Lest die Review zum Debüt "Fleisch" von MIA MORGAN bei krachfink.de

Mia Morgan – Fleisch – Review

Bei dem Versuch zwanghaft anders zu sein als die anderen, sind meistens dann doch wieder alle gleich. MIA MORGAN ist nicht so, ihr Album „Fleisch“ wird neue Maßstäbe im Hinblick auf düsteren Pop und künstlerische Selbstbestimmung setzen. Sie lässt sich weder inhaltlich, musikalisch, noch als Person auf irgendwas festnageln. Stattdessen bildet sie die Ambivalenz, die eigentliche alle in sich tragen sollten, unverblümt und offensiv ab. Ein Can you please fuck yourself? an konventionelle Schranken in den Hirnen und ein deutlich Nein! an den dringenden Wunsch von vielen, alles irgendwie für immer und ewig einzuordnen und festzuzurren.

So läuft’s auf Dauer nicht und schon gar nicht in der Kunst. Schon den Albumtitel kann man im Kopf von einer Assoziationsecke in die nächste schubsen. Produziert wurde von Max Rieger (ALL DIESE GEWALT, DIE NERVEN, OBSTLER…), gemeinsam haben die beiden einen Sound geschaffen, der fernab von Trends agiert und immer das Beste für den Song selbst tut.

Aktion, Reaktion

Das Album „Fleisch“ folgt einer überlegten Songanordnung, nimmt uns immer tiefer mit in das MIA-MORGAN-Universum. Ein schillernder Kosmos, zusammengesetzt aus popkulturellen Referenzen und harter Realität. Ernsthaftigkeit und Spaß schließen sich dabei nicht zwangsweise aus („Haustier im Hotel“, „Jennifer Check“), beißen und necken sich ganz bewusst. Obwohl MIA MORGAN gerne häufig nach hinten blickt, indem sie dem längst vergessenen Rockstarklischee oder den Sounds der Achtzigerjahre huldigt, ist sie doch nah am Puls der Zeit… eventuell sogar ein paar Schritte voraus.

Bei der Visualisierung ihrer Songs, geht sie penibel detailliert („Teenager“) und kreativ vor („Segen“). Ganz nebenbei prägt sie dabei noch Slogans, die den Kern der Sache auf den Kopf treffen. Bei ihrer Selbstverwirklichung übersieht sie nicht ihr Umfeld, ist empathisch und jederzeit bereit auch andere mit ihren Eigenheiten zu akzeptieren und respektieren.

MIA MORGAN teilt ihre Erkenntnisse und Gedanken, ohne uns diese aufzudrängen.

„Schöne Frauen“ befasst sich mit dem eigenen Anspruch an das Aussehen, dreht genau im richtigen Moment und fügt einen neuen Ansatz zu. Eitelkeit, Intelligenz, Neid, Ansprüche an sich und andere, all das existiert gleichzeitig. Eiskalte Beats boxen sich sanft mit zuckrigen Zwischentönen, gemeinsam kumuliert das in „Segen“, „Schönere Frauen“, „Widerlich“ oder „Fleisch“ zu einer Art bösem Schlager. „Blond“ und „Vage Ahnung“ sind etwas knuffiger instrumentiert, aber nicht weniger zwingend.

So ein Album war überfällig

MIA MORGAN hat wirklich nichts dem Zufall überlassen, bei der Inszenierung ihrer Konzerte wird sie mit Sicherheit ebenso überzeugen. Ohne jetzt explizite Schuldzuweisung zu tätigen, aber gerade Pop aus Deutschland ist häufig so unfassbar langweilig und ohne jegliche Reibungsfläche. Dabei lautet das Motto doch von jeher larger than life, also macht es gerne groß und nicht passend. MIA MORGAN tut genau das. Ultragrell und trotzdem nicht nur auf der Jagd nach dem Schockmoment, schlau und dabei angenehm unaufdringlich, deshalb lässt sich auf „Fleisch“ eigentlich nichts ignorieren. So ein Album war lange überfällig.

Dauer: 41:05
Label: Eklat Tonträger
VÖ: 29.04.2022

Tracklist „Fleisch“ von MIA MORGAN
Jennifer Check
Haustier im Hotel
Teenager
Segen
Fleisch
Vage Ahnung
Schönere Frauen
In Wien
Blond
Widerlich
Reaktion
Von Aussen

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