All diese Gewalt – Andere – Review
Mit „Andere“, dem zweiten Album von ALL DIESE GEWALT, kommt der Produzent und Musiker Max Rieger seinem Ziel ein Stückchen näher. So zugänglich und gleichzeitig so abweisend wie möglich zu sein, genau das gelingt ihm dieses Mal. Kaum einer vermag es so geschickt zu ködern und die HörerInnen unbemerkt dazu zu zwingen, sich musikalisch und inhaltlich zu fordern. Besonders im Gesang wirkt er deutlich gelöster, offensichtlich bereit sich selbst noch stärker einzubringen.
Langweilig und vorhersehbar? Andere.
Schon im Opener „HALTE MICH“ wirft Rieger schonungslos mit Zeilen für die Ewigkeit um sich und mit der Pointe den Titel durch „…mich nicht auf“ zu ergänzen und damit den Sinn komplett zu verändern, gibt er eine kleine Kostprobe darauf, was uns auf „Andere“ erwartet. Es wäre nicht nur müßig jeden Song in seine Einzelteile zu zerlegen, sondern auch maximal anmaßend meine eigene Interpretation als die einzig wahre darzustellen. Noch dazu würde es ALL DIESE GEWALT etwas entzaubern.
Dass es keine Tour zu diesem Album geben wird, war schon vor der Pandemie klar. Weil „Andere“ eben ein Album ist, mit dem es sich alleine auseinanderzusetzen gilt. Wer möchte, kann auch einfach nur darauf tanzen oder daran verzweifeln, weil es keine konkreten Antworten gibt oder versuchen sich dem Atem von Rieger in der schweren Klavierballade „BLIND“ anzupassen.
Ein Leben in Extremen
Wenn er in „DEIN“, unterstützt von Albertine Sarges, schon fast fröhlich mit einem „La la la lala lala la“ aus dem Song zu tänzeln scheint, fällt es leicht die Scharade mitzuspielen. „Wer will denn schon zugehörig sein?“ heißt es im Text, die Bonusfrage lautet eher um welchen Preis? Das schon fast schmerzhaft klare „ECHOKAMMER“ geht über in „GRENZEN“, der einzige Song, der atmosphärisch deutlich aus dem Rahmen fällt. Einfach, weil er ohne Problem auch auf einem DIE NERVEN Album nicht stören würde und einem vorhersehbaren Fluss folgt. Für „Andere“ ist er trotzdem wichtig, da er während der Tourphase zum Debüt entstand, fester Bestandteil des Repertoires und damit auch ein wichtiger Bestandteil des Eigenlebens von ALL DIESE GEWALT ist. Und obwohl alles an ALL DIESE GEWALT intim erscheint, ist es doch in erster Linie ein Spiegel, die Impulse werden eher in abgelegene, innere Bereiche geleitet („MASKE“).
Dinge, von denen man nicht spricht
Das Schöne an „Andere“ ist, dass es wirklich leichter greifbar ist und trotzdem nicht an Tiefe oder Relevanz eingebüßt hat. Furcht, Zweifel, Erwartung von außen oder noch schlimmer an sich selbst, es sind Themen, mit denen alle etwas anfangen können. Rieger legt lediglich die musikalisch verstärkenden Trampelpfade aus, auf den Weg muss man schon selbst finden und vor allem ganz alleine gedanklich ablaufen. Rieger ist ein wichtiger Treiber eines talentierten Kollektivs, das kurz davor ist, die angestaubte deutsche Musikwelt etwas aus den Angeln zu heben. Die vier Jahre Arbeit an dem Album haben sich gelohnt. Album Nummer Zwei könnte nicht weiter von „Welt in Klammern“ entfernt sein und ist trotzdem mindestens genauso eng an dem Künstler Max Rieger dran. Heißer Anwärter für meine Jahresbestenliste.
Dauer: 39:14
Label: Glitterhouse Records
VÖ: 06.11.2020
Tracklist „Andere“ von ALL DIESE GEWALT
HALTE MICH
ERFOLGREICHE LIFE
DEIN
ETWAS PASSIERT
ECHOKAMMER
GRENZEN
GIFT
MASKE
SICH ERGEBEN
BLIND
ANDERE
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