Pabst Deuce Ex Machina

Pabst – Deuce Ex Machina – Review

Ok, wow. Dass das Berliner Trio PABST dazu fähig ist, die Musikwelt aufzurütteln, war klar. Dass sie mit “Deuce Ex Machina” ein Standardwerk hinlegen, das locker in einem Atemzug mit BEATSTEAKS’ “Smack Smash” oder NIRVANAs “Nevermind” genannt werden darf, kam dann doch überraschend. Wobei man hätte ahnen können, dass sich der Berliner Top-Produzent Moses Schneider – der sich in Interviews gerne mal realistisch ausrechnet, wie viele Platten er in seinem Leben überhaupt noch produzieren kann – sich nicht mit Pillepalle-Bands abgibt. Was ist nun so besonders am Rock oder gerne auch Power-Grunge, denn die Drei auf ihrem zweiten Album präsentieren?

Pabst-2020
PABST, 2020

Feinschliff und dann?

Die Frage beantworten PABST schon mit dem Opener “Machina” unmissverständlich. Und zwar genau dann, wenn der gemächliche und von Retro angehauchte Rock die Abzweigung Richtung melodischen Achtzigerjahre-Powerrock nimmt und plötzlich an die ganz großen Gesten von GHOST und nicht an kleine Clubs erinnert. PABST wuppen zu dritt, was manchen mit doppelter Mannstärke nicht gelingt und zaubern einen Hitmoment nach dem anderen aus dem Hut. Vollkommen unbeeindruckt von ihren eigenen Stärken, bleiben sie dabei mit allen Beinen fest auf dem Teppich. Vergleicht man das Debüt “Chlorine” mit “Deuce Ex Machina” wird klar, dass Moses Schneider lediglich schleifen musste, was eh schon gut war. Wer jetzt auf die “Oh oh oh ohhh” – Idee im alle Abgehängten vereinenden “Useless Scum” gekommen ist, ist am Ende auch egal. Die Verwunderung darüber, wie effektiv das Einfache sein kann, bleibt.

Schellenkranz auf Drei

Ihre vermeintliche Minderwertigkeit tragen PABST so charmant offensiv vor sich her, dass man sie dafür nur lieben kann. Weinerliche Texte sind der Band fremd, Schwächen werden einfach in Stärken umgewandelt. Der Kreis der angeblichen Loser war eh schon immer größer, als der der Gewinner. Das resultiert aus dem unsinnigen Prinzip. Musik machen als oberstes Ziel, aus diesem einzig wahren Antrieb resultieren die wahren Highlights (“Skyline”), im Falle von PABST sogar noch mit begründeter Kritik an der Kulturausschlachtung (nicht nur) in der Hauptstadt. Woher die Kerls ihre authentischen, musikalischen Zitate ziehen, ist unklar, da sie die üblichen Verdächtigen selbst als ihre Vorbilder ausschließen können.

Dabei würde “Fugitive” mit seinen rotzigen Riffs und dem herrlich auflösenden Mittelteil schon fast als gelungenes Cover von NIRVANA oder SMASHING PUMKINS durchgehen, wenn es nur deren Song und kein Original von PABST wäre. Das bereits bekannt wirbelnde “Ibuprofen”, das zynisch-traurige “Skyline ” oder das herrlich fuzzig orgelnde “Hell” übertrumpften sich schon beim Vorabrelease gegenseitig. Prominente Unterstützung von DRANGSAL im Video war lediglich eine freundliche Geste on top, aber ganz sicher kein notwendiger Pushversuch.

“I’m trash, throw me away”

Alleine die ambivalente Brüchigkeit in Eriks Stimme, die unterm Strich doch ein selbstbewusstes Statement setzt, würde schon als Alleinstellungsmerkmal reichen. Obendrauf gibt es noch variables Drumming von Tore und Tilmanns Bass, der leichtfüßig und manchmal scheinbar komplett im Sound versunken für ein kreatives Fundament sorgt. Ach ja, herrlich… PABST musizieren ansteckend intuitiv, trotzdem in sich stimmig und genau deshalb nachhaltig überzeugend. Ein Paradebeispiel dafür, dass echte Musik immer ihren Weg findet. Ergänzend sei noch erwähnt, dass die Band sich mit dem eigens gegründeten Label Ketchup Tracks ihre Unabhängigkeit bewahrt und die Konsumenten der Vinyl dank Klebefolie das Artwork individuell selbst gestalten können. “Deuce Ex Machina” von PABST hat jetzt schon einen Platz in vielen Jahresbestenlisten sicher, zurecht.

Dauer: 34:10
Label: Ketchup Tracks
VÖ: 19.06.2020

Tracklist “DEUCE EX MACHINA” von PABST
Machina
Ibuprofen
Useless Scum
Legal Tender
Skyline
Wish.Com
Fugitive (Another Song About Running Away)
Hell
Straight Line
Up the Heat
My Apocalypse

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