
Team Scheisse – 20 Jahre Drehorgel – Review
Yeah, TEAM SCHEISSE sind zurück! Ob ihr’s wahrhaben wollt oder nicht, bei der aktuellen Weltlage sind wir zwangsläufig alle in diesem Team, und „20 Jahre Drehorgel“ ist genau die passende musikalische Antwort auf unseren Status Quo. Während die letzte Platte mit dem sperrigen Titel „042124192799“ – who you gonna call?! – und die EP „20:15“ etwas krampfig und gewollt klangen, knüpfen die old Punks jetzt genau da an, wo sie mit „Ich habe dir Blumen von der Tanke mitgebracht (Jetzt wird geküsst)“ zurecht ihren Candystorm ausgelöst haben. Nonsens hechelt dem tieferen Sinn hinterher und umgekehrt – könnt ihr euch aussuchen, wie ihr die Songs versteht.
Es geht nur noch bergab…
Wer „20 Jahre Drehorgel“ von TEAM SCHEISSE mit Bedeutung aufladen will, darf aus „Raufasertapete“ einen Song über Depressionen machen, „Lok“ als Aufruf zur Aktion und „Der Wirtschaft“ als Kritik an genau dieser und dem subtilen Leistungspush unserer Politik verstehen. „Mittelfinger“ und „Beige“ sind wiederum unmissverständlich an das andere, böse, Team Scheisse gerichtet, knick knack. Grundsätzlich reizen TEAM SCHEISSE das Prinzip Dada wieder deutlich mehr aus, diesmal mit weniger Hintergedanken und ohne Anbiederung. Stattdessen gibt es wieder skurrile Interludes, die mal besser und mal gar nicht zu den folgenden Songs passen. Besonders Maggus mit seinem Plädoyer für ein Leben mit Schweinbraten (ja, ohne e) sticht hervor und leitet in den dystopischen Partybanger „Pluto“ über.
Geht der Pulli noch? Riech mal!
TEAM SCHEISSE haben „20 Jahre Drehorgel“ wieder einen amtlich gescherbelten Sound verpasst, der mit dem leicht hysterischen – oft bewusst übersteuerten – gut (dis)harmoniert. Musikalisch scheint die Band bewusst unter ihren Möglichkeiten zu bleiben. Wer ein Gitarrensolo so schräg metert wie bei „Lok“, der kann’s eigentlich. Es sei dem Team gegönnt, denn der Funken springt dieses Mal wieder vom Fleck weg über, geniale Seitenhiebe wie chillig, mittig, längs setzen im richtigen Moment Spitzen. „Alle meine Hobbies“ eskaliert eigentlich im Nichts und auch unbegründet, witzig ist eher der Weg dahin und die destruktive Melodieführung.
Endlich (Raucher)pause
Mit „20 Jahre Drehorgel“ sorgen TEAM SCHEISSE dafür, dass man den Abfuck für einen Moment echt mal vergessen kann. Trotz der wichtigen Positionierungen und tiefgründigen Aussagen – einmal durch den Fleischwolf gedreht und abgefüllt mit Freibier kopfüber präsentiert – gönnt uns die Band eine verdiente Auszeit von den ständigen Phrasen und Floskeln, die sich in den letzten Jahren im Punk etabliert haben – genau das, was wir in diesen Zeiten dringend brauchen. Dass wir die Kerls nicht mehr loswerden, das liegt ja auf der Hand („Kaffee die Tage“).
Dauer: 31:12
Label: Soulforce Records
VÖ: 07.03.2025
Tracklist „20 Jahre Drehorgel“ von TEAM SCHEISSE
Lok
Alle meine Hobbies
Altbauwohnung
Kaffee die Tage
Raufasertapete
Cop Killer von Body Count
Pluto
Raucherpausenvibes
Spuckstein
Mittelfinger
Beige
Der Wirtschaft
Ikeamensch
Erwachsenencosplay
Wo ich bin ist die Party (die Party bin ich) (ich bin die Party)
Alben, die Dir gefallen könnten:
RAGING SPEEDHORN – Night Wolf
TEAM SCHEISSE – 042124192799
KORROSION – Naked In The Playground
FRITZI ERNST – Jo-Jo
ERSATZKOPF – Born To Be Geil
ZWEILASTER – wieherd
THE PIGHOUNDS – Tutti Frutti
Podcast Folge 62 mit ERSATZKOPF über Punk und so
PARKPUNK – Arbeitenix
RAUCHEN – Nein
THE TOTEN CRACKHUREN IM KOFFERAUM – Gefühle
TOT – Lieder vom Glück
REIZ – Das Kind wird ein Erfolg
SCHARPING – Powerplay
DESOLAT – Onmyōdō
SCHALKO – Cool
BOB MOULD – Blue Hearts
MELVINS – Working With God
KRASSER FAHRSTIL, ENNOLICIOUS, PADDELN OHNE KANU – Mit Abstand am besten