Slothrust_ParallelTimeline

Slothrust – Parallel Timeline – Review

Wer keine Ahnung von der amerikanischen Band SLOTHRUST hat, wird im Opener zu ihrem aktuellen Album „Parallel Timeline“ mit allen wesentlichen Merkmalen versorgt. Der vielschichtige, prägnante Gesang von Leah Wellbaum und Gitarren, die von dem Gefühl leben, dass per Hand auf sie übertragen wird und genau deshalb einen wichtigen Teil der Erzählung tragen. Im weiteren Verlauf des mittlerweile fünften Albums lässt die Rockband kaum eine Facette von sich aus.

Es reicht bei weitem nicht mehr, den Stil des gründlich musikalischen ausgebildeten Trios, das sich 2010 fand, mit Grunge und Alternative Rock zu umreißen. Denn immer mal wieder strecken sie ihre Fühler nach anderen Genres aus, Blues Rock („Next Curse“) ist deutlich zu erkennen und schlichtweg auch mehr poppige und progressive Ansätze.

SLOTHRUST 2021, Foto von Lindsey Byrnes

Fuck the crowd, eat their pain

Wenn man zugängliche Songs wie „Once More For The Ocean“ oder „Waiting“ hört und von der angenehm eingängigen Poppigkeit sofort eingenommen wird, wird schmerzlich bewusst, wie sehr so gut gemacht Rockmusik im deutschen Mainstream fehlt. Und ohne die Review zu feministisch einzufärben, Leah Wellbaum rasiert mit ihrem Gesang und Gitarrenspiel einen Großteil der Szene und noch dazu hat sie die nötige Leidenschaft für das, was sie tut.

Bei „Parallel Timeline“ wechseln sich die ruhigen und krachigen Momente ab, das Zusammenspiel ist vorbildlich. „The Next Curse“ schleicht sich etwas düster und minimalistisch in den Raum und lässt sich dann mit einem Ruck von den Gitarren wie eine unbezwingbare Wand nach oben ziehen. Hier profitieren wir von der guten Produktion von Bassist Kyle Bann, die den Dreck an SLOTHRUST kleben lässt und nicht alles ultraglatt bügelt.

Folge dem weißen Kaninchen

Generell wirkt das Album stark improvisiert und selbst wenn SLOTHRUST grob im bekannten Muster bleiben, dann scheren sie doch immer mal wieder aus. Hauen hier eine Ecke ab, machen dort eine Extrarunde und kombinieren teilweise überraschend. Das wiederum passt gut zum dem Überbau Spiritualität, der sich somit nicht nur im Artwork und in den Texten, sondern auch im Zusammenspiel spiegelt. Nicht nur „White Rabbit“ ist eine gute Referenz für die Alice-im-Wunderland-Haftigkeit, die dieses Album heimlich flankiert. Der Song thematisiert die innere Taubheit, die sich auflöst, wenn man dem weißen Hasen folgt und dadurch Zutritt in das Land der Wunder bekommt. Alles ist möglich und es gibt zahlreiche Momente, in denen Leah tatsächlich etwas neben sich tritt und sich selbst mit kontrastierendem Gesang Halt gibt.

Auf die Instinkte verlassen

Die Streicher in „Stranger Astrology“ machen SLOTHRUST, in Kombination mit einem Klavier und einem herrlichen Herzschlagtakt, schon fast pompös. Das ist eine dieser Szenen, bei denen sie deutlich den ihnen angestammten Bereich verlassen. Leah kann es hier locker mit FLORENCE AND THE MACHINE aufnehmen, insgesamt übertrifft die Komposition so manchen überproduzierten Radiohit mit ähnlichem Tenor. Sie halten wirklich perfekt die Waage zwischen sphärisch, ja schon fast feierlich und bodenständig. Der Song über die Macht der Sterne und den Glauben daran, wirkt keine Sekunde zu esoterisch. Auch „King Arhurs Song“ verlässt sich blind auf die Magie zwischen den Zeilen und transportiert den Wunsch danach, sich mit anderen Menschen zu verbinden und gemeinsam in Frieden zu leben, beinahe nonverbal und deshalb umso treffender.

Mit „Parallel Timeline“ gehen SLOTHRUST einen entscheidenden Schritt weiter und es ist immer wieder schön zu hören, was passiert, wenn sich Musiker*innen auf ihre Instinkte verlassen können. Eine wahre Wohltat für die Ohren und in der Jahresbestenliste für mich ganz oben.

Dauer: 39:07
Label: Dangerbird Records
VÖ: 10.09.2021

Tracklist „Parallel Timeline“ von SLOTHRUST
Cranium
Once More For The Ocean
Courtesy
The Next Curse
Strange Astrology
Waiting
King Arthur’s Seat
A Giant Swallow
White Rabbits
Parallel Timeline

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