Kummer - Kiox

Kummer – Kiox – Review

Hinter KUMMER steckt Felix Brummer, der Sänger der Band KRAFTKLUB, der uns mit seinem Hip Hop-Debüt eiskalt erwischt. Dass es ihm von jeher trotz großem Erfolg darum geht, wirklich etwas zu bewegen und seine Meinung ungeschönt zu sagen, ist nichts Neues. Dass „KIOX“, benannt nach dem Plattenladen seines Vaters, aber so persönlich und konkret wird, war nicht unbedingt zu erwarten. Schon beim Opener „Nicht die Musik“ kriegt mich Brummer, mit seiner scharfen und differenzierten Kritik am Genre und am Machogehabe

. Genau das ist es, was mich an LANCE BUTTERS fasziniert und diese Facette des Hip Hop ist mir deutlich lieber, als dicke Eier und vulgäre Rhetorik. Harte Rhetorik, die nur unnötig die Gemüter erhitzt, provoziert und es der Gesellschaft überlässt, wo der Dampf dann unkontrolliert abgelassen wird.

KUMMER_©HOTEL_ROCCO
KUMMER, 2019 ©HOTEL_ROCCO

Absolut echter KUMMER

Die Texte auf „KIOX“ sind konkret, es wird mit smarten Metaphern gearbeitet und trotzdem drückt sich KUMMER klar und deutlich aus. „Schiff“ beleuchtet alle Aspekte der Flüchtlingspolitik hart und schonungslos. Neuer Tag, neues Thema in der Talkshow, während Menschen sterben und ertrinken. Uns trifft es ja nicht, oder? Absolut alltagsreal benutzt er auch entsprechende harte Worte, aber nur an Stellen, an denen durch eine zu glatt geschliffene Sprache die Authentizität gelitten hätte.

Mit MAX RAABE holt sich KUMMER dann für „Der Rest meines Lebens“ einen ungewöhnlichen Partner auf sein Debüt, der Kontrast ist stark und bereichert das Album ungemein. „Alle Jahre wieder“ ist die bittere Abrechnung mit dem Generationenkonflikt und dunkler wird es auf „KIOX“ dann auch nicht mehr. Kühle, harte Beats kreuzen sich mit der angriffslustigen Rede von Felix Brummer, die sich bewusst krumm neben dem Takt bewegt.

Kluge Texte, gute und abwechslungsreiche Beats, noch dazu ist das Album „KIOX“ äußerst kurzweilig. Ohne dass es sich nach Auftragsarbeit anhört, bietet KUMMER quasi jede mögliche Facette an. Und auch wenn das Album nicht spaßig oder euphorisch ist, dann hat es doch viele weiche und warme Momente. Wenn KUMMER im Refrain von „OK“ den Sound breit und hell macht, fällt etwas vom Schwermut ab und es macht sich ein befreiendes Gefühl bereit.

Vielschichtige Momentaufnahme

Besonders der Song „26“ sticht hervor, da KUMMER persönlichen Verlust und Digitalisierung in Zusammenhang bringt. Auch die deutliche Klatsche an die rich kids in „Wie viel ist dein Outfit wert“ ist äußerst gelungen. Unter anderem auch, weil Brummer einer von den Musikern ist, die wenig auf Prestige geben und darauf achten normal zu bleiben. Auseinandersetzung mit seiner Heimat, Reue, verstorbene Freunde, Liebe, Fremdenhass, Verlust- und Zukunftsangst, schonungslos werden relevante Themen beackert. Immer mit einem persönlichen Bezug und immer in der optimalen Tonalität. Drei Jahre Arbeit stecken in dem Album und es ist KUMMER wirklich gelungen das Ergebnis nur zu schärfen und nicht zu stark zu verkopfen. „KIOX“ von KUMMER gibt es auf CD und Vinyl zu kaufen. Online und am Wochenende der Veröffentlichung, in dem extra dafür entstandenen Plattenladen namens KIOX in Chemnitz.

Eine Entscheidung, die die Ernsthaftigkeit unterstreicht, denn sicher hätten viele Labels gerne mitverdient. Es scheint Felix Brummer eine Herzensangelegenheit gewesen zu sein, das hört und fühlt man.

Dauer: 37:07
Label: KUMMER & EKLAT TONTRÄGER
VÖ: 11.10.2019

Tracklist „KIOX“ von KUMMER
Nicht die Musik
9010
Bei Dir
Schiff
Der Rest meines Lebens feat. Max Raabe
26
Es tut wieder weh
Wie viel ist dein Outfit wert
Aber nein feat. Lgoony & Keke
Alle Jahre wieder
Okay
Ganz genau jetzt

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