lethargie zu erkennen und sich mit dem Ursprung auseinanderzusetzen, das ewige Glück als Utopie zu verstehen, all das sind positive Auseinandersetzungen. Auf die Nacht folgt in der Regel der nächste Morgen und somit eine Chance.
Atmosphäre statt Hits: Ein Album für die Sinne
Wie eingangs erwähnt, ist „Every Second An Ocean“ von GRUNDEIS ein Album, für das man sich Zeit nehmen sollte. Die als Gesamtkunstwerk zu verstehenden Songs fächern ihre beruhigende Wirkung auch erst nach und nach auf. Nichts drängt hier auf einen Hit, im Vordergrund steht der Anspruch, eine zusammenhängende Atmosphäre zu transportieren. Ausgehend vom Debütalbum „Amygdala“ finden GRUNDEIS viele, teilweise auch überraschende, Möglichkeiten der Ausprägung. „Graviton“ mutet wie im schummrigen Licht vorgetragenes Varieté mit bizarren, surrealen Szenarien an.
Was vor drei Jahren noch als Geheimtipp lief, wird nun hoffentlich noch mehr Aufmerksamkeit zuteil. Die Zeit ist passend, um sich gedanklich nach innen zu begeben und musikalischen Eskapismus zu zelebrieren – GRUNDEIS liefern den Soundtrack dazu.
Dauer: 43:12
Label: Undressed Records / Recordjet / Edel
VÖ: 13.12.2024
Tracklist „Every Second An Ocean“ von GRUNDEIS
Distanced Far Gone
Relentless
Never Gonna Heal
Plain Sight
Graviton
Another Life
Quit
Every Second An Ocean
Ignoring People
Bizarre
As Close As It Gets
Mellow
Slide Open
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