Lest die Review zu "At Peace" von Propagandhi bei krachfink.de

Propagandhi – At Peace – Review

Mit „At Peace“, ihrer ersten Platte nach acht Jahren, emanzipieren sich die Kanadier von PROPAGANDHI erneut und wohl endgültig von ihren Anfängen in der Punk- und Hardcoreszene – außer diese wäre bereit, Prog-Punk zu akzeptieren. Ernsthaft: Das vorliegende Werk ist ein progressives Epos, das sich nicht nur inhaltlich komplexen Themen widmet, sondern auch musikalisch mit vertrackten Kompositionen nachzieht und dem Metal deutlich nähersteht als dem Punk. So greift eines ins andere, und „At Peace“ wirkt wie ein unaufgeregter, realistischer Status quo mit allen Höhen und Tiefen, die man der aktuellen Situation abgewinnen kann. Der Tenor von PROPAGANDHI ist Moll, denn die Kerle sind viel zu schlau, um mit unangebrachtem Optimismus oder übersteuerter Wut zu reagieren.

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PROPAGANDHI 2025, Foto von Larson Decker

Über Scheindebatten, Lippenbekenntnisse und die eigene Entwicklung

In vielen Momenten wirkt „At Peace“ von PROPAGANDHI dann doch angenehm altmodisch. Dann spürt man noch die Punkwurzeln, und ihre Prog-Schleifen sind unterfüttert von grobem Riffing und wutschnaubenden Lyrics. In „God of Avarice“ schlängeln sich nu-metallische Riffs und Drums durch einen herrlich verzwirbelten Tönetunnel, den die Gitarren urplötzlich öffnen. Was anfangs simpel erschien, wirkt im weiteren Verlauf unvorhersehbar verschachtelt, kompliziert und beinahe ausweglos. PROPAGANDHI transferieren die Sackgassen der unzähligen Scheindebatten und die weltweit ausgesprochenen Lippenbekenntnisse beeindruckend treffend in ihre Songs.

Im richtigen Moment brechen sie aus, steigen mit einem aktivierenden Thrashriff ein („Prismatic Spray (The Tinder Date)“) oder lassen den wütenden Pit von der Kette („Vampires Are Real“). Lediglich der Bass hätte etwas lauter knurren können, sodass seine besonderen Momente noch besser zur Geltung kommen („Fire Season“). Ansonsten ist die Produktion genau das, was dem umfänglichen Sound gut tut – die bestmögliche Abbildung dessen.

Humor ist Tragödie plus Zeit

Man hört auf „At Peace“ überdeutlich, wo PROPAGANDHI herkommen, und vor allem, wo sie hinwollen. Alleine für die grandiose Gitarrenarbeit lohnt es sich diese Platte zu hören. Alles zieht nach vorne; den harmonischen Spielraum des Progs nutzt die Band kaum, und man fühlt sich oft an die Anfänge von BARONESS („Something Needs To Die But Maybe It’s Not You“, das Ende von „Fire Season“) oder METALLICAs „Load“-Phase erinnert. Markante Hooks oder nachhaltige Refrains springen einen auf dieser Platte mitnichten an.

Es sind die Renitenz der Instrumente, die sanfte Dominanz von Chris Hannahs Gesang und die sich wild verknotenden und dann doch wieder entflechtenden Melodien. PROPAGANDHI wirken nicht komplett desillusioniert. So mancher Witz ist zwar unangenehm bitter im Abgang, aber ein Zeichen dafür, dass man selbst jetzt noch lachen (und gleich danach ausspucken…) kann („Something Needs To Die But Maybe It’s Not You“). Unterm Strich sind PROPAGANDHI für die Debatte so viel wertvoller, denn blinde Wut ist kein guter Antrieb für Veränderung.

Dauer: 35:56
Label: Epitaph Records
VÖ: 02.05.2025

Tracklist „At Peace“ von PROPAGANDHI
Guiding Lights
At Peace
Cat Guy
No Longer Young
Rented P.A.
Stargazing
God of Avarice
Prismatic Spray (The Tinder Date)
Benito’s Earlier Work
Vampires Are Real
Fire Season
Day By Day
Something Needs To Die But Maybe It’s Not You

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