Sloe Paul Remote

Sloe Paul – Remote – Review

Mit “Remote” wirft der Berliner Experimental-Pop-Musiker SLOE PAUL seine neue Platte unters Volk. Das wird sie wahrscheinlich größtenteils ignorieren, weil es in keiner Hinsicht blinkt und sich laut aufdrängt und sie mit der kunstvollen Darstellung überfordert sind. Mich zieht SLOE PAUL von jeher an, die Promobilder irritieren mich auch, aber auf eine ganz andere, eher aufregende und interessierte Art und Weise. Gleiches gilt für die Musik, die man wirklich schwer einordnen kann. Damit ist jetzt gar nicht das Genre gemeint, sondern in erster Linie das emotionale Wegordnen.

SLOE PAUL, 2021

Angenehm unaufdringlich, aber trotzdem tiefgreifend

Beim Länderratespiel “Woher kommt diese Band?”, das ich unheimlich gerne spiele, würde man SLOE PAUL sofort nach Frankreich verorten. Was an der Extraportion Erotik liegt, die seine Musik versprüht, er wahrscheinlich aber gar nicht beabsichtigt. Produziert wurde das Album von Max Rieger (u.a. DIE NERVEN, ALL DIESE GEWALT…), der an der verruchten Atmosphäre nicht ganz unschuldig ist. Schon alleine die Tatsache, dass jedes Lied am Ende leise und kaum hörbar ausdampft, sorgt für sich stapelnde Tiefenentspannung.

“Remote” regt dazu an, einfach auf dem Bett oder Boden zu liegen und an die Decke zu starren. Aber nicht melancholisch oder depressiv, sondern angenehm betäubt und zu Gedankenspielen angeregt. Genau diese Nicht-Vehemenz, mit der er auch den eigentlich creepy wirkenden Song “I’m Trying To Catch Up With You” vorantreibt, das macht SLOE PAUL aus.

Natürlich lässt sich zu der Musik auch herrlich gedankenverloren durch das Zimmer schwoofen, alles an SLOE PAUL wirkt leicht wie eine Feder und gleichzeitig sehr tiefgreifend und wichtig. Der Liebesschieber “I Want You” lässt nur das Stöhnen vermissen und ist eben einer der Gründe, warum man SLOE PAUL in das Land von dramatischer Liebe und schweren Rotweinen verfrachten möchte. Und spätesten im durch französischen Frauengesang verstärken “L’Amour De L’Escargot” fühlt man sich natürlich bestätigt, in seinem Vergleich und dem sofortigen Gedanken an MATTY.

Geschichten, die man sich ins Ohr flüstert

SLOE PAUL zieht viele Joker und beeindruckt mich immer wieder. Manchmal ist es einfach der überraschende Einsatz von Blasinstrumente oder Metallofon, beides wirkt beiläufig und verleiht den Songs doch das besondere Etwas. Unvergleichbar und für meine Repeattaste prädestiniert ist der Orgeleinstieg zum jazzig angehauchten “Bird Of Passage”. Irgendwie drückt SLOE PAUL, auch im eigentlichen Sinne, die richtigen Knöpfe, bevor er in den sanften Beckenschauer der Drums überleitet. In weniger als vier Minuten kann SLOE PAUL, vorrangig musikalisch, hier eine Geschichte zu erzählen, die man sich sonst nur ins Ohr flüstert.

Ihr merkt schon, dass sich “Remote” auf emotionaler Ebene abspielt? Allerdings blubbert hier nicht jemand wahllos vor sich hin und haucht was ins Mikro. Nein, SLOE PAUL verfügt über bemerkenswerte kompositorische und auch handwerkliche Fähigkeiten. Das ist einfach nur nicht das, was die Massen begeistert. Dabei würden sie es lieben, wenn sie sich nur einen Moment lang darauf einlassen würden.

Dauer: 43:47
Label: Treibender Teppich
VÖ: 22.01.2021

Tracklist “Remote” von SLOE PAUL
I Want You
Martha Did Nothing Wrong
Old Friends
Dreams
Points And Numbers
Bird Of Passage
I’m Trying To Catch Up With You
I’d Never Blame You
L’Amour De L’Escargot
To Walk
A Bigger Love Than Mine
Lame Until Dawn

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