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Long Distance Calling – How Do We Want To Live? – Review

Mit ihrem mittlerweile siebten Album will die Instrumental-Prog-Rockband LONG DISTANCE CALLING eine Diskussion über die Frage „How Do We Want To Live?“ anregen. Da die Band eben keinen Gesang mit entsprechenden Texten und Ideen in ihrem aktuellen Konzept vorsieht, ist der Umgang mit der Frage spannend.

Das Vakuum füllt die Band mit unterschiedlichen Sprachsamples und Eric A. Pulverich von der Göttinger Rockband KYLES TOLONES trifft in „Beyond The Limits“ doch den richtigen Ton und findet die passenden Worte. Richtig rund wird das Richtung Soundtrack tendierende Album aber erst, mit den ergänzenden Videos, die in diesem Fall die Geschichte mithilfe von Bildern erzählen. Mit „How Do We Want To Live?“ gelingt dem Quartett erneut, sich einerseits musikalisch treu zu bleiben und trotzdem neue Pfade einzuschlagen.

Long-Distance-Calling-Foto-von-Andre-Stephan
LONG DISTANCE CALLING 2020, Foto von Andre Stephan

Utopie oder Dystopie?

LONG DISTANCE CALLING waren niemals eine aggressive Metalband, aber eine gewisse Härte und gut aufgebaute Eskalationen sind auf all ihren bisherigen Alben vertreten. „How Do We Want To Live?“ hält sich damit etwas zurück und setzt eher auf eine andere Atmosphäre. Wahrscheinlich beantwortet die Band zwischen den Noten damit schon ihre eigene Frage und wünscht sich eine Zukunft, die eher stetig miteinander verbunden auf einem moderaten Level interagiert und weniger hart ausschert. Künstliche Intelligenz, das Anschwellen der Weltbevölkerung und die daraus entstehende Knappheit von Resscourcen, der starre Rhythmus resultierend aus schonungslosem Kapitalismus und den Verlust von Menschlichkeit, all diese kühlen Komponenten vertonen LONG DISTANCE CALLING vorbildlich.

„Curiosity is a real bastard“ 

„Voices“ wirkt wie ein stumpfer Kampf von Computer gegen Organisches, LONG DISTANCE CALLINGs Kompositionen vernetzen die Synapsen und regen tatsächlich zum Nachdenken an. In „Fail/Opportunity“ prallen dann bereits erspielte Skills der Band aufeinander. Cello und Deep-House-Beats stoßen sich gegenseitig ab und passen doch ganz wunderbar zueinander. Die Synthietöne in „Immunity“ stellen sich brav und schnell in Reih und Glied auf, nur um sich direkt danach aufzulösen und die Kette von vorne zu bilden, die Achtzigerjahre lassen grüßen.

Abwechslungsreich, modern und anregend

Der letzte Song „Ashes“, welchen man unwillkürlich aufgrund seiner Position als das Ende der Überlegungen wahrnimmt, schließt ziemlich düster ab. Die finalen Töne scheinen die HöreInnen in ein schwarzes Loch zu stoßen. LONG DISTANCE CALLING sind mit ihrer Kreativität noch lange nicht am Ende und fügen dem – eigentlich doch stark limitierten Genre – immer wieder etwas Neues hinzu. „How Do We Want To Live?“ empfiehlt sich dringend für den Kopfhörer, alleine die Drums haben das verdient.

Abgesehen von der erhöhten Aufmerksamkeit, die die Musik fordert, um im Gegenzug eine gewisse Wirkung zu entfalten, ist der Sound so grandios differenziert, dass man ihn über eine handelsübliche Anlage auf Zimmerlautstärke gar nicht angemessen erfassen kann. Jeder Song scheint mit einem Fragezeichen zu enden, kaum etwas auf „How Do We Want To Live?“ wirkt endlich. Es scheint tatsächlich, als ob man jeden Ansatz noch weiterspinnen und verändern können.

Tracklist “How Do We Want To Live?” von LONG DISTANCE CALLING
Curiosity (Part 1)
Curiosity (Part 2)
Hazard
Voices
Fail/Opportunity
Immunity
Sharing Thoughts
Beyond Your Limits
True/Negative
Ashes

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