Grafi – Ektoplasma – Review
Mit seinem neuen Album „Ektoplasma“ verbessert der Berliner Künstler GRAFI seine spannende Mischung aus Trap, Rap, Black Metal und Elektro. Ektoplasma steht stellvertretend für den ungreifbaren Zustand, das Gefühl sich im Nichts aufzulösen und der Angst dem Kontakt mit Licht nicht standhalten zu können. Beeindruckend ehrlich und zerbrechlich gibt uns GRAFI sehr persönliche Einblicke in sein Seelenleben. Selten verklausuliert, niemals platt und musikalisch immer passend flankiert.
Paradies, verzweifelt gesucht…
GRAFI war schon immer ein Künstler, der mit seinen eigenen Ängsten und Problemen nicht hinterm Berg gehalten hat. Distanz schafft er, eher ungewollt, durch mehrere Vocalschichten. Rap nutzt er nicht, um seine Unsicherheiten zu überspielen, sondern um die Wucht mithilfe von Beats und detaillierter Wortwahl zu veranschaulichen. Schon der Opener wirft die Frage nach dem Paradies auf. Ein Wort, hinter dem für jede Person etwas anderes stecken kann. Es ist die Suche nach einem Gemütszustand, einem Ort oder eben der Erfüllung der Reihenhaus-Fantasie, mit all ihren Teilschritten. Betrachtet man das Wort genauer, kann es schon fast angsteinflößend sein.
I can’t get no sleep
Das Thema Nacht hat „Ektoplasma“ fest im Griff, die „Dolch Saga“ leiht gleich vielem eine Stimme. Es ist nicht eindeutig, welche Perspektive dieser klirrende Song final einnehmen möchte. Man kann ihn drehen und seine eigenen Ängste in ihn projizieren. „Neptun“ und „Mahlstrom“ sind die bereits veröffentlichten Songs und hört man genauer hin, gewinnt man den Eindruck, dass hier zwei Tragödien erzählt werden, die sich gegenseitig bedingen. Ohne weit auzuholen und ohne irgendetwas unnötig aufzublasen, schubst GRAFI die Dramen ins Rampenlicht. Es ist an den HörerInnen die Geschichten im Kopfkino weiterzuspinnen. Und wer auf diese Analyse oder genauere Beschäftigung mit den Inhalten keinen Bock hat, kann man „Ektoplasma“ auch musikalisch und rein rhythmisch genießen. Die Beats sind herrlich unaufdringlich und trotzdem rahmen sie die Songs passend und vielfältig ein.
Perfekte Straffung
„Insomnia“ schafft den Spagat zwischen Metal und Rap wohl am besten. Die spitzen Schreie scheinen tatsächlich die beste Möglichkeit zur Eskalation zu bieten, keine explizite Lyrik kann da mithalten. Mit „Dämmerung“ ist es GRAFI tatsächlich gelungen, ein Gefühl einzufangen. Dieser Moment, wenn der Tag anbricht, meistens die Hoffnung im Gepäck und immer mit der Sicherheit, dass die nächste Nacht aber auf jeden Fall kommen wird. „Nevada“ erscheint wie der hilflose Versuch am Glück und der Hoffnung festzuhalten und schon fast euphorisch wird es dann mit dem abschließenden „Palmen“.
Straffung von Trackanzahl und Spieldauer tut „Ektoplasma“ sehr gut. Zwangsläufig hört man GRAFI dadurch aufmerksamer zu, muss sich nicht mit Füllmaterial auseinandersetzen. Kuchen statt Krümel. Es geht bei GRAFI nicht darum Rap mit etwas Metal zu machen und mit einem Crossover-Ticket möglichst viele Fans abzugreifen. Dafür ist „Ektoplasma“ viel zu schonungslos zum Künstler selbst und auch viel zu berührend.
Dauer: 26:21
Label: Geistermusik
VÖ: 15.05.2020
Tracklist „Ektoplasma“ von GRAFI
Ektoplasma
Dolch Saga
Neptun
Mahlstrom
Insomnia
Dämmerung
Nevada
Palmen
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